Wolfgang Haffner's Dreamband auf der Maritim Main Stage

31. JazzBaltica 2022
Wolfgang Haffner's Dreamband - Der Höhepunkt des ersten Festival-Tages

Bei strahlend blauem Wetter hat Donnerstag das 31. JazzBaltica-Festival eröffnet. Traditionell wurde es mit dem groovigen Auftritt der Bigband des Ostseegymnasiums als „WarmUp“ auf dem rappelvollen Timmendorfer Platz gestartet. Die Sonne knallte auf die gut 700 Zuschauer danieder, während so manches Kaltgetränk in die durstigen Kehlen gelangte.

Angeführt von den drei Stargästen (Festival-Leiter Nils Landgren mit seiner roten Posaune, Trompeter Ingolf Burckhard und Saxophonist Bill Evans) intonierte die bestens aufgelegte Schüler-Band einige Klassiker von zum Beispiel Herbie Hancock (Cantaloupe Island) oder Blue Bossa von Meister Landgren himself. Das sorgte schon einmal für viel Applaus für die hoch talentierten Jungmusiker unter ihrem Leiter Axel Ster.

Dann folgte der Höhepunkt des ersten Festival-Tages: Deutschlands bester Jazz-Schlagzeuger Wolfgang Haffner hatte sich mit seiner Dreamband für den großen Saal des Maritim-Hotels angesagt. Aber wieder einmal spielte Tausendsassa Nils Landgren die erste Geige. Eigentlich wollte der Meister nur schnell „Moin“ zum ausverkauften Haus sagen. Daraus wurde aber nichts. Schleswig Holstein Musik-Festival-Chef Christian Kuhnt und Mitarbeiter ehrten den umtriebigen Festival-Leiter für 10 Jahre Arbeit mit einem weißen Overall, den er schon einmal als originellstes Outfit getragen hatte.

Nils LandgrenNils Landgren

Aber dann kam endlich Star-Trommler „Wolfie“, Wolfgang Haffner auf die Bühne und nahm Platz hinter seinem auf einem erhöhten Podest stehendem Drum-Set und legte gleich mit einem satten Solo vor. Dann trudelten seine „Dream-Boys“ ein: Allesamt absolute Weltstars der Jazz-Szene: Trompeter-Legende Randy Brecker, Saxophon-Ass Bill Evans, der schon mit Miles Davis gespielt hat, Nils Landgren natürlich, Tim Lefebvre am Bass, Christoph Dell am Vibraphon und Simon Oslender an diversen Tasten-Instrumenten.

Ein super-cooles Bühnenbild mit frei schwenkbaren runden Spiegel-Licht-Reflektoren, die sich rauf und runter beamten von der Bühnendecke, einer geschmackvollen Lightshow und einem extra-satten Sound bestimmten den Abend, für den Haffner erstmal ein“komplettes Ausflippen des Publikums“ einforderte, das man dann später vor jedes Konzert mischen könnte. Kurz erklärte er dann noch, wie es zu dieser einmaligen Aufstellung der DreamBand gekommen sei: Mit seinem Promoter Karsten Jahnke hatte er letztes Jahr das Projekt abgesprochen, um mit diesen Super-Stars des Jazz durch Deutschland zu touren. Daraus wurde ein Live-Album, das fast völlig während des Abends präsentiert werden solle.

Wolfgang Haffner's DreambandWolfgang Haffner's Dreamband

Und natürlich legten die sieben Jungs auch erstmal kräftig los. Jeder bekam seine Möglichkeit, seine besondere Klasse an seinem jeweiligen Gerät per Solo zu beweisen. Aber auch als BigBand funktionierte der routinierte Haufen bestens. Da wurde gegrooved und geswingt was das Zeug hergab. Wilde Improvisationen folgten auf rhythmischen Dialogen. Star-Saxophonist Bill Evans bewies, dass er auch wunderbar Klavier spielen und singen kann. Mit „Where is the soul, now? bezauberte er das Publikum.

Dann folgte ein sehr experimenteller, avantgardistischer Teil vom letzten Solo-Album von Wolfgang Haffner, welches er nur mit Bass und Piano-Begleitung spielt. „Dante Hueltas“ erscheint teilweise afrikanisch oder orientalisch beeinflusst. Dann wiederum arrangierte er sein Stück sehr druckvoll und dynamisch, während die Decken-Beleuchtung die Szenerie in mystisches Licht tauchte. Schlussendlich ging die Nummer in sehr zarten, fast zärtlichen Tönen zu Ende, während sich die drei Musiker förmlich in ihre Instrumente sinken ließen. Eine unglaublich vielseitige und wunderschöne Nummer. Wie überhaupt das gesamte Konzert, wo eigentlich jeder zu seinem Recht kam, ohne wirklich belanglos zu werden.

Wolfgang Haffner's DreambandWolfgang Haffner's Dreamband

Mal klang es sphärisch, ja surrealistisch, verspielt absurd und witzig, dann gab es wieder die volle Breitseite der Bläser. Vom Hoch-Geschwindigkeits-Jazz hin zu melodiösen Frank Sinatra Bar-Jazz zu später Stunde bis zu Sound-Kaskaden, die die Ohren klingeln ließen. Auch wenn „Opa Brecker“ teilweise den Überblick verlorund etwas verwirrt wirkte, wenn er die Noten-Blätter durcheinander kriegte oder Landgren sein Trompeter-Mikro richten musste, an seinen unglaublichen Trompeter-Qualitäten ließ er absolut keine Zweifel aufkommen. Dann wieder gab es einen herrlichen musikalischen Wettstreit zwischen Vibrafon und Elektro-Piano, während Bass und Drums den nötigen Background-Teppich voller Druck legten.

Nils Landgren überzeugte dann auch noch mit einer wundervollen Gesangs-Einlage, die fast schon zum Weinen schön genannt werden könnte. Mit Standing Ovation erkämpfte sich das begeisterte Publikum am Ende dann doch noch eine Zugabe, zu der Haffner mit zwei bunten Kinder-Plastik-Hämmern an den Bühnenrand trat. Fröhlich trommelte er sich auf Kopf und Schenkel, während das Volk johlte. Doch dann kam noch einmal die gesamte Mannschaft auf die Bühne und spielte zwei weitere Nummern. Mit einer wunderbar sanft intonierten Jazz-Ballade wurde das geschaffte Publikum aus der stickigen Halle dann in die lauschige Timmendorfer Sommernacht entlassen.

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

Sie haben keine Berechtigung hier einen Kommentar zu schreiben.