Einsingen 14:15 Uhr, Auftritt 16:31 Uhr. Eigentlich rechnet niemand damit, dass ein so strenger Zeitplan auf die Minute eingehalten werden kann, wenn elf Chöre, ein Bläserkreis, die Orgel, die Gemeinde und sogar alle gemeinsam agieren.
Wer wirklich besondere Konzerte mag, sollte seine Schritte vielleicht öfter einmal in die Propsteikirche lenken (auch und gerade bei heißem Wetter), die immer wieder für faszinierende Überraschungen gut ist. So auch am letzten Sonnabend, wo im Rahmen der Festtage „10 Jahre Kuhn-Orgel“ ein außergewöhnliches Abendprogramm für Percussion & Orgel stattfand, dargeboten von Cornelia Monske (Schlagwerk) und Kerstin Petersen (Orgel). Wenn bei einem Kirchenkonzert Johann Sebastian Bach zwar an zentraler Stelle im symmetrisch aufgebauten Programm, aber als absoluter Außenseiter neben den ansonsten zeitgenössischen Komponisten steht, will das schon etwas heißen.
Das war schon kein Kändler Light Dinner mehr (s. Dorit Meyer Dorn und Röschen), sondern Kändler Heavy (denn von „Dark“ kann hier wohl wirklich keine Rede sein), und wen die Vorstellung einer eben solchen bei Kerzenlicht angesichts des tollen Wetters abgeschreckt haben sollte, hat im Juni noch viermal die Gelegenheit, sich zwei Stunden von Manfred Upnmoor bestens unterhalten zu lassen.
Gibt es eine Person im Raum, für die Ulla Meinecke kein Begriff ist? Schwer vorstellbar! Hier sitzen diejenigen, die sie irgendwann schon einmal erlebt haben, auf deren Feten Anfang der Achtziger ihre Musik fester Bestandteil war oder die froh sind, jetzt endlich noch die Chance zu bekommen, die sie früher verpasst haben, nämlich diese Größe der deutschen Rock-Pop-Szene live auf der Bühne zu sehen. Deshalb wird auch nicht lauthals über den wirklich gepfefferten Eintrittspreis von 24 Euro gemurrt. Schließlich tritt hier nicht irgendwer auf und da will sich niemand lumpen lassen.
Blauer Engel, Lübeck, Clemensstraße. Hier konzentrierte sich Ende des 19. Jahrhunderts auf Ratsbeschluss das gesamte Bordellgewerbe der Hansestadt, hier machte Heinrich Mann seine ersten „sinnlichen Lebenserfahrungen“, die sich in seinem Professor Unrat niederschlugen, hier gab es – nach offiziellen Angaben – noch bis 2006 Prostitution. Wir befinden uns im kaum verblichenen „Red Light District“. In einem veritablen so genannten Freudenhaus, einem ehemaligen natürlich. Jetzt aufs Vortrefflichste im Jugendstil renoviert und zum Restaurant umgestaltet, atmet es alles andere als die ganz gewöhnliche Luft des verruchten Viertels, und es bedarf bereits nackter Frauengestalten auf rot gestrichenen Wänden, um auf spielerische Weise an den Geist vergangener Zeiten erinnert zu werden, als sich die Freier hier die Klinke in die Hand gaben.
Letzten Samstagabend in der Lübecker Musik- und Kongreßhalle: Die Neuinszenierung des Phantoms der Oper mit der Musik von Peter Moss und Deborah Sasson in der Rolle der Christine steht auf dem Programm. Über 800 Besucher strömen in den Saal und nehmen ihre Plätze ein. Und dann kommt alles anders als erwartet.
Lesung 2 +, Ambiente 4 – … Was vorgelesen wird, muss vor allem gut zu hören sein. Wie ist es da bloß möglich, dass offenbar vor Beginn der Veranstaltung kein richtiger Sound-Check gemacht wurde oder wenn doch, dann ohne die Hauptperson? Juli Zeh bemerkte sehr treffend, dass sie hinter der aufgebauten Technik ja buchstäblich verschwände, und rückte deswegen zu Beginn in wohlmeinender Absicht Lichtquelle und Mikro zurecht, was leider ein ziemlich beschwerliches Zuhören zur Folge hatte.
Ist die Darstellerin der Frau Fluth in der heutigen B-Besetzung tatsächlich erst im ersten Semester (statt im 6., wie das Programm vermerkt)? Offenbar, denn sie hat die Aufnahmeprüfung ja erst vor dem letzten Herbst absolviert und dann nicht einmal fürs Bühnenfach. Aber für diese Produktion, die zusätzlich zum normalen Studienbetrieb stattfand und in äußerst kurzer Zeit zu bewältigen war, wurden alle sängerisch Mitwirkenden zum Vorsingen bestellt, wurden also regelrecht gecastet. Musste man dann unbedingt Frau Fluth mit einem Erstsemester besetzen? Ist das nicht geradezu gefährlich und verdirbt die Stimme? Ja sicher, aber wir wurden ja nicht gefragt. Wer ist denn dafür verantwortlich? Der Herr, der über uns wohnt. Wer mag das nun sein?
Eine Stunde vor Beginn der Vorstellung in der Neuen Rösterei ist der Raum noch leer, aber sämtliche Plätze sind bereits reserviert. Wir drei unwissende Neulinge müssen uns mit inoffiziellen Plätzen zwischen den mit Kerzen und Knabbereien dekorierten Tischen begnügen, was uns nicht weiter stört, insbesondere, da uns der Hausherr persönlich noch mit den im Preis inbegriffenen Getränken versorgt. So sei das hier nun mal, wird uns gesagt, und Hauptsache, das Kabarett werde gut besucht. Das finden wir auch und bleiben noch länger unter uns, denn die anderen Gäste trudeln erst auf den letzten Drücker ein.