Dirigent Stefan Vladar, Youngho Park (Flügel), Johanna Jung (Harfe), Alexandra Nepomnyashchaya (Cembalo), Foto: Hildegard Przybyla

Musik- und Kongresshalle Lübeck
Siebentes Konzert der Lübecker Philharmoniker mit Frank Martin und Franz Schubert

Lübecks Publikum wurde in letzter Zeit bereits mehrmals mit Werken des Schweizer Komponisten Frank Martin ((1890 - 1974) konfrontiert, - aus vielen Gründen. Im November des letzten Jahres jährte sich sein 50. Todestag, zudem ist seine Musik trotz aller Modernismen in Klang und Rhythmik in einem Duktus verfasst, der immer verständlich ist, auch sein will. Er sollte also gehört werden.

Martin wollte keine Musik „anbieten“, wie er schreibt, die „schwer zu hören sein wird“ (s. Programmheft zum 7. Konzert“). Das war schon bei der großartigen Inszenierung von „Der Zaubertrank“ zu erleben, die erst einen Monat zurückliegt, Ende 2024 bei der „Ballade für Flöte und Orchester“ wie jetzt in der Aufführung von Martins „Petite Symphonie concertante“, entstanden 1944 bis 1945.

In einer großen Geste resignativer Art beginnt dieses Werk, leise und suchend, steigert sich erst langsam, um dann Tempo aufzunehmen. Später erst fügen sich Harfe, Cembalo und Klavier ein. Aber auch alle Streichergruppen, von der Violine bis zum Kontrabass erhalten Soli. So ergibt sich ein vielfältiges Klanggewebe. Die Streicher sind in zwei Gruppen aufgeteilt, die wie in einem barocken Doppelkonzert einander zuspielen oder miteinander korrespondieren. Ähnlich machte es Béla Bartók, der 1936 in seiner „Musik für Saiteninstrumente, Schlagzeug und Celesta“ beinahe die gleiche Besetzung nutzte.

Merkwürdig ist das nicht, denn beide Komponisten, der Ungar Bartók, und der Schweizer Martin, schufen ihre Werke im Auftrag von Paul Sacher (1906 – 1999), dem reichen Dirigenten und Mäzen aus Bern. Bei Frank Martin greifen andere solistische Instrumente ein, die im Prinzip uralte Harfe, das auch schon ehrwürdige Cembalo, hier eines mit zwei Manualen, und ein moderner Konzertflügel. Sie einte, dass alle sowohl zu fein klingender Melodik wie auch zu rauschhaften oder hämmernden Akkorden fähig sind. Die Harfe spielte Johanna Jung, die versierte Solo-Besetzung im Orchester. Für das ältere der beiden Tasteninstrumente war Alexandra Nepomnyashchaya als Spezialistin gewonnen worden, während den Part am modernen Flügel Youngho Park übernahm, der zurzeit als Korrepetitor am Theater arbeitet.

Foto: Hildegard PrzybylaFoto: Hildegard Przybyla

Den zweiten Teil lässt Martin ganz ähnlich wie den ersten mit einem suchenden Adagio beginnen, den diesmal allerdings die Solisten gestalten. Sie wenden das Geschehen zu einem Allegro alla marcia, in dem nach gradlinigen Momenten die Rhythmik sich in nahezu jazzartiger Manier verfeinert. Zusätzlich steigert das gesamte Ensemble das mitreißende und bewegte Spiel mit etlichen Glissandi und Akkordbrechungen zu einem imponierenden Höhepunkt.

Der Beifall bewies, dass dieses eigenwillige Stück das Publikum angesprochen hatte, zumal Stefan Vladar das Geschehen bei dieser komplexen Komposition gut in der Hand hatte. Wie differenziert die Partitur allerdings war, konnte der Zuschauer daran erkennen, dass der Dirigent in großer Geschwindigkeit mit dem Umblättern der Partiturseiten beschäftigt war. Das änderte sich bei dem zweiten Teil des Konzertes, denn hier dirigierte er auswendig. Das ist bei der großen und weit gespannten Sinfonie in C-Dur von Franz Schubert eine respektable Leistung.

Dem Lübecker GMD kann man nicht nachsagen, dass er schlaffe Tempi mag. Von Anfang an forderte er alle Spieler, besonders aber die Blechbläser, unter ihnen die Hörner mit einem schnellen Grundtempo. Das war allerdings nicht nur rasant hingeschleudert, sondern in der Lautstärke fein differenziert, dadurch bemüht, Schuberts feinsinnigen Wiederholungen Aufbau und lebendige Gestaltung zu geben.

War bereits im ersten Satz das Tempo etwas zügiger als ein Allegro, als habe der Dirigent das „man non troppo“ überlesen, so war auch der zweite Satz ein sehr flottes Andante mit Marschcharakter, bei dem die drängende Episode mit den knalligen Akzenten herausstach. Erst die langsame Periode brachte zeitweilige Ruhe. Die Härte der Akzente nahm dem Satz dennoch einen Teil seiner Wirkung, auch wenn die Szene mit der Generalpause feinsinnig zum Anfangsthema zurückführte. Sie bereitete das Vivace des dritten Satzes vor, dessen kecke und teils derbe Betonungen einen leicht volkstümlichen und verspielten Charakter hatten.

Foto: Hildegard PrzybylaFoto: Hildegard Przybyla

Der monumentale und finale Abschluss, den ein fanfarenartiger Beginn herbeiruft, war dann mit seinen unterschiedlichen Rhythmen vom stampfenden Gleichmaß über Triolen zu punktierten Gebilden ein begeisternder Abschluss. Langer Applaus dankte für den Einsatz des Orchesters und seines Dirigenten.


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