Winston Churchill – eine der wichtigsten politischen Personen des 20. Jahrhunderts. Das weiß man, das haben wir in der Schule alle gelernt. Auch, dass er den Nobelpreis für Literatur verliehen bekam, gehört zur Allgemeinbildung. Diese Kombination allein ist schon bemerkenswert: Staatsmann und Literat und in beiderlei Hinsicht von Weltruf.
Wer sich dieser Tage nach Lübeck begibt und das Günter Grass-Haus besucht, wird von einem weiteren Talent des berühmten Briten überrascht sein: Dem leidenschaftlichen Maler Winston Churchill. Er soll es auf über 500 Werke gebracht haben. Eine kleine Auswahl ist nun im Günter Grass-Haus zu sehen. Dazu kann man sich über seine Schriften und Reden umfassend informieren.
Die Eröffnung der Ausstellung feierte man in der St.-Aegidien-Kirche am 12. November 2016 in einem würdigen und sehr festlichen Rahmen. Begrüßt wurden die Gäste und Besucher mit dem wundervoll-ohrenbetäubenden Klang der St.-Pauli Pipes & Drums. Die Einstimmung auf das Großartige in Great Britain kam gut an. Es herrschte gute Stimmung im Kirchenschiff, man spürte, dass hier keine x-beliebige Ausstellung eröffnet wurde. Die Schauspielerin Barbara Nüsse las zu Beginn etwas Autobiographisches von Winston Churchill. Der gelesene Auszug beschreibt seinen Kampf mit Farbe und Leinwand, den Bann, den das Tuch mitunter auf den Künstler ausübte und was das Ringen mit Pinsel, Farbe und Leinwand mit dem Mann als Schlachtenführer zu tun hat: ein gelungener Auftakt der Veranstaltung.
Thomas Baltrock, Pastor an St. Aegidien, begrüßte die Anwesenden mit der Beschreibung seines Interesses an Churchill: „Die Psyche eines hoch-kultivierten Gentlements, der in den Krieg zieht, um Frieden zu bewahren – der Mann interessiert mich.“ Warum wählte man diese Kirche als Veranstaltungsort für diese Ausstellungseröffnung? Baltrock: „Von allen Kirchen, die Churchill nicht besucht hat, ist die Aegidienkirche eine der entzückendsten.“
Bürgermeister Bernd Saxe beschrieb das Faszinosum Churchill in der Benennung seiner Mehrfachbegabung. Zudem sei Churchill ein Politiker gewesen, der auch Zweifel hatte – das mache ihn sympathisch und das habe den Briten auch berühmt gemacht. Für Lübeck habe diese Ausstellung eine wichtige, besondere Bedeutung, nicht zuletzt wegen der politisch-historischen Verbindungen zu Großbritannien.
Als facettenreichen Menschen beschrieb denn auch Ministerpräsident Torsten Albig das politische Schwergewicht des 20. Jahrhunderts: „Europas Geschichte des 20. Jahrhunderts ist unzertrennbar mit Winston Churchill verbunden.“ Er sei ein überzeugter Europäer gewesen, der die Demokratie nicht als Selbstläufer, sondern als schützenswert und Kern unserer Freiheit verstand. Mit diesem Europa-Verständnis ist Churchill heute ja noch immer hochaktuell.
„Dies ist die aufwändigste und teuerste Ausstellung des Günter Grass-Hauses“, erklärte Jörg-Philipp Thomsa, Leiter des GGH, in seiner Ansprache. Das kleine, aber feine Museum im Herzen der Lübecker Altstadt könne nur Impulsgeber sein, eine umfassende Werkschau sei leider nicht möglich. Das Günter Grass-Haus als Forum für Literatur und Bildende Kunst veranstaltete bereits früher schon Ausstellungen über Persönlichkeiten, die sich in mehr als einer Disziplin einen Namen gemacht haben. Für Thomsa sei es sehr bedeutsam, das britisch-deutsche Projekt durchzuführen. Ein interessantes Detail der Ausstellung verriet er vorweg: Dieses besondere Blau, das die Ausstellung und alle begleitenden Druckwerke dominiert, ist das berühmte „Churchill-Blau“. Diesen Farbton hat sich der malende Politiker von dem Zürcher Farbenfabrikanten Willy Sax, zu dem sich im Laufe von Jahren eine Freundschaft entwickelte, extra mischen lassen.
Im Rahmenprogramm überraschte die Qualität der orchestralen Klangfülle des Katharineum-Schulorchesters. Unter der Leitung von Dietmar Hampel erklangen schwungvoll interpretiert Werke von Ralph Vaughan Williams (Folk Song Suite III. March „Folk Song from Somerset“), Eric Coates (London Suite „Covent Garden“) und schließlich, zum großen Spaß der Zuhörer, ein Medley aus den James-Bond-Filmmusiken („Spion im Auftrag Seiner Majestät“) – alles mehr oder weniger Zeitgenossen Churchills. Zum Abschluss noch einmal der Klang der Dudelsäcke mit Amazing Grace – mehr Great Britain an einem beschaulichen but yet Special Northern German Bright November Day geht beinahe nicht.
Winston Churchill. Schriften. Reden. Bilder.
Sonderausstellung im Günter Grass-Haus
Ausstellung vom 12.11.2016 bis 12.02.2017
Öffnungszeiten: 01.01.-31.03. | Di-So | 11-17 Uhr
01.04.-31.12. | Mo-So | 10-17 Uhr
Fotos: (c) Susanne Birck
Kommentare