Das Eröffnungskonzert des diesjährigen Classical Beat Festivals war in mehrfacher Hinsicht ein mutiges Unterfangen: Allein die Planung des Konzerts unter freiem Himmel im wunderbaren Garten des Atlantic Hotels mit Blick auf die blaue Ostsee war angesichts des wechselhaften Wetters gewagt.
Denn noch am Nachmittag zogen schwere Schauer über die Ostsee. Aber gegen 19 Uhr zeigte das Lübecker Seebad sein bestes Gesicht, herrlicher Sonnenschein, blauer Himmel und ebensolches Wasser. Gleichzeitig hatte Hans-Wilhelm Hagen, der Geschäftsführer dieses innovativen Festivals im Gespräch betont, dass der Festival-Schwerpunkt Ghana angesichts des doch eher konservativen Publikums schon ein Experiment und Wagnis seien. Doch weit gefehlt. Der Garten war gut besucht, die Stimmung launig und gelöst und schon vor dem Auftritt der acht-köpfigen Band wurde bei der Vormusik aus der Konserve dezent gegrooved.
Kraftvolles Gebläse ist ein wichtiger Bestandteil der Highlife-Musik, Foto: (c) Holger Kistenmacher
Gleich zu Beginn vermittelten die Musiker*innen aus Afrika gute Laune und erhofften sich ein fröhlich tanzendes Publikum. Und ihr Ansinnen wurde nicht enttäuscht. Die mitreißenden Sounds der musikalischen Mischung aus traditionellem Frafra-Gospel-Gesang durch die hoch talentierte Sängerin Florence Adooni und der pulsierenden Musik ihrer Band aus Highlife-Musikern aus Kumasi gingen sofort in die Beine. Wobei der Frafra Gesang dem religiösem Gospel ihrer Volksgruppe aus dem Süden des Landes entspringt, wo bei Gottesdiensten natürlich auch meist getanzt wird als Feier des Lebens, der heute aber mit Rock, Pop und Jazz modernisiert wurde. Dazu kommt die lebensfrohe Highlife-Musik ihrer Band aus dem Norden von Ghana, wo die Volksgruppe der Ashanti leben. So entsteht eine wunderbare Brücke zwischen der religiösen Tradition und den modernen Einflüssen urbaner Städte, wie der zweitgrößten Stadt Ghanas, Kumasi.Foto: (c) Holger Kistenmacher
Der Highlife der Gegend mit seinen treibenden Rhythmen und den festlichen Bläsern, gepaart mit Gitarre und Bass, die auch mal funky daher kommen, bilden eine Melange aus Vergangenheit und Gegenwart. So entwickelte sich der Abend, eingeleitet durch ihre weltweit erfolgreiche Single „Pam Pe’ela Su’ure“ zu einem überraschenden Tanzabend, der selbst Leute in hohem Alter, wie auch besonders hüftsteife Besucher*innen zum Tanzbein-Schwingen brachten. Musste Adooni anfänglich noch ihre Mutter ins Feld führen, die sie schelten würde, wenn sie das Publikum nicht zum Klatschen und Singen bringen würde, als sie ein eigens von der Mutter geschriebenes Stück vortrug, wurde es allmählich ein Selbstgänger. Überhaupt übertrug sich die gute Laune aller Musiker auch auf das Volk vor der Bühne. Da störte auch eine kleine Pause nicht, wo man sich dann zur Erfrischung ein Gläschen Sekt oder Wein gönnte. Danach wurde es richtig locker und so manches glückliches Gesicht war zu beobachten, während ausgelassen vor der Bühne die Hüften bewegt wurden.
Am Ende hielt der Highlife-sound keinen mehr auf den Stühlen, Foto: (c) Holger Kistenmacher
Welch wunderbarer Einstieg in das diesjährige Festival, das wie immer neue Horizonte öffnet und oft schon den Mut bewiesen hat, alte Hör-Gewohnheiten richtig durchzuspülen. So darf man gespannt sein, was das Festival im weiteren Verlauf zu bieten hat, wenn traditionelle afrikanische Klänge mit zeitgenössischer Musik aus Klassik und Jazz kombiniert werden.
www.classicalbeat.de