Mit der vielschichtigen Choreografie „The Visitors“ von der argentinischen, aber in Berlin lebenden und arbeitenden Constanza Macras/ Dorkypark wurde die Herbst-Wintersaison in der Hamburger Kulturfabrik Kampnagel eröffnet. Eine überbordende Arbeit voller politischer und kultureller Brisanz, Tanz und Gesang von Profis und Laien, Erwachsenen und Kindern zwischen Slasher-Horrorfilm und getanzten Geschichten der Apartheit in Südafrika.
Die Besucherzahlen und die ausverkauften Hallen sprechen eine deutliche Sprache: Avantgarde-Kunst aller Genres sind nach Zeiten von Corona wieder voll angesagt. Mit insgesamt 30.000 verkauften Tickets und weiteren 13.500 Besucher/innen für kostenlose Konzerte, Lesungen und Ausstellungen über die letzten drei Wochen war das diesjährige Sommerfestival ein voller Erfolg, wie Festivalleiter Andreas Siebold feststellen konnte.
Das Beste kam zum Schluss: Gerade war das zweieinhalb stündige Tanz-Theater-Spektakel der österreichischen Star-Choreografin unter tosendem Applaus zu Ende gegangen, da betrat ein Mann die ansonsten nur von Frauen beherrschte Bühne. Als Vertreter des Berliner Tanz- und Theater-Zeitschriften-Verlages überreichte er Florentina Holzinger den von einer hochkarätigen Fach-Jury ausgelobten Preis für die beste Inszenierung des Jahres 2023.
Mit einer wuchtigen Arbeit des Tanzkollektivs (La) Horde mit Unterstützung des Ballet national de Marseille wurde das drei Wochen andauernde Internationale Sommerfestival in der Kulturfabrik Kampnagel in Hamburg eröffnet. Mit der Tanzperformance „Age of Content“, einer wilden und kraftvollen Choreografie von Mensch gegen Maschine, begann wieder ein Reigen aus über 150 Veranstaltungen aller Genres und Gattungen, darunter 5 Welturaufführungen.
Im Hintergrund leuchtet die Bühnenrückwand in sattem Rot, während die 11 Tänzer und Tänzerinnen sich über den dunklen Bühnenboden schreitend langsam warm laufen. Als die minimalistische Musik von Terry Riley aus dem Jahre 1964 einsetzt, erstrahlt das Licht und zeigt das Ensemble in ihren luftigen Kostümen in bunten Pastelltönen.
Zu Beginn rollen 13 nackte männliche Tänzer in Zeitlupentempo im grellen Licht von rechts nach links in Reihe auf den vorderen Bühnenrand. Mit minimalen Bewegungen schieben sich die Körper übereinander und eng aneinander geschmiegt über den schwarzen Boden.
Die dritte Woche des wunderbaren Sommerfestivals begann bei immer noch sehr warmen Temperaturen recht besinnlich und moderat. Da las zum Beispiel der schwarze britische Schriftsteller JJ Bola auf der Waldbühne aus seinem neuen Buch, während im grellbunten Festivalgarten die Tanzwütigen stumm mit Kopfhörern bewaffnet nach der Musik der DJs JaJaJa abtanzten.
Endlich stimmen einmal die Temperaturen beim Sommerfestival. Selbst abends bei den illustren Eröffnungsreden im herrlich bunten Festivalgarten zeigt das Thermometer noch locker 28 Grad.
Zum Abschluss des Nordwind-Festival mit nordischer Kunst aller Sparten gab es ein Stelldichein isländischer Künstler rund um die Choreografin Erna Omarsdottir, die Sängerin Ólöf Arnolds und den Bassisten Skúli Sverrisson.