Man kann sich bei JazzBaltica streiten. Beginnt das beliebte Festival nun am Donnerstag oder am Freitag. Laut Pressetext offiziell am Freitag, und das aus bewährter Gewohnheit traditionell mit der JazzBaltica All Star Band, die nach dem Auf- und Einmarsch der JazzBaltica Marching Band Jahr für Jahr für das Festival zusammenkommt und als erste die große Bühne betreten darf.
Das stark besetzte Frauenensemble aus dem Ostseeraum stand vergangenen Freitag unter der Leitung der deutschen Pianistin Julia Hülsmann, die von der ZEIT als »die Lyrikerin des deutschen Jazz« bezeichnet wurde. Mit Verve dirigierte sie ihre eigenen Kompositionen und Arrangements, die sich zum einen an Farben und zum anderen an Gedichten von unter anderem James Joyce und Emily Dickinson orientierten.
Im Anschluss durfte, same procedure as every year, ein Hauptsponsor ran: Der verlieh den nach seinem Namen benannten IB.SH-JazzAward an den Bassisten Vincent Niessen. Auf der Main Stage überreichte Gabriela Albertsen, Veranstaltungsmanagerin der Investitionsbank Schleswig-Holstein (IB.SH), den mit 3.000 Euro dotierten Preis an den früheren Schüler des OGT. Vincent Niessen selbst war noch am Sonntagabend, 23. Juni um 18.30 Uhr mit seiner Band Quintessence auf der Open Air Bühne zu sehen und zu bewundern.
And now something completely different: Jazz Baltica bietet nicht nur Kuschelmusik, denn nun trat Jakob Bro meets Palle Mikkelborg auf die Main Stage. Der dänische Gitarrist Jakob Bro kreierte mit seinem Spiel soghafte Atmosphären. Aber nicht für alle. Der Veredler der Trance mischte nicht nur für meine Verhältnisse zu viele beliebig eingestreute elektronische Soundscapes unter seine Stücke, was zu fluchtartigen Szenen im Publikum sorgte. Vielleicht lagen sehr prägende Erfahrungen mit alten Spielkonsolen und Synthesizern seiner Performance zu Grunde. Schade, weniger wäre mehr gewesen.
Das andere „Wenige“ hatte viel Ruhe und Kraft. Wenn Du glaubtest, die Entdeckung der Langsamkeit zu hören, der Bassist Thomas Morgan kann es noch langsamer. Und auch der Schlagzeuger Jorge Rossy bewies: Es gibt mehrere Formen musikalischer Ruhe. Dann der alte Meister Palle Mikkelborg (78): Dieser wanderte gemäßen Schrittes über die Bühne, blies tragende Töne in sein Horn und wenn es mal wieder zu elektronisch wurde, stand er abseits und lächelte still in sich hinein.
Draußen Full House bei Funkhaus, wie immer jede Menge Spielfreude und Spaß und bald drinnen die Dance Night: Nils Landgrens Funk Unit zusammen mit Ray Parker jr.. Laut Erlebnisberichten Anwesender wie stets gelungen. Aber da hatte beim Verfasser schon das Freitagnachtkoma begonnen. Nächstes Jahr will ich aber endlich wieder dabei sein …