Trine Dyrholm in Lübeck, Foto: (c) Holger Kistenmacher

63. Nordische FIlmtage
Film ab - die Nordischen Filmtage sind gestartet!

Gleich am Eröffnungstag der 63. Nordischen Filmtage Lübeck strömten die Massen in den Filmpalast Stadthalle. Mit Maske und Impfpass bewaffnet, trauten sich erstaunlich viele Besucher/innen ins Kino. Gleich zu Beginn der Eröffnungsveranstaltung wurde der diesjährige Stargast des Festivals, die großartige dänische Schauspielerin Trine Dyrholm mit dem Ehrenpreis der Filmtage geehrt.

Die sichtlich gerührte Ausnahme-Künstlerin erhielt den neu geschaffenen Preis in Form eines alten Lübecker Backsteins aus den Händen von Thomas Hailer, dem künstlerischen Leiter der Filmtage, für ihr Lebenswerk verliehen. In ihrer Laudatio lobte ihre Kollegin und Freundin Annette Olesen die Vielseitigkeit von Dyrholm, was sich auch in der Hommage von fünf ganz unterschiedlichen Filmen, die während des Festivals auf dem Programm stehen, ausdrückt.

Unter anderem sind "Nico", "Little Soldier", "Love is all you need" und "Queen of Hearts" mit ihr zu sehen. „Stellvertretend für uns alle steckt sie ihre Hand in Abgründe von Angst, Liebe, Glück, Einsamkeit, Sünde, Freundschaft, Sex, Wahnsinn, Macht und Freude“, erklärte Olesen. Obwohl die noch nicht einmal 50jährige Schauspielerin bereits jetzt für ihr Lebenswerk gefeiert werde und viel Mut in ihren Filme beweist, sei sie aber privat von lustiger Angst geplagt. So musste Olesen schon einmal bei einem privaten Treffen eine tote Maus entsorgen, vor der sich Dyrholm fürchtete und fast gelähmt erstarrte, plauderte sie eine nette Anekdote aus.

Ehrenpreis für Trine Dyrholm, Foto: (c) Holger KistenmacherEhrenpreis für Trine Dyrholm, Foto: (c) Holger Kistenmacher

Danach wurde es aber rasant und schräg. Der isländische Eröffnungsfilm „Cop Secret“ kam als grandioser Action-Streifen daher, allerdings gepaart mit einer reichlichen Prise Satire und Spaß. Der Film war eigentlich nur für Island gedacht, erklärte der Regisseur Hannes Halldorsson im Publikumsgespräch nach der Aufführung. Deshalb dürften auch die Zuschauer nicht alle Kuriositäten, die sie in den Film gestreut hatten, verstehen, sagte der Filmemacher, der im Hauptberuf eigentlich als Fußball-Torwart der isländischen National-Mannschaft fungierte. Das hatte dementsprechend auch eine sehr schwierige Planung und Organisation der Filmarbeiten zur Folge. Morgens Training, nachmittags Filmen und jedes Wochenende ein Spiel. Die Koordination aller Termine war sehr schwierig, betonte der gut gelaunte Regisseur, der auch noch seinen Schauspieler und Comedian Sverre dabei hatte.

Aber worum geht es in dieser schrägen Action-Komödie? Der Polizist Bussi, der härteste Cop von Reykjavik, hat es nicht nur mit einer schießwütigen Bande zu tun, die Banken überfällt, aber anscheinend nichts stiehlt. Dienstvorschriften und Alkohol im Dienst sind kein Maßstab für den Vorzeige-Polizisten, der allerdings ein großes, geheimes Problem hat, als er erkennt, dass er schwul ist und sich in seinen smarten Kollegen verliebt.

Filmszene aus 'Cop Secret', (c) AliefFilmszene aus 'Cop Secret', (c) Alief

Ansonsten wird erstmal gefeuert, was die großkalibrige Knarre hergibt, bevor Fragen aufkommen. Wilde Verfolgungsjagden führen durch eine scheinbar urbane Großstadt mit glitzernden Hochhäusern und Straßenschluchten, die es so in der isländischen Hauptstadt gar nicht gibt. In einer Mischung aus Bruce Willis, Clint Eastwood und Chuck Norris ballert er sich durch den Film, hinterlässt einen Haufen Leichen in orangenen Anzügen, die einem Tarantino gut zu Gesicht stehen würden und säuft wie ein Loch.

Es gibt Anleihen und Verweise auf berühmte Filme, wie den Paten oder Chinatown von Polanski. Natürlich gibt es auf Island kein Chinatown und die isländische Polizei ist normalerweise auch nicht mit Waffen ausgerüstet, wie der Island-Kenner schnell bemerkt. Aber der Film macht Spaß und hat eine unglaubliche Dynamik, wenn man bedenkt, dass er nicht einmal 2 Millionen Euro Budget hatte. Außerdem geht es auch noch um eine Bombe, die im Stadium platziert ist, wo die isländische Frauen-Nationalmannschaft gerade ein entscheidendes Qualifikationsspiel vor ausverkauften Haus austrägt, und die gesamten Gold-Reserven des Landes stehen auf dem Spiel.

Volles Haus beim Eröffnungsfilm, Foto: (c) Holger KistenmacherVolles Haus beim Eröffnungsfilm, Foto: (c) Holger Kistenmacher

Es darf also gelacht und mitgefiebert werden, ob alles gut ausgeht, auch mit der Liebe. Ein amüsanter Streifen der besonderen Art. Mal schauen, was die Filmtage noch so an cineastischen Perlen dieses Jahr zu bieten haben.

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

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