Dirigent Jörg Widmann und die NDR Radio-Philharmoniker, Foto: Hildegard Przybyla

Das 7. NDR-Konzert in der Lübecker MuK
Ein ganz besonderes Mozart-Konzert

Der Name „Mozart.“ prangte in dicken Lettern auf dem Programmheft, darunter das Foto einer Geigerin, die ihr Instrument präsentierte. Es war der Hinweis, dass der NDR bei diesem Konzert, dem siebten seiner sinfonischen Reihe, das Programm aus einem der Violin-Konzerte und weiteren Werken nur von Wolfgang Amadeus Mozart zusammengestellt hatte. Mit ihm kennt sich der Musikliebhaber in der Regel recht gut aus, musste allerdings am Abend des 4. Aprils 2025 schnell feststellen, dass ihm in dieser Kompaktheit das klassische Wunderkind aus Wien doch in ganz besonderer Weise begegnete.

Das wiederum lag an dem Dirigenten des Abends, das diesmal von der „Radio Philharmonie“ gestaltet war. Jörg Widmann war gekommen, bekannt vor allem als virtuoser Klarinettist, aber auch als Komponist, in beiden Rollen bereits in Lübeck zu erleben. Zurzeit hat er noch eine weitere Aufgabe, nämlich die als „Erster Gastdirigent“ in Hannover. Ein vielseitiger Künstler war also zu bewundern, dessen Temperament das Orchester ziemlich forderte, aber bewundernswerterweise nicht überforderte. 

Den Auftakt machte, wie so oft in letzter Zeit, eine Opern-Ouvertüre, hier die zu „Figaros Hochzeit“. Eine der kürzesten ist sie, zumindest unter Mozarts „großen“ Opern, sie dauert nur knappe vier Minuten. Dennoch verlangt sie in dem von Widmann geforderten Presto ein virtuoses Können der Streicher, auch das der Holzbläser, Hörner und Posaunen. Alles scheint die fulminante Beweglichkeit des Figaro wie die des Dirigenten zu charakterisieren. Das Publikum nahm es hin, hatte für diesen stürmischen Auftakt allerdings nur erstaunlich kurzen Beifall.

Solistin Alina Pogostkina (rechts), Foto: Hildegard PrzybylaSolistin Alina Pogostkina (rechts), Foto: Hildegard Przybyla

Anders war es im nächsten Beitrag, in Mozarts Violinkonzert Nr. 5 in A-Dur. Es gilt als das eindrucksvollste seiner fünf Violinkonzerte und ist das längste. Die deutsche, in Russland geborene Violinistin hatte den Solopart übernommen. Als Zuhörer spürte man, dass Widmann sich bei der Orchester-Exposition im Tempo zurückhielt, obwohl schon dieses Tutti sehr sensibel musiziert wurde. Mit dem Einsatz der Solistin hörte man den Grund dafür. Alina Pogostkina faszinierte durch ein sehr feinsinniges Spiel, das sie in überzeugender Weise und mit großem Ausdruck entwickelte. Von ihrem ersten Einsatz nach einer großen Spannungspause und einem immer wieder überraschenden Adagio bis hin zur Kadenz erlebte man zudem ein wunderbares Zusammen mit dem aufmerksamen Dirigenten und dem Orchester.

Der folgende langsame Satz mit seinem ganz anderen, eher introvertierten Charakter wird durch die Seufzer und Spannungsdissonanzen beherrscht, und viel Ruhe, die die Solistin ausstrahlte. Umso unbeschwerter folgt das Rondo, der dritte Satz, mit einem Thema, das seinen Menuett-Charakter offen zeigt. Was den Satz aber besonders bestimmte, war der rasante Mittelteil mit dem überraschenden „Türkischen Marsch“ und eigenwilligen Harmonien. Hier wurden die tiefen Streicher durch die überbordende Spiellust aller quasi zu Schlagzeugern. Sie hoben den eigenwilligen Zwischenteil noch stärker gegen das Höfische der kurzen Reminiszenz des Menuetts ab. Das Publikum zeigte sich jetzt begeistert. Für den Beifall bedankte die Solistin sich mit einer ungewöhnlichen Zugabe. Sie spielte mit der Konzertmeisterin des Orchesters im Duett ein zweistimmiges Violinenstück des französischen Komponisten Jean-Marie Leclair.

Mit der Pause endeten die Dur-Tonarten und es folgten Kompositionen des nachdenklicheren Mozarts. Die erste war seine Auseinandersetzung mit der barocken Gestaltungsweise im fugierten Stil. 1782 hatte er eine c-Moll-Fuge für zwei Klaviere komponiert, die er sechs Jahre später für Streicher arrangierte und durch ein Adagio erweiterte. So entstand das 10-minütige „Adagio und Fuge c-Moll für Streicher KV 546“, das Jörg Widmann vom Orchester zunächst beim Adagio sehr expressiv aufführen ließ und die Fuge mit deutlicher Stretta-Wirkung.

Alina Pogostkina und Jörg Widmann , Foto: Hildegard PrzybylaAlina Pogostkina und Jörg Widmann , Foto: Hildegard Przybyla

Als finaler Beitrag folgte Mozarts Sinfonie Nr. 40 in g-Moll, die mittlere der drei letzten, auch der bedeutendsten Sinfonien Mozarts. Sie ist ebenfalls 1788 entstanden und trägt deshalb die nahe KV-Nummer 550. Vom Charakter her ist sie die schwermütigste Sinfonie der späten Trias, legte diesen Eindruck nur kurz im dritten Satz ab. Im finalen Allegro assai mit seinem leidenschaftlichen Ausdruck forderte Jörg Widmann vom Orchester noch einmal ein artistisches Spieltempo, das den verdienten langen Beifall für dieses sehr durchdachte und besondere Konzert auslöste.


Sie haben keine Berechtigung hier einen Kommentar zu schreiben.