Filmszene aus 'Unser Mann in Amerika', Foto: (c) Nimbus Film

Eröffnungsfilm der 62. Nordischen Filmtage
„Unser Mann in Amerika“ - Diplomat mit dem Messer an der Kehle

April 1940. Dänemark, USA, Grönland. Und dazwischen agiert er, der dänische Gesandte Henrik Kauffmann, der die Interessen Dänemarks in Übersee vertritt. Noch.

Denn im fernen Europa herrscht Krieg, Dänemark wird von deutschen Truppen besetzt. Entgegen der Politik seines Heimatlandes erklärt sich der Botschafter zu einem Vertreter eines freien Dänemark und wird nach und nach von weiteren Auslandsvertretungen unterstützt. Zudem bittet er Präsident Roosevelt um Hilfe. Brisant: Kauffmann initiiert eigenmächtig, ohne Mandat seines Landes, ein Abkommen mit den USA – das Grönlandtraktat von 1941, welches die militärische Präsenz der Amerikaner in Grönland ermöglichte. Als Gegenleistung sollten die USA zusichern, Grönland während der Kriegsjahre zu unterstützen. Haken bei der ganzen Sache war, dass die USA ein dauerhaftes Vetorecht hinsichtlich Änderungen des Traktats erhielten, was bis heute zwischen Dänemark und den USA diskutiert wird.

Filmszene aus 'Unser Mann in Amerika', Foto: (c) Nimbus FilmFilmszene aus 'Unser Mann in Amerika', Foto: (c) Nimbus Film

Vor diesem historischen Hintergrund entwirft die Regisseurin Christina Rosendahl ein filmisches Kammerspiel, dessen Fokus auf der Person Henrik Kauffmann liegt. In den äußerst unruhigen Zeiten in Europa verbringt Kauffmann – eindrücklich dargestellt von Ulrich Thomsen – sein Diplomatenleben weit entfernt in Washington. Loyaler, zugleich ungehorsamer Vertreter seines Landes, weltoffen und selbstüberzeugt, Familienmensch, untreuer Ehemann, wegen Hochverrats angeklagt, nach Kriegsende als Nationalheld gefeiert. Ein persönliches diplomatisches Drama, das außergewöhnlich ist, politisch für Dänemark bzw. Grönland weitreichende Folgen nach sich zog und privat in einer Tragödie endete.

Aus all diesen Zutaten könnte man einen packenden Thriller machen. Doch die Filmemacherin Rosendahl entschied sich für leisere Töne. Sie porträtiert den bedeutsamen Lebensabschnitt eines Mannes, der beruflich wie auch privat vor dem Dilemma der moralischen Integrität steht. Als Staatsmann gelingt es ihm, auf privater Ebene hingegen kaum. Es geht um den Einblick in die Persönlichkeit eines Mannes, der dänische Geschichte geschrieben hat, wie es in einem seiner Nachrufe heißt.

Filmszene aus 'Unser Mann in Amerika', Foto: (c) Nimbus FilmFilmszene aus 'Unser Mann in Amerika', Foto: (c) Nimbus Film

Kriegsbilder, Action-Szenen, dramatisierende Filmmusik erleben wir in diesem Biopic nicht. Ganz im Gegenteil: Ruhige Sequenzen, wenige Kamerabewegungen, viel Dialog. Verzicht statt Überladung. Personen statt Effekte. Da wir Zuschauer mittlerweile Geschwindigkeit und spektakuläre Bilder im Überfluss gewöhnt sind, muss man ein wenig Film-Geduld haben. Die Spannung entwickelt sich, fein und fokussiert. Am Ende bleibt der Appell, das zu tun, was richtig ist.


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