Foto: (c) Renegades Steel Orchestra

SHMF 2019 mit dem Renegades Steel Orchestra
Karibische Bach-Performance und Calypso-Zauber

Die erfolgreichste Steelband aus Trinidad und Tobago, das Renegades Steel Orchestra, heizte den etwa 1.200 Gästen beim diesjährigen SHMF im Timmendorfer Maritim-Hotel gehörig ein. Das Programm konnte von den beginnenden Bach-Hits bis hin zu den wild-hitzigen Calypso- und Reggaeklängen kaum gegensätzlicher sein.

Diese seit 1948 international erfolgreiche Band hat schon vor Jahren Werke europäischer Klassiker wie Schubert, Chopin, Liszt sowie Bach eingespielt und weltweit neben ihrer typischen Karibik-Musik aufgeführt. Da lag es doch für das SHMF geradezu auf der Hand, diese Band mit ihren Bach-Interpretationen zur diesjährigen Komponisten-Retrospektive hinzu zu bitten. Das schlug ein, mit Trommeln, Pauken und Trompeten! Kaum zu glauben, welch unterschiedliche Instrumentenklänge die vierzehn Bandmitglieder allein aus ihren (Öl-)Fässern und Stahltrommeln herausholen konnten.

Die erste Konzerthälfte stand ganz im Zeichen der beliebten Bach-Werke wie "Fuge g-Moll", "Air", "Nun danket alle Gott", "Oh Haupt voll Blut und Wunden", "Jesus bleibt meine Freude´,"Ave Maria", "Toccata und Fuge d-Moll". Aus den Stahltrommeln und Fässern klang ein ganzes Orchester mit den für Bach typischen Instrumenten, insbesondere der Orgel und den Bläsern. Eine Original-Orgel hätte es an dieser Stelle nicht besser gemacht. Jeder war überrascht, welch unterschiedliche Töne und Klangfarben sich aus den schweren Stahlinstrumenten hervorzaubern ließen. Es war ein exklusiver Genuss, Bach in dieser Form zu erleben.

Nach der Pause ging die Post mit der Kernkompetenz aller Karibik-Bands ab, Calypso und Reggae pur! Rein äußerlich haben die Bandmitglieder von Anzügen auf farbkräftige Shirts in Orange, passend zur temperamentvollen Musik, gewechselt. Die karibisch schillernden Klänge ließen Sehnsüchte nach unbeschwert fröhlichen Urlaubstagen auf tropischen Inseln sprießen. Der ganze Saal wippte im dynamischen Takt der Band und riss sich schließlich von den Stühlen, so gut die enge Bestuhlung es eben zuließ. Die karibischen Rhythmen wirkten ansteckend. Die Musiker selbst waren in ihrem Element und tanzten vor ihren Instrumenten mit. Mit verschiedenen Soli und Improvisationen spielten sie sich die Bälle nur so zu, immer eine unbändige Lebensfreude versprühend.

Renegades Steel Orchestra im Maritim-Hotel Timendorfer Strand, Foto: Hildegard PrzybylaRenegades Steel Orchestra im Maritim-Hotel Timendorfer Strand, Foto: Hildegard Przybyla

Gerade das ist so erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Wurzel des Calypso auf westafrikanische Sklaven zurückgeht, denen von der französischen Kolonialmacht auf den Karibik-Inseln verboten war, ihre genuin afrikanische Trommelmusik aufzuführen. Doch die jungen Männer aus Westafrika wussten sich zu helfen, sie nahmen in den Häfen der Inseln die nach innen gewölbten Deckel der Ölfässer und trommelten darauf weiter. Mit zusätzlichen Kerben entwickelten sie verschiedene Tonhöhen und Klänge und erhielten so völlig neuartig sirrende Klangbilder. Mittlerweile werden die Instrumente - verfeinert auf dieser Basis - kommerziell hergestellt.


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