Das Entschwinden, Foto: (c) Pluto Film

Mein erster Film dieses Jahr – "Das Entschwinden"
Typisch Nordische Filmtage

Mein erster Film dieses Jahr bei den 59. NFL: „Das Entschwinden“ und es kommt mir vor, als hätte ich das Gesehene schon einmal gesehen: Ganz viel Weiß, ganz viel Schnee, ganz viel Kälte.

Dazu vier Charaktere, die sich wenig bis nichts zu sagen haben, Kommunikationslosigkeit auf allen Ebenen. Dafür sprechen die Bilder. Worum geht’s? Die Fotojournalistin Roos besucht wie alle Jahre die Mutter Louise, früher mal eine berühmte Konzertpianistin, die sich in den hohen Norden Norwegens zurückgezogen hat, Schlittenhunde züchtet und ein paar Dorfkinder am Klavier unterrichtet. Meist haben sie sich nicht viel zu sagen und gehen im Streit auseinander. Doch dieser Besuch hat ernste Gründe. Roos ist schwer und unheilbar an Krebs erkrankt und versucht ein letztes Mal, Frieden mit der harten Mutter zu schließen. Vorwürfe, alte Verletztheiten und Missverständnisse verhindern zunächst alle Versöhnungsversuche.

Das Entschwinden, Foto: (c) Pluto FilmDas Entschwinden, Foto: (c) Pluto Film

Auflockerung entsteht durch den kleinen Stiefbruder, der alle möglichen Sounds sammelt und daraus wunderbarste Ton-Collagen bastelt. Herztöne der Mutter und Schwester gesampelt mit den Klängen von Eiszapfen und Tieren verführen zum Träumen und Staunen. Gleichzeitig trifft Roos ihre alte Liebe Jonny und verlebt glückliche Momente mit Sex und Alkohol. Aber trotzdem bleibt die Grundstimmung des Kammerspiel-artigen Films traurig-melancholisch. Der Altmeister Ingmar Bergmann stand Pate zu dieser ersten niederländisch-norwegischen Filmproduktion von Boudewijn Koole. Ausweglosigkeit und tiefe Trauer prägen den Film, der sich hauptsächlich über die Bilder und Musik entwickelt und unausweichlich in einer großen Konsequenz endet, die ich aber hier nicht verraten möchte.

Ein Film für Liebhaber nordischer Filme mit grandiosen Landschaftsaufnahmen, drastischen Bildern einer Elchkuhtötung, nachdem sie von der Hauptdarstellerin angefahren wurde, und wunderbaren Ideen, was man mit Eis, Kälte und Tönen so anstellen kann. Taschentücher nicht vergessen, es darf geweint werden.

Das Entschwinden, Spielfilm, Niederlande / Norwegen 2017, 92 Min., OF, engl. UT

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

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