Foto: Sakiri Oramo (mitte) und Janine Jansen (rechts), (c) Hildegard Przybyla

NDR Elbphilharmonie Orchester in der Lübecker MuK
Ein außergewöhnliches Programm mit Janine Jansen und Sakiri Oramo

Es war das dritte Sinfoniekonzert, das der NDR in dieser Saison in Lübeck annonciert hatte, und das zweite, das vom Elbphilharmonie Orchester gespielt wurde (22.11.24). Mit dem Orchester war diesmal die Ausnahmegeigerin Janine Jansen als Solistin gekommen und der finnische Dirigent Sakari Oramo.

Er ist nach einer internationalen Kariere seit elf Jahren Chefdirigent beim BBC Symphony Orchestra und beeindruckte bei diesem Gastauftritt. Mancher der Zuhörer wird ihn von den „Last Night of the Proms“ kennen, die er auch in diesem Jahr leitete. Ein sehr eigenwilliges Programm hatte er mitgebracht. Nicht ungewöhnlich ist es zwar, ein Konzert mit einer Ouvertüre zu beginnen, aber die zu Giuseppe Verdis Oper „Macht des Schicksals“ stand zu den anderen zwei Programmpunkten in einem großen Kontrast. Sie war das einzige Stück, das wohl nicht neu für die Zuhörer war. Ihre drei Akkordschläge zu Beginn, die hier noch gedehnter wirkenden spannungsvollen Generalpausen und die bewegenden Zitate aus der Oper hat jeder Musikliebhaber im Kopf. Bewundernswert ruhig und mit eindrucksvollen Sololeistungen bei den Holzbläsern ließ Oramo sie vom Orchester wiedergeben. Ein überzeugender Auftakt!

Foto: Janine Jansen, (c) Hildegard PrzybylaFoto: Janine Jansen, (c) Hildegard Przybyla

Eine deutsche Erstaufführung eines Werks folgte, das erst vor einem halben Jahr in Stockholm uraufgeführt wurde. Sie war allein aus diesem Grund schon neueste und unbekannte Musik. „Shortening Days“ hatte die 1977 in Schweden geborene Komponistin Britta Byström ihr sechssätziges Werk betitelt, das 2023 als eine Art Violin-Konzert entstand, beauftragt gemeinsam von dem Royal Stockholm Philharmonic Orchestra und dem NDR. Sogar die Solistin stand fest. Die niederländische Geigerin Janine Jansen hatte die Komponistin durch ihr „ausdrucksvolles Spiel“ inspiriert (Programmheft). In den faszinierenden, zugleich ungewöhnlichen Klangbildern lässt sie drei Tage und drei Nächte vorüberziehen. Die Tage sind durch ihre vitale Rhythmik gekennzeichnet und tragen die Begriffe „rhythmisch“, „energisch“ und „licht“, während die jeweils folgenden Nächte dazu sich immer mehr zu intensivieren scheinen. Schwebende eigenartige oszillierende Flächen sind zu hören oder Naturhaftes, als wollten sich Klänge in musikalische Prozesse umformen. Dadurch bleibt ihre Schreibweise einerseits geheimnisvoll, andererseits auch in harmonischen Entwicklungen ungewöhnlich verständlich, immer aber mit dem Violin-Klang variantenreich vermischt. Janine Jansen hat hier eine andere Virtuosität zu entfalten, die sie in nahezu impressionistischer Art fordert.

Das Stück wurde mit großem Interesse aufgenommen und der Solistin und dem Orchester mit langem Beifall gedankt. Sie dankte ihrerseits mit einer sehr sensiblen Wiedergabe der Sarabande aus Johann Sebastian Bachs II. Partita

Foto: (c) Hildegard PrzybylaFoto: (c) Hildegard Przybyla

Die große Sinfonie von Edward Elgar, 1911 uraufgeführt, war das andere zumeist unbekannte Werk an diesem Abend. Auch wenn der englische Komponist (1857 – 1934) durch die inoffizielle Hymne „Land of Hope and Glory“, dem unverzichtbaren Bestandteil der „Last Night of the Proms“, weltweit bekannt ist, hat er das mit anderen seiner Kompositionen nicht erreicht, auch mit dieser spätromantischen 2. Sinfonie nicht. Sie war dem gerade verstorbenen King Eduard VII. gewidmet, der ihn stark gefördert hatte.

Immerhin dauerte sie ca. eine Stunde und ist in einigen Partien, vor allem im sehr breiten zweiten Satz, einem Larghetto, auch von düsterem, schwermütigen Ausdruck. Auffällig im ersten Satz, einem Allegro vivace e nobilmente, ist eine Neigung dazu, den Verlauf immer wieder durch thematische Wiederholungen in Crescendo- oder Decrescendo-Bögen zu gestalten. Dieses Prinzip findet sich auch in den folgenden Sätzen bis hin zum Finalsatz. Auch dadurch verstärkt sich ein Gesamteindruck von Resignation, wenn nach dem dritten Satz, einem relativ kurzen Rondo im Presto, der Finalsatz nach einem letzten Aufbäumen quasi morendo verklingt.


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