Erst kürzlich feierte der neueste Film vom Filmmagier und Kino-Märchenerzähler Wes Anderson seine Weltpremiere bei den Filmfestspielen in Cannes, wo der Streifen mit im Wettbewerb um die Goldene Palme war. Und wie in seinem Vorgänger-Werk „Astroid City“ drängelten sich die Giganten der Schauspielkunst aus dem Cast auf dem roten Teppich.
Selbst die kleinsten Rollen sind mit Stars der Szene besetzt. Also fahren sie alle nicht mit schicken Limousinen vor, sondern kommen mit einem Reisebus zur Premiere. Die legendäre Wohlfühl-Atmosphäre bei der Filmarbeit versammelt diesmal in den Hauptrollen: Benicio Del Toro als Großindustriellen und zwielichtigen Geschäftsmann Zsa Zsa Korda, der ist stinkreich, skrupellos und machtgeil mit großer Kinderschar von zehn Kindern (ein Schelm, wer da an Elon Musk denkt), sowie Mia Threapleton (Tochter von Kate Winslet) als Liesl, die als einzige Tochter das Alleinerbe des ruchlosen Vaters antreten soll. Dabei wollte sie eigentlich Nonne werden. Sie ist sehr selbstbewußt und gläubig, aber auch experimentierfreudig und hat die Vision, die verlorene Seele ihres Vaters zu retten.
Foto: Mia Threapleton, (c) TPS Productions/Focus Features
Des Weiteren erscheint die Filmbesetzung wie ein Who is Who der Filmstars. Benedict Cumberbatch spielt den Bruder von Zsa Zsa Korda und ist sein größter Gegner im Kampf um die Vision des Großindustriellen. Seit Jahren plant er die Eroberung der Weltherrschaft, beziehungsweise hat die Vision, mit einem größenwahnsinnigen Plan im Nahen Osten Kasse zu machen. Seine Pläne hat er sorgsam in diversen Schuhkartons aufbewahrt. Danach treten natürlich diverse Widersacher und gefährliche Gegenspieler (Tom Hanks und Brian Canston) auf, die ihm mit Hilfe von Attentaten nach dem Leben trachten. So entpuppt sich sein Assistent und angeblicher Hauslehrer mit Faible für Insektenkunde und seltsamen schwedischen Akzent (Neuzugang Michael Cera) als Agent. Des Weiteren sind Charlotte Gainsbourg, Scarlett Johansson, Mathieu Amalric, Riz Ahmed, Willem Dafoe, Rupert Friend und Mohamed Chahrour Teil der Filmcrew. Auch hat Bill Murray erneut einen Kurzauftritt, diesmal als Gott, und selbst der deutsche Schauspieler Wotan Wilke Möhring darf Teil des illustren Kreises sein. Dabeisein ist mal wieder alles.
Foto: Benicio Del Toro, (c) TPS Productions/Focus Features
Was als Thriller mit diversen Mordanschlägen beginnt, entwickelt sich zu einer Vater-Tochter-Beziehung. Es wird also erstmal blutig in der Bonbon-farbigen Welt des Wes Anderson, die aber im Verlauf des Filmes eine romantische Note erhält. Wie gewohnt sprudelt der Streifen über vor originellen Ideen auf allen Ebenen. Um alle zu würdigen, bedürfte es mehrfacher Sichtungen, wie eigentlich immer bei Wes Anderson. Meisterhaft in Ausstattung, Setbau und Kostüm gestaltet, wurde das Werk erneut vom Team von Koproduzent Studio Babelsberg unterstützt und mit Geld aus Deutschland auch mitfinanziert.
Die historischen Studios in Potsdam atmen laut Hollywood-Schwergewicht Benicio Del Toro immer noch den Geist von Film-Regisseuren wie Fritz Lang und Metropolis, den er bei der Arbeit gespürt habe. Die berühmten symmetrischen Bilderwelten von Wes Anderson korrespondieren mit Szenen aus dem Klassiker "Metropolis", findet er. Auch dass alle Schauspieler und Mitarbeiter vom Requisiteur über Maske, Regie und Kamera alle zusammen ein ganzes Hotel besetzt hätten, wo sie gemeinsam gewohnt, gegessen und gefeiert hätten, war für ein großartiges Miteinander ohne Starallüren von großer und wichtiger Bedeutung, betonte er in einem Interview.
Foto: Benicio Del Toro und Mia Threapleton, (c) TPS Productions/Focus Features
Obwohl der Film anscheinend im letzten Jahrhundert angesiedelt ist, sind Reminiszenzen und Bezüge zum aktuellen Weltgeschehen nicht übersehbar. Zum Beispiel schmeißt Zsa Zsa Korda seinen Piloten per Schleudersitz aus dem Privatflugzeug, als der eine Bombe an Bord meldet, und ruft ihm hinterher: „You are fired“, ein Ausspruch, den man auch von Donald Trump, dem Selbstdarsteller und Möchtegern-Diktator auf dem Präsidentensitz in Washington kennt.
Doch letztendlich ist der Streifen ein großer Spass mit typischem Humor, gestylten Bildern, spielfreudigen Schauspieler*innen und irrsinniger Ideenfülle - also ein Wes Anderson in Reinkultur. Allerdings sollte sich der wunderbare Regisseur langsam klar werden, dass diese lustvolle Unterhaltung auch so langsam an ihre Grenzen zu kommen scheint. Noch funktionieren die verspielt ausgeklügelten Puppenstuben-Tableaus und das immer wieder großartig aufspielende Star-Ensemble. Die Frage bleibt: Wie lange noch?
Der Film läuft im Filmhaus in der Königstraße und im Kino Koki in der Mengstraße.