Das SHMF leistet sich und gönnt seinen Anhängern immer wieder auch ganz speziell herausragende Künstler. Ein solch besonderer Leckerbissen war das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks kürzlich in der Lübecker MuK, dirigiert von der weltweit gefragten Susanna Mälkki.
Sie sprang ein für Mariss Jansons, den erkrankten Chefdirigenten dieses Orchesters. Dabei klang ihr Auftreten alles andere als das einer Ersatzfrau, sie schuf in geradezu vollkommener Einheit mit den Musikern zwei Sinfonie-Interpretationen, die - zugleich energisch und dennoch weich - nur mit einem erstklassigen Orchester wie dem des Bayerischen Rundfunks möglich sind.
Gegeben wurden Ludwig van Beethovens 2. Sinfonie und die 5. von Dmitri Schostakowitsch. Die Werke entstanden im Abstand von 140 Jahren und spiegeln den jeweiligen Zeitgeist wider, jedes auf seine Weise dem gesellschaftlichen Umbruch geschuldet. Während Beeethoven sich in Fortentwicklung von Mozart und Haydn für ein breites Publikum einsetzen wollte und damit schon Kritik erntete, ging es bei Schostakowitsch nach revolutionären Gesellschaftsumbrüchen um das nackte Überleben in der Welt des stalinistischen Terrors. Beides vermochte Susanna Mälkki in dieser Gegensätzlichkeit mit dem Orchester darzustellen.
Stringent elegant führte sie das Orchester mit klaren Gesten und Bewegungen von weichen Melodien zu ruppigen Klängen und wieder zurück. Mit Beethovens 2. Sinfonie begann sie gemäßigt zart und entwickelte im häufigen Wechsel von piano auf forte ein schnelles Tempo, das sich im Schlusssatz noch steigerte.
Mit der 5. Sinfonie von Dmitri Schostakowitsch konnte Susanna Mälkki die Qualitäten des Orchesters voll auskosten. Die extremen Stimmungswechsel von fröhlich ausgelassener Volksmusik zu harten - Systemkritik ausdrückenden - Dissonanzen gelang ihr hervorragend. Imposant fungierte immer wieder starkes Pauken- und Blechspiel dazwischen. Im letzten Satz ließ sie alle Instrumente kraftvoll aufschreien. Den Schlusspunkt setzten knallende Pauken- und Blechschläge.
Das Publikum jubelte begeistert mit zigfachen Bravo-Rufen und stehenden Ovationen. Es bekam eine temperamentvolle Zugabe aus dem Schostakowitsch-Thema, auch dies eine atemberaubende Glanzleistung.
Ein derartiges Orchester sucht seinesgleichen. Eben dieses Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks eröffnete 1986 unter dem Dirigat von Leonard Bernstein in der Ostseehalle das erste Schleswig-Holstein Musik Festival überhaupt. Vor 7.000 Besuchern führte es damals "Die Schöpfung" von Joseph Haydn auf.
Auch wenn vom damaligen Orchester nur noch zwei Musiker dazu gehören, ist es nach wie vor eines der international bedeutendsten. Die Dirigentin Susanna Mälkki ist es sowieso.