Was in den Theatern von Kiel und Lübeck zurzeit für Kinder zur Schau gestellt wird, nennt sich Weihnachtsmärchen dort und Weihnachtsstück hier. Um es gleich vorwegzunehmen, mit Weihnachten haben beide nichts zu tun.
Die Nordischen Filmtage sind vorbei. Das Theater Lübeck spult nach und vermeidet mögliche Entzugserscheinungen. Es zeigt „Dogville“, das Filmereignis des Dänen Lars von Trier, als Kammerspiel, nicht mehr an die Wand geworfen, sondern dreidimensional.
Es war der 3. November 1918, als in Kiel Historisches geschah: Die Matrosen standen auf, ein Geschehen mit ungeheuren Folgen, auch in Lübeck zwei Tage später zu spüren. Das in einer Oper genau 100 Jahre später erlebbar zu machen, ist eine andere Sache, dennoch in Kiel versucht.
Etwas neugierig lugt ein gebogener Trichter zwischen dem einen Spalt offenen Vorhang heraus, hinter sich ein dunkler Waldeshang. Ganz aufgezogen zeigt sich eine Landschaft mit Kirche, ein Alphorn davor. Ein Lederbehoster kommt und bläst darauf. A Bua schleicht sich in einen Stall, a Madel folgt lustvoll verschämt.
Seit über 60 Jahren, genau seit der Spielzeit 1954/55, war Carl Maria von Webers hochromantischer „Freischütz“ in der Hansestadt nicht mehr zu erleben.
Am Tage der Premiere des Stückes wurde Jochen Biganzoli gegen 18 Uhr im NDR 3 befragt, wie er seine Lübecker Inszenierung angelegt habe. Er bekannte, dass der Fokus seiner Arbeit sich mit dem Thema „Angst“ beschäftigt und von ihm in den Mittelpunkt des Stückes gestellt wird. Erfahrenen Operngängern schwante da sicher nichts Gutes.
„Und nun Berlin. Das Chaos von Städten. Im Begriff, ein London von Internationalität zu werden; Volksgemisch erst, jetzt ein Völkergemisch. Vierunddreißig Jahre laufe ich hier herum, immer neugierig, beobachtend, wie sich das bewegt und wie es sich ruckartig entwickelte.“
Wohl nur zufällig zeigen beide Sparten am Theater Lübeck zum Saisonauftakt Produktionen, die auf das Jahr 1932 verweisen und zugleich Werke sind, deren Schöpfer vor der braunen Diktatur aus Deutschland fliehen mussten.