Linde Fröhlich (Künstlerische Leiterin NFL), Foto: Holger Kistenmacher

NFL 2019
Pralles Programm bei den 61. Nordischen Filmtagen

Bei der Vorstellung des Programms der diesjährigen Filmtage zu Lübeck fehlte zwar die Kultursenatorin, dafür gab es einen umfangreichen Überblick aus allen Sparten des Festivals und humorvolle oder bildgewaltige Videoclips einiger Filme im Vorfeld.

Gezeigt werden diesmal insgesamt 196 Filme bei ca. 280 Vorführungen. Gastland ist Norwegen, wie auch aktuell bei der Frankfurter Buchmesse. Als roter Faden der 61. Nordischen Filmtage Lübeck erscheinen Themen wie Natur, Musik, starke Bilder, wahre Geschichten in einer globalisierten Welt, Familie und Spione.

Der Spielfilm-Wettbewerb, bei dem insgesamt 18 Produktionen um den NDR-Preis (25.000 Euro) konkurrieren, glänzt mit bekannten Regie-Größen und großartigen Debütanten aus den skandinavischen und baltischen Ländern. Viele auch schon in Lübeck prämierte Regisseure bringen ihre aktuellen, teilweise auf anderen Festivals schon ausgezeichneten Filme mit nach Lübeck, wie zum Beispiel das Festival-Highlight „Über die Unendlichkeit“ vom Schweden Roy Andersson, der gerade den Regie-Preis in Venedig abgeräumt hat.

Als Oskar-Kandidat für Norwegen geht „Pferde stehlen“ von Hans Petter Moland, der den Silbernen Bären der Berlinale gewonnen hat, ins Rennen. Auch der Finne Mika Kaurismäki kommt in die Hansestadt, im Gepäck seinen köstlichen Streifen „Meister Cheng“ über einen chinesischen Koch in Finnland auf der Suche nach seinem Freund.

Eröffnet werden die Filmtage mit dem Film „Feuer und Flamme“ aus Schweden von den Regisseuren Mans Marlind und Björn Stein, eine farbenprächtige Romanze á lá Romeo und Julia als mitreißendes Kinospektakel. Angesiedelt ist der Streifen im Stockholmer Vergnügungspark Gröna Lund im Jahre 1940.



Weitere Highlights der Spielfilmsparte dürften werden: Der erste Wettbewerbsfilm einer Regisseurin aus Grönland, „Anori“ von Pipaluk Jörgensen, ein isländischer Weihnachtsfilm der besonderen Art in 56 Minidramen: „Echo“ von Runar Runarsson oder der norwegische Film „Die Spionin“ mit Bolsö Berdal und Alexander Scheer (Gundermann) in den Hauptrollen von Jens Jonsson. Als alter Lübeck-Bekannter kommt Grimur Hakonarson (Sture Böcke) aus Island, um seinen Film über eine eigensinnige verwitwete Milchbäuerin zu präsentieren. Abgründe der Leidenschaft verspricht „Dogs Don´t Wear Pants“ von J.P. Valkeapää aus Lettland, in der ein Witwer in die SM-Szene aus Lack, Latex und Leder eintaucht.

Als starker Debüt-Film aus der Zukunft (2025) mit den Themen politischer Populismus und Terror als provokanter Politthriller kommt „Sons of Denmark“ von Ulaa Salim daher und zeigt ein Dänemark, welches sich schon jetzt kaum von der Zukunft unterscheidet. Auch der Söldner-Film „Kongo“ mit Axel Henny und Tobias Sandelmann unter der Regie vom alten Bekannten Marius Holst dürfte als fesselnder und authentischer Politthriller für Spannung sorgen.

Neben den Spielfilmen gibt es natürlich wieder wichtige Dokumentarfilme, wie zum Beispiel über „Die Götter von Molenbeek“, das Skandal- und Terrorviertel von Brüssel, der als wundervoller Kinderfilm die Freundschaft einer Muslima mit dem ebenfalls sechsjährigen Sohn einer Finnin und eines Chilenen dokumentiert. Um harte Männer geht es bei „Weil wir harte Kerle sind“, bei dem es um einen norwegischen Männerchor geht, der eigentlich als Opener von Black Sabbath auftreten will bis der Chorleiter an Krebs erkrankt – ergreifend.

Als speziell mag man die Doku über „Klein Moskau“ empfinden, einem sozialistischen Dorf in der konservativen Einöde von Island, wiederum auch von Grimur Hakonarson, während jedem das Herz aufgehen dürfte bei dem auch aus Island stammenden Dokumentarfilm Snorri & der Baby-Schwimmclub, wo man Babys beim Schwimmen und Tauchen und ihre stolzen Eltern kennenlernen darf. Die gezeigten Video-Clips versprechen mal wieder typisch isländischen Humor gepaart mit Exzentrik und Skurrilität.



Lustig wird es wie immer bei den Kurzfilmen, die von Sebastian Apel vorgestellt wurden. Es wird vier Programme geben unter den Titeln: „I want to beleave“ (Glaubensbekenntnisse), „White Noise“ (Kommunikationsprobleme), Postpubertäre Betriebsstörungen und ein Kooperationsprogramm mit skandinavischen Festivals.

Aber auch jede Menge Filme aus den Sparten Kinder- und Jugendfilme, Retrospektive, Specials und Serien oder Filmforum Schleswig-Holstein mit norddeutschen Streifen wären die Erwähnung wert, sprengen hier aber meinen Artikelrahmen. Wer sich hier schlau machen will, wirft einen Blick in das Programm, welches im Netz auf www.nordische-filmtage.de verfügbar ist oder wartet auf die Wochenendausgabe der LN, die wieder ihre beliebte Beilage mit Interviews und Filmpräsentationen drucken wird.

Das Team der 61. Nordischen Filmtage LübeckDas Team der 61. Nordischen Filmtage Lübeck

Und auch über das reichhaltige Begleitprogramm der Filmtage noch ein paar Sätze. Wie immer dürfte die Filmparty mit starken DJ´s aus Norwegen und Deutschland, sowie „Frollein Smilla“ aus Dänemark im Treibsand richtig abgehen, während bei der Filmgala sehen und gesehen werden und Häppchen-Fassen, sowie Preise und Lobhudelei die erste Geige spielen sollte.

Der Fulldome auf dem Klingenberg wird noch größer (100 Plätze) und zeigt Wissenswertes und Filme zum Träumen und Staunen in 360-Grad-Technik – also ganz großes Kino, während die Stummfilme mit Musikbegleitung im Schuppen 6 wieder die Cineasten der frühen Stunde an den Hafen ziehen werden. Oder man liest ein norwegisches Buch in der Bier- und Buchlounge im Kolosseum, während man sich ein leckeres Bierchen gönnt.

Ich wünsche schon mal wunderbare Filme für alle bei den 61. Filmtagen und den Menschen, die sich ab dem 26. Oktober wieder frühmorgens in die bekannte Schlange vor dem Filmpalast stellen, viel Geduld und Erfolg beim Karten-Ergattern.

Man sieht sich im Kino!

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

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