Zwei Klarinetten (v.r. Liana Leßmann, Julia Puls), Foto: LMN

Sonntagskonzert von „Live Music Now“ im Rathaus
Musik heilt, Musik tröstet, Musik bringt Freude

LMN hatte wieder zur musikalischen Audienz gebeten, diesmal in den Raum, der für Hörenswertes allein vom Namen her schon prädestiniert ist, in den Audienzsaal des Lübecker Rathauses.

LMN, das vielleicht manchem geheimnisvolle Kürzel, sei auch hier noch einmal erläutert, weil sein schönes, sein besonderes Anliegen nicht oft genug erklärt werden kann. Es steht für „Live Music Now“, für eine Organisation, die 1977 von dem Geiger Yehudi Menuhin unter dem Motto „Musik heilt, Musik tröstet, Musik bringt Freude“ ins Leben gerufen wurde. Er wusste, wie mächtig Musik wirkt, nicht allein auf die Menschen, die sie ausüben, auch auf die, die sie nur hören. Auch denen oder vielleicht gerade ihnen, die aufgrund ihrer Lebenssituation zu einem Konzertbesuch nicht fähig sind, wollte er sie zugänglich machen. Junge, hochgradig ausgebildete Musiker sollten deshalb in Krankenhäuser oder Hospize, in Gefängnisse oder Heime jedweder Art gehen, um sie dort zum Erlebnis zu machen. Menuhin wusste, das bereichert auch die Ausführenden, die unter besonderen Bedingungen über ihre Musik und ihr vermittelndes Wirken mehr erfahren als im normalen Musikleben.

Seit 2004 betreut der Ortsverband in Lübeck, einer von 20 in Deutschland, jährlich etwa 70 bis 80 derartiger Auftritte. Um selbst bekannt zu werden, wird die „stille“ Arbeit durch Konzerte an markanten Orten ergänzt, denn die ehrenamtliche Arbeit erfordert von den 13 Mitgliedern des Ortsgremiums viel Einsatz, zumal die LMN-Stipendiaten mit einem kleinen Honorar belohnt werden. An diesem 26. November nun wurden im ehrwürdigen Empfangssaal sechs von ihnen vorgestellt. In einem geschickt angeordneten Programm umrahmten sie im Solo, im Duo und im Trio ein bereits professionell arbeitendes Ensemble mit zwei Sängerinnen und zwei Lautenisten. Sie, die „Capella Ostinato“, seien „alte Hasen“, wie sie sich in ihrer kurzen Einführung vorstellten, ihr Auftritt diene, LMN musikalisch zu unterstützen. Im Sommer hatten sie im Rahmen der „Lübecker Lauten Lust“ mitgewirkt, bei einem Konzert, über das Soheyla Sadr am 14.06.2017 in „unser Lübeck“ berichtete. Für diesen Auftritt hatten sie sechs zweistimmige Liebeslieder aus dem Früh- und Spätbarock ausgewählt, von ihren Lautenisten Ulf Dressler und Ralph Lange virtuos und stilsicher begleitet. Wieder war es eine Freude, Zsuzsa Bereznai und Lidwina Wurth zuzuhören. Mit viel Bedacht gestalteten sie die mal besinnlichen, mal heiter kecken Kompositionen. Henry Purcell rahmte dabei mit dem prachtvollen „Sound the trumpet“ und dem ironisch augenzwinkernden „What can we poor females do?“ Gesänge unterschiedlicher Thematik von Marco da Gagliano, Claudio Monteverdi und Giacomo Togliani.

Irene Aristei (Harfe), Foto: LMNIrene Aristei (Harfe), Foto: LMN

Als erste der Stipendiaten stellt sich die Harfenistin Irene Aristei vor, Mitglied im Duo Eliotes. Die in Genua Gebürtige hatte 2013 ihren „Master of Music“ an Lübecks Musikhochschule abgelegt. Mit Carlos Salzedos „Chanson dans la nuit“ führte sie ihr Instrument bei einem sehr farbigen, impressionistisch klingenden Werk vor, um dann mit „Baroque Flamenco“, einer Komposition der Kalifornierin Deborah Henson Conant, modernere Klangmittel zu demonstrieren. Hier war Jazzartiges mit der spanischen Musik verbunden, deren Hauptinstrument, die Gitarre, klanglich durchschimmerte.

Darauf folgten die beiden Klarinettistinnen Liana Leßmann und Julia Puls, die seit vier Jahren bei Sabine Meyer und Reiner Wehle studieren. Sie bilden zusammen mit einem Fagottisten das „Trio con Brio“. Auch ihr Programm zeigte mit einem vorklassischen Duett von Carl Philipp Emanuel Bach, dem wohl frühesten Originalwerk für diese Besetzung, und einer Sonate von Francis Poulenc, einer Komposition voller Klangvirtuosität, wieder das Prinzip, das sich historisch verändernde Klangspektrum bei ihrem Instrument aufzuzeigen.

Trio ClariNoirTrio ClariNoir

Diesem Prinzip war auch das „Trio ClariNoir“ verpflichtet. Die Brüder Ivo und Ilja Ruf gehören ihm an sowie Nikolai Gast. Sie begannen klassisch mit dem Allegro, dem ersten Satz aus Mozarts Divertimento No. 3. In einer Trio-Version von Piazollas „Oblivion“ glaubte man, das schwere Luftziehen eines Bandoneons zu hören, so geschlossen fanden sich die drei Klarinettisten im ausdrucksvollen Spiel zusammen. Noch einmal widmeten sie sich dem argentinischen Tango mit Anselmo Aietas „Palomita Blanca“, bevor sie mit einer Komposition im Jazzstil ihren Programmbeitrag beendeten. „True Future“ ist der Titel dieser Komposition von Ilja, des mit 16 Jahren Jüngsten von ihnen. Erlebt man sie, hat man bei solcher Leichtigkeit im Spiel und im Umgang mit den Stilmitteln des Jazz keine Sorge um ihre Zukunft. Das beeindruckte Publikum bat um eine Zugabe und erhielt sie mit einem rasanten Rimski-Korsakowschen „Hummelflug“.


Sie haben keine Berechtigung hier einen Kommentar zu schreiben.