Thomas de Maiziere referierte zu dem Thema bei den Lübecker Hanse-Unternehmerinnen im historischen Beichthaus des Europäischen Hansemuseums.
Alljährlich halten die Hanse-Unternehmerinnen zum Thema Ethik eine öffentliche Veranstaltung ab und laden dazu namhafte Persönlichkeiten ein, im letzten Jahr war es Joachim Gauck und in diesem Frühjahr hat die Gründerin der Frauenvereinigung, Ellen Ehrich, den ehemaligen Innenminister Thomas de Maiziere für einen ausführlichen Vortrag zu diesem Thema gewinnen können. Ein gelungener Start für die neue Sprecherin der Hanse-Unternehmerinnen, Gudrun Neuper, die Ellen Ehrich nach zwölf ereignisreichen Jahren kürzlich in dieser Funktion abgelöst hat.
Geistreich und eloquent konnte de Maiziere die Grundlagen und Anforderungen ethischen Handelns mit all den sich daraus für den normalen Alltag ergebenden Zwickmühlen darstellen. Er ließ keinen Zweifel daran, dass sich widerstreitende Interessen im politischen Leben zumeist nur durch Kompromisse lösen lassen. Anhand politisch brisanter Probleme im Regierungsalltag zeigte er im Einzelnen die Schwierigkeiten ethisch basierter Entscheidungen auf.
Angesichts so schwieriger Fragen wie zum Beispiel den nach Waffenlieferungen an die Ukraine, weiter steigender Verschuldung, Atomstrom, Energiebezug aus menschenverachtenden Diktaturen usw. machte er den Spagat zwischen ethischen Anforderungen und politisch notwendigem Handeln deutlich. Hier zeigte er die Notwendigkeit wohlüberlegten Abwägens zwischen ethischen Werten im Verhältnis zu politisch unvermeidlichen Zwängen auf. Besondere Schwierigkeiten ergaben sich für die Politik noch daraus, dass der Ukraine-Krieg ihr schnelles Handeln abforderte.
Auf die Frage nach den ethischen Maßstäben der Kirche antwortete de Maiziere als Präsident des Deutschen Evangelischen Kirchentages, dass die Kirche trotz ihres hohen Vertrauensverlustes die Aufgaben als gesellschaftliche Institution für ethische und moralische Maßstäbe erhalten müsse, da die Gesellschaft nach seiner Meinung ethische Orientierung brauche.
Zu einer anschließenden kleinen Podiumsdiskussion wurden Prof. Cornelius Borck von der Universität Lübeck, Prof. Matthias Beyerlein von der TH Lübeck und Hanse-Unternehmerin Friederike Kühn mit auf das Podium gebeten. Alle drei gaben sehr unterhaltsame, blumige Statements aus ihren jeweiligen Tätigkeitsbereichen zum Besten. Die Vertreter der Universitäten zeigten ein sehr pragmatisches Verhältnis zum Thema Ethik: Sie kennen von den naturwissenschaftlichen Fächern her eher nur eindeutige Ergebnisse ohne zwischen mehreren Lösungen und Wahrheiten hin und her schwenken zu müssen. Friederike Kühn hatte sich in ihrer Amtszeit als IHK-Präses schwerpunktmäßig mit dem Thema Ethik im Arbeitsbereich beschäftigt und dafür hohe Anerkennung erlangt.
Schlussendlich wurde allen Beteiligten und Verantwortlichen mit reichlich Lübecker Marzipan oder Blumensträußen gedankt. Ein besonderer Dank galt Ellen Ehrich für ihr langjähriges Engagement sowie ihre besondere Verantwortung für dieses großartig gelungene Event.
Fotos: (c) Olaf Malzahn