Das wichtigste Konzert des diesjährigen Classical Beat Festivals in Travemünde stand ganz im Zeichen von „Mama Africa“, Miriam Makeba, der großartigen Jazz-Sängerin aus Südafrika, die gleichzeitig als Aktivistin gegen die Apartheid in ihrem Land bekannt wurde.
Geboren wurde Miriam Makeba 1932 in Kapstadt, wo sie als Mitglied der Jazzband „The Manhattan Brothers“ zu erster Berühmtheit gelang. Der große Durchbruch gelang ihr mit dem weltweiten Pop-Hit „Pata Pata“, in dem es um Berührungen, beziehungsweise um das Flirten und Tanzen in einem Nachtclub in den 1950er Jahren geht. Als politisch engagierte Aktivistin gegen die Rassenpolitik und die Apartheid in Südafrika musste sie bereits 1959 ihre Heimat verlassen und ins Exil gehen. 1964 hielt sie vor der UNO-Vollversammlung eine Rede zum Boykott Südafrikas und kämpfte als „Mama Africa“ für Freiheit und Gleichheit und das Ende der grauenvollen Apartheid. Erst 1990 mit der Befreiung Südafrikas und der Machtübernahme von Nelson Mandela und seinem ANC konnte sie in ihr Heimatland zurückkehren.
Die Stimme Afrikas: Miriam Makeba
Nun hatte sich das wunderbare und immer aufs Neue vielschichtige Classical Beat Festival also die große Sängerin Makeba zum Thema gemacht. Neben dem Gastland Ghana war das Hommage-Konzert für Miriam Makeba der absolute Höhepunkt dieses innovativen Treffens von ausgezeichneten Musikern, jungen Talenten und afrikanischen Musiker*innen rund um das Atlantic-Hotel in Travemünde.
Das Konzert begann allerdings mit einer harten Prüfung für die Ohren des Publikums: In geballter Stärke, vor allem Lautstärke bliesen die jungen Musiker der Classical Beat European Jazz Companions kräftig in ihre Instrumente. Zwar ist ja bekannt, das der große Ballsaal unter den Kronleuchtern im Atlantic-Hotel eine schwierige Akustik hat, aber zu Beginn des Konzertes hatten die Herren an den Mischgeräten die Technik nicht voll in Griff. Aber ab dem zweiten Stück, als die Sängerin des Orchesters das Stück „What more could be right“ sang, wurde es besser.
Die Classical Beat European Jazz Companions, Foto: (c) Holger Kistenmacher
Dann schon kam der Gaststar des Abends, die Südafrikanerin Tutu Puoane auf die Bühne, die total eng besetzt war mit dem vielköpfigen Orchester aus jungen Musiker*innen, die hauptsächlich aus Frankreich und Deutschland stammten, aber auch Mitglieder aus Österreich, Belgien, Niederlande, Dänemark und selbst Brasilien hatte. Unter der Leitung des Dirigenten, Flötisten und musikalischen Tausendsassa Pierre Bertrand, der diesmal sogar drei Coaches für die Bläser an seiner Seite dabei hatte, verschmolzen klassische Jazz-Elemente mit afrikanischen Klängen.
Als erstes trug Tutu Puoane ein Stück von Miriam Makeba vor, das diese nach der Rückkehr aus dem Exil nach Südafrika geschrieben hatte: „Africa is where my heart lies“. Dazu lies sie ihre typisch afrikanische Gesangskunst ihrer „Mothervoice“ aus Klick- und Schnalzlauten hören. Dann folgte eine Eigenkomposition der Sängerin, die sie zusammen mit ihrem Ehemann zu Ehren von Miriam Makeba geschrieben hatte. Dabei ging es um die Heikunst von Müttern, wie Puoane erklärte.
Stimmgewaltig und humorvoll: Tutu Puoane, Foto: (c) Holger Kistenmacher
Danach vervollständigten die drei ghanaischen Musiker rund um den Multiinstrumentalisten und Sänger Adjiri Odametey die schon ziemlich volle Bühne. Odametey überzeugte sofort mit seiner warmen, erdigen Stimme und seinem lustigen Spiel auf dem afrikanischen Daumen-Klavier. Später überzeugte er aber auch noch an der Gitarre, diversen Trommeln und der westafrikanischen Harfe, der Kora.
Darauf ging es zurück zu Miriam Makeba und ihrem berühmten Stück „Westwind“, welches die Sängerin gemeinsam mit ihrer Tochter komponiert hatte, die leider sehr früh verstorben war. Begleitend zum vielschichtigen Konzert zwischen Jazz, Pop und afrikanischen Gesängen wurden auf einer großen Leinwand Bilder und Videos von Miriam Makeba, ihren Auftritten, ihren Bands, Südafrika und später auch von Louis Armstrong gezeigt.
Adjiri Odametey an der westafrikanischen Harfe, der Kora, Foto: (c) Holger Kistenmacher
Nach einer Erfrischungspause wurde es sodann Zeit, dass auch das begeisterte Publikum noch mehr mit in den wunderbaren Abend einbezogen wurde: Alle wurden durch Klatschen auch zum Mitsingen aufgefordert, als Adjiri Odametey seine wundersame Kora erklingen ließ: „Ohjajahee“ wurde abgefeiert von allen Musiker*innen auf der Bühne aber auch aus dem Publikum.
Weiter ging es mit einem sehr berühmten Lied, wie auch dem dazu gehörigen Musiker, nämlich dem großartigen Trompeter und Sänger Louis Armstrong. Sein Stück „What a wonderful World“ ging buchstäblich um die Welt und wurde jetzt in einer neuen Interpretation von Pierre Bertrand und seinem hoch talentierten Orchester richtig abgefeiert.
Auch Louis Armstrong wurde gewürdigt, Foto: (c) Holger Kistenmacher
Zum Ende des Konzertes ließ Tutu Puoane noch einmal ihre gewaltige Gesangskunst bestaunen, als sie in ihrer Muttersprache den Song „Respect Life“ vortrug. Im Zugaben-Teil, der von allen Besuchern mit stehendem Applaus eingefordert wurde, zeigte sie noch einmal ihre besondere Technik der Klick-und Schnalz-Laute, in dem sie a cappella und ohne Begleitung ein traditionelles Stück ihrer Heimat vortrug - beeindruckend!
Und natürlich durfte das vielfach eingeforderte Erfolgsstück von Miriam Makeba nicht fehlen: Mit „Pata Pata“ klang ein wunderbaren Abend aus Jazz, Weltmusik und afrikanischer Musikkultur aus, der noch viele Besucher*innen auf dem Heimweg begleitete.