Backstein-Preis-Verleihung für ein Drehbuch mit Lübeck-Bezug: Susanne Kasimir (Geschäftsführung NFL), Prof. Dr. Wolfgang Sandberger (Vorstandsvorsitzender Possehl-Stiftung), Felix Röben (Preisträger), Marcel Winckler (Jury-Mitglied), Kristina Dreit (Preisträgerin) und Thomas Hailer (Künstlerischer Leiter NFL)

NFL 2025
Die 67. Nordischen Filmtage Lübeck sind eröffnet

Wie üblich wurden die 67. Filmtage im Rahmen einer feierlichen Eröffnungsveranstaltung gestartet. Auch wie üblich führte die charmante Moderatorin Loretta Stein gewohnt souverän durch den Abend und begrüßte zunächst alle möglichen prominenten Gäste aus Politik, Kultur und Filmschaffen.

Daran schlossen sich die Danksagungen an alle Förderer, Unterstützer und Beteiligten Mitarbeiter an, die die 67. Filmtage erst möglich machen, wie Susanne Kasimir als geschäftsführende Leiterin und Thomas Hailer als künstlerischer Leiter der Filmtage erklärten.

Der Leiter der Possehlstiftung versprach die Absicherung der Drehbuch-Stipendien für die nächsten drei JahreDer Leiter der Possehlstiftung versprach die Absicherung der Drehbuch-Stipendien für die nächsten drei Jahre

Dann wurde es richtig feierlich, denn mit Prof. Dr. Wolfgang Sandberger, dem Leiter der Possehl-Stiftung kam ein Gast auf die Bühne, der nicht nur Preise zu verteilen hatte, sondern auch noch eine großartige Zusage machte. Die Possehl-Stiftung wird auch die nächsten drei Jahre über 450.000 Euro ausschütten, um junge Filmemacher und Drehbuchautor*innen zu fördern.

Den diesjährigen Drehbuch-Preis mit Lübeck-Bezug erhielt ein Duo: Felix Röben und Kristina Dreit für ihr Film- und Installationsprojekt „Deep Blue Sky“. Eine dreiköpfige Jury hatte dies entschieden, wobei Marcel Wickler als deren Stellvertreter den symbolischen Lübecker Backstein als Preis übergab. Die zweiten 35.000 Euro plus Projektbegleitung und dramaturgische Beratung für ein neues Kinoprojekt erhielt ein alter Bekannter der Filmtage: Laurenz Perol, der bereits 2023 für seinen Film „Üben, Üben,Üben“ den Preis für das beste Filmdebüt vom Freundeskreis der Filmtage zugesprochen bekam.

Drehbuchpreis für ein Kinoprojekt: Laurenz PerolDrehbuchpreis für ein Kinoprojekt: Laurenz Perol

Weiter ging es mit der Überreichung des Ehrenpreises der Filmtage an den wunderbaren norwegischen Regisseur Bent Hamer, der seit vielen Jahren die NFL mit seinen humorvollen, aber voller Sympathie für die Protagonisten gestalteten Filmen besucht. Fünf davon werden im Rahmen der Hommage gezeigt: u.a. Eggs, Kitchen-Stories und Factotum. Als Laudator war der US-amerikanische Produzent und Freund des Regisseurs, Jim Stark nach Lübeck gekommen, um herauszustellen, wie bodenständig, aber trotzdem herausragend in Filmarbeit und Schnitt die Arbeiten von Hamer seit Jahren sind. Stark selbst ist als Produzent vieler bedeutender unabhängiger Filmemacher bekannt, wie zum Beispiel Jim Jarmusch. Er würdigte insbesondere den speziellen Humor des außergewöhnlichen Filmemachers, der trotz aller internationaler Arbeit nie den familiären Bezug und die besondere Zusammenarbeit zwischen Schauspieler*innen und Regisseur vergesse.

Laudator für den Ehrenpreis war der US-amerikanische Produzent Jim StarkLaudator für den Ehrenpreis war der US-amerikanische Produzent Jim Stark

Dann endlich wurde der Eröffnungsfilm gestartet: „The last Viking“ (Therapie für Wikinger) vom renommierten dänischen Regisseur Anders Thomas Jessen (In China essen sie Hunde, Dänische Delikatessen oder Adams Äpfel). Allerdings beginnt und endet der typisch skurrile nordische Film mit viel schwarzem Humor und einem äußerst spielfreudigem komödiantischem Personal mit einer Zeichentrick-Story einer Sage: Es war einmal ein Dorf, in dem alle die gleichen Rechte haben sollten. Dann aber verlor ein Mann namens Baldur den rechten Arm. Damit er sich nicht als Außenseiter fühlen sollte, befahl der Häuptling, dass allen anderen Leuten im Dorf ebenfalls der rechte Arm abgeschlagen werden sollte. Somit waren wieder alle gleich!

Soweit der Einstieg in eine oberflächlich betrachtet turbulente Geschichte einer Gangsterkomödie. Im Zentrum des Films stehen die beiden Brüder Manfred (Mads Mikkelsen) und Anker (Nicolaj Lie Kaas), der nach 15 Jahren aus dem Gefängnis nach Hause kommt. Er war wegen eines Banküberfalls im Knast gelandet. Vorher hatte er seinem Bruder aber noch den Schlüssel für ein Schließfach mit der Millionen-schweren Beute übergeben, damit Manfred diese in der Nähe des alten Elternhauses der Brüder vergraben sollte. Jetzt soll er natürlich Anker verraten, wo er die Kohle eingebuddelt hat, aber hier beginnen die Probleme; denn Manfred will neuerdings nur noch John sein, nach John Lennon. Jedesmal, wenn ihn jemand Manfred nennt, springt er sofort aus dem nächsten Fenster oder lässt sich aus dem fahrendem Auto fallen. Außerdem hat er ein Faible dafür entwickelt, Hunde zu befreien, indem er die seinen Besitzer*innen klaut. Dann taucht leider auch noch ein alter Kumpel und Mittäter von Anker auf, der mit brutaler Gewalt mehr von der gemeinsamen Beute will.

Ehrenpreisträger Bent Hamer zwischen Thomas Hailer und Jim StarkEhrenpreisträger Bent Hamer zwischen Thomas Hailer und Jim Stark

Also brechen Anker und Manfred/John auf in den Wald zum Elternhaus und beginnen zu graben. Dabei kommt aber zunächst nur das Skelett des alten Familien-Hundes zu Tage. Dann wird es wirklich skurril, denn mittlerweile wohnt ein schräges Pärchen im Elternhaus und einstige Bandkollegen von John Lennon, alias Manfred tauchen aus der Psychiatrie auf, um die Beatles wiederzubeleben. Alle sind nicht so richtig normal und haben psychiatrischen Diagnosen, wie Persönlichkeitsstörungen oder multiple Persönlichkeiten. Heraus kommen dabei aber eher Abba-Songs, viel Blut und Tränen, weil der gewalttätige Ex-Kumpel von Anker auftaucht und sich weitere alte Familien-Traumata auftun.

Irgendwann fragt sich der Betrachter: Was und wer ist hier eigentlich noch normal und wer nicht. Und wer definiert das eigentlich? Komik und Tempo des Films nehmen zu, obwohl gleichzeitig die eigentliche Schatzsuche weitergeht. Mehr will ich hier jetzt mal nicht verraten, denn der Film ist absolut sehenswert!

Loretta Stern führte durch den AbendLoretta Stern führte durch den Abend

Fazit: So dürfen die Filmtage gerne weitergehen. Wir sehen uns im Kino.

Fotos: (c) Holger Kistenmacher

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

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