Seun Kuti & Egypt 80 in der Elbphilharmonie
Afrobeat voller Energie, Power und Haltung

Im Rahmen des Internationalen Sommerfestivals auf Kampnagel gab es auch wieder drei Gastspiele großartiger Musikrichtungen in der Hamburger Elbphilharmonie. So war am Samstag das energiegeladene Ensemble von Seun Kuti & Egypt 80 zu Gast und brachte den eher gediegenen Musiktempel zum Kochen und Tanzen.

Dabei hat der Sänger, Saxophonist und charismatische Tänzer Seun Kuti das Erbe seines weltberühmten Vaters, Fela Kuti nicht nur übernommen, sondern auch weiter entwickelt. Der Jahrhundertmusiker Fela Kuti aus Nigeria hatte aus dem Funk, dem Jazz und afrikanischer Polyrhythmik seit den 60er Jahren den Afrobeat geschaffen, der sich neben der mitreissenden Musik dem Gedanken der panafrikanischen Befreiungsbewegung zu eigen machte. Mit seinen Liedern bereiste er und seine Band die ganze Welt und trat gegen Missstände, Korruption und Ausbeutung in seiner Heimat, aber auch für ganz Afrika auf. Als der charismatische Musiker 1997 starb wechselte sofort sein jüngster, erst 14 Jahre alter Sohn Seun zum Bandleader der multikulturellen Truppe von Egypt 80 und setzte die klare Haltung seines Vaters und die super tanzbare Musik seines Vaters fort.

Mittlerweile ist auch Seun Kuti ein weltweit gefeierter Star der afrikanischen Musik und hat bereits 5 Alben veröffentlicht, zuletzt zum Beispiel mit Hilfe von Lenny Kravitz als Producer: "Heavier Yet (Lays the Crownless Head)". Darauf befinden sich auch wieder politische Botschaften für Afrika und Die Welt. Die Band und ihr charismatischer Sänger rufen die Leute zur Freiheit und zum Kampf gegen Ungerechtigkeiten und die politische Unmündigkeit samt Abhängigkeiten in den meisten afrikanischen Staaten auf. Aber auch aktuelle Fragen, wie der Kampf gegen Faschismus (AFD) in Deutschland und Europa kommen in der Elphie zur Sprache.

Dabei legt die Band mit dem wunderbaren Gitarristen Mohammed Sheriff Benhallak gleich richtig mit Juhu-Gitarre rhythmisch los. Exzentrisch bekleidet kommt der Mann mit Bademantel auf die Bühne und lässt später seine rote Turnhose unter der blanken Brust sehen. Auch die Bläser-Sektion ist locker unterwegs: Fabrice Fila am Tenorsaxophon, Valentin Pellet an der Trompete und Sänger und Showman Nicolas Sakelario am Bariton-Saxophon treiben die Band mit hochtourigem Jazz voran. Dazu leisten der Drummer Mario Orsinet und Kunle Justice am Bass stoisch das rhythmische Gerüst für den super tanzbaren Set.



Als dann auch noch die bunt gekleidete Tänzerin und Sängerin Balogun Cynthia Abinbola und Seun Kuti selbst die Bühne stürmen und mit ihren coolen Mooves die politischen Aussagen der Songs untermalen, gibt es in der vollen Elphi kein Halten mehr. Das Volk klatscht und johlt, während sich immer mehr Leute auf den hinteren Rängen aufmachen, die Hüften kreisen zu lassen und das Tanzbein zu schwingen. So viel tänzerische Leidenschaft habe ich in der eher zurückhalten Elbphilharmonie noch nie gesehen.

Liebe und Revolution stehen auf dem Programm, während Seun Kuti zwischen Saxophon, Keyboard und Gesang hin und her springt und super Tanzeinlagen und lustige Drehungen vollführt. Eine mitreissende Dynamik nimmt ihren Lauf, während sich der Bademantel des Gitarristen öffnet, seine schicke rote Turnhose und die behaarte Brust präsentiert, sich die Musiker jeweils technisch schwierig abklatschen nach jeder Nummer und sich schlussendlich auch Seun Kuti das Hemd vom Leib reisst und seinen muskulösen Body zeigt.

Die Party geht richtig ab, besonders als Kuti auch noch erklärt, dass er hier das beste Publikum Deutschlands vor sich hat. Alles jubelt, pfeift oder tänzelt durch die Sitzreihen. Nie war die Befreiungsgeschichte Afrikas und der Kampf gegen alles Böse besser tanzbar und dynamischer. So muss politischer Aktivismus aussehen und klingen, bravo!

Fotos: Holger Kistenmacher

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

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