Stellan Skarsgård (Trond), Foto: (c) 4 1/2 Fiksjon As, Zentropa Enter

„Pferde stehlen“ von Hans Petter Moland
Norwegische Schwermut

Es ist der Winter 1999, kurz vor der Jahrtausendwende. Trond, Ende sechzig, lebt zurückgezogen in einem kleinen Haus am Dorfrand. Er ist verwitwet, seine Frau verunglückte vor drei Jahren bei einem Autounfall. Zusammen mit seinem Hund verbringt Trond die Tage in dem spärlich eingerichteten Haus. Draußen sind nur Schnee und Kälte. So begibt sich Trond auf eine Reise ins Innere, in die Reflexion seines Lebens.

Der alternde Mann erinnert sich an jenen Sommer 1948, den er als 15-Jähriger bei seinem Vater verbrachte. „Wenn Sie wissen wollen, wie mein Leben war: ich hatte Glück“, so beginnt er seinen Rückblick. Doch dieser Sommer sollte vieles verändern, von Glück ist nur anfänglich etwas da. Trond wird mit dem Schicksalhaften des Lebens konfrontiert, das ihn zum Erwachsenwerden zwingt.

Damals verbringt der Heranwachsende zunächst eine unbeschwerte Zeit mit seinem Vater oder mit dem Nachbarjungen Jon. Ein Unglück in Jons Familie zieht jedoch Ereignisse nach sich, die auch Tronds Welt ins Wanken bringen. Am Ende kehrt er zu seiner Mutter und seinen Geschwistern zurück und er wird seinen Vater nie wieder sehen. Was bleibt, sind die Erinnerungen, welche den alten Trond nachhaltig beschäftigen: „Es war nicht so, wie es hätte sein sollen.“

Hans Petter Moland setzt den viel gelobten Roman seines Landsmannes Per Petterson in eine ruhige filmische Erzählung um, die von der ersten bis zur letzten Szene fasziniert. In unterschiedlichen Erzählschienen fokussiert der Film auf die Gedankenwelt des Protagonisten. Trond ist sowohl als junger als auch als alter Mann wortkarg, nach innen gewandt. Um seinen Seelenzustand zu vermitteln, bedient sich dieser Film zweier Mittel: Der erzählenden Kommentare aus dem Off und der Bilder.

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Zu Recht erhielt Kameramann Rasmus Videbæk bei der diesjährigen Berlinale den Silbernen Bären für seine herausragende künstlerische Leistung. Die Aufnahmen und der Filmschnitt erzählen dort, wo es keiner Worte bedarf. In dieser Geschichte gibt es viel Schweigen, viel Seelenschmerz. Beides vermag Videbæk mit einer eindringlichen Intensität in Bilder umzusetzen. Als Zuschauer ist man gefangen von der äußeren Idylle der Natur und der immanenten Erbarmungslosigkeit, die zunehmend die Protagonisten umfängt.

Fazit: Mit diesem Film ist es Regisseur Moland auf eindrückliche Weise gelungen, die Stimmung und den Rhythmus des Romans filmisch umzusetzen. Und die Besetzung der Filmfiguren hätte nicht besser sein können, allen voran Stellan Skarsgård in der Rolle des alten Trond.

Pferde stehlen/Ut å stjæle hester/Out Stealing Horses
Norwegen/Schweden/Dänemark 2019, 122 Min.
Regie: Hans Petter Moland
Drehbuch: Hans Petter Moland, nach dem Roman von Per Petterson
Rollen: Stellan Skarsgård (Trond), Bjørn Floberg (Lars), Tobias Santelmann (Tronds Vater), Jon Ranes (Trond, 15 Jahre), Danica Curcic (Jons Mutter), Pål Sverre Hagen (Jons Vater)


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