Der Freitag
Superkunstfestival 2024

Die Voraussetzungen für ein erfolgreiches diesjähriges Festival erschienen anfänglich eher schlecht. Da war zunächst das Wetter der letzten Tage mit Schauern und fiesen Temperaturen um die 14 Grad tagsüber, sowie die starke Konkurrenz durch das Eröffnungsspiel der Fußball-Europameisterschaft, welches die deutsche Mannschaft mit einem grandiosen 5:1 für sich entscheiden konnte.

Aber die Verkaufszahlen und der Anmarsch der Fans am Freitag nachmittag sprachen eine andere Sprache. Fast ausverkauft, hieß es von den Veranstaltern, die sich sicher waren, erneut fast 36.000 Besucher auf dem bunt geschmückten Gelände der Diakonie NordNordOst in Vorwerk begrüssen zu dürfen. Die ersten Gästen wurden dementsprechend mit einem DJ-Set von Guetschow & Wirger und bunten Stelzenläufern empfangen. „Gimme, Gimme, Gimme“ von ABBA beschallte das eintrudelnde Publikum, die erst einmal eine Runde über das Festivalgelände drehten.



Dabei konnten sie einige Neuerungen erblicken: So gibt es jetzt über die Tage einen „Safer Space“, wo alle hingehen können, die sich aus irgendwelchen Gründen unwohl fühlen. Dafür wurden überall Schilder mit der Frage „Wo ist Panama?“ aufgehängt, damit man Hilfe bekommt, wie es bereits bei einigen großen Festival üblich ist. Dazu gibt es ein weiteres Zirkuszelt, den sogenannten „Ballroom“, in dem Auftritte und Gespräche stattfinden sollen. Ansonsten gibt es wieder ein breites Angebot von Getränkeständen fast aller angesagten Lübecker Clubs und Kneipen. Hervorzuheben war die aus zwei alten Schrankwänden von „Sebi“ selbst zusammen geschusterte Bar vom „Tibiatick“ und die spacig blau geschminkte Besitzerin Carolin vom Tonfink. Auch das Kulinarische hat wieder so einiges zu bieten, von der Quarkerei mit Quarkeis über die diversen Foodtrucks bis zu veganen Leckereien.

Hauke Horeis von OdevilleHauke Horeis von Odeville

Dann ging das Musikprogramm mit einem frechen Auftritt der Band „Peters Beine“ - cooler Name übrigens - auf der Jungle-Stage los. Es folgten auf der großen Main-Stage die Hamburger Jungs von „Odeville“, die mit ihren radikalen und sozialkritischen Texten bereits zur eigenen Freude zum dritten mal hintereinander beim Festival auftraten. So langsam füllte sich auch die große Rasenfläche vor der Haupttribüne, wo immer wieder die bunten Stelzenläufer für wunderbare Bilder sorgten.

Derweil amüsierten sich die vielen Kinder, die mit ihren Eltern gekommen waren beim Basteln, Malen und Rumtoben. Viele gehandicapte Menschen bahnten sich ihre Wege durch das teils tiefe Geläuf mit ihren Rollies und hatten sichtlich Spass dabei. Überhaupt beweist das Festival mit seinen Zielen: Gegen Rassismus, Antisemitismus und für Liebe für alle, dass wirklich alle Gäste friedlich und freundlich miteinander umgehen sollen, seine besondere Einmaligkeit im Reigen der großen deutschen Festivals.



Auch die Lübecker Kunsthalle ist mit der aktuellen Ausstellung „Hallo Lübeck“ vor Ort. In einem Container liegen Stifte aus, um die weißen Wände darin kunstvoll mit Kreativem und allerlei Quatsch auszumalen. Während dessen zeigen die Nordischen Filmtage in einem eigenem Zelt Kurzfilme und Dokumentationen. Etwas weiter in der Runde lädt die „Artstage“ zu einem Theaterstück vom „Jungen Theater Lübeck“ ein: „Hallo Taxi“:

Ein Zelt weiter ist die Bude bereits nachmittags gerammelt voll. Alle wollen die Artisten und Zirkuskünstler von E1NZ sehen. Dann folgen noch diverse Infostände und weitere Fressbuden. Weiter ging es auf der Junglebühne mit der Lübecker Ska-Formation von „DasSKArtell“, die ordentlich ihre Blasinstrumente geputzt hatten, um das versammelte Publikum zum Tanzen zu bringen. Höhepunkt des Freitagabends war dann die Berliner Alternativband „Von Wegen Lisbeth“, die eine völlig in Orange gehaltene Bühne aufgebaut hatte. Super Sound und Show sorgten nun über den gesamten Platz für Begeisterung und Jubelstürme.



Man möchte dem Festival wünschen, dass die weiteren Tage ebenfalls mit blauem Himmel und Sonnenschein gesegnet seien, damit Deutschland nicht nur seinen gelungenen Auftaktsieg genießen kann, sondern auch sein größtes inklusives Festival gebührend abfeiert.


Fotos: (c) Holger Kistenmacher

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

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