Jazz-Liebhaber rund um Lübeck kennen natürlich das traditionelle JazzBaltica-Festival in Timmendorf und das Lübecker TraveJazz-Festival, aber langsam aber sicher etabliert sich ein weiteres wunderbares Jazz-Festival in der Hansestadt: Das kleine Jazz-Festival im Kolosseum. Dieses Jahr bereits in der 4. Auflage hat sich das musikalische Kleinod der Jazz-Musik, wunderbar organisiert vom Schlagzeuger der Band Triologue, Olaf Koep, mittlerweile wie selbständig in den jährlichen Konzert-Kalender der Jazz-Liebhaber der Hansestadt festgesetzt.
Charmant und mit viel Witz und Humor wurde der Abend von Stevie Heydeck vom Combinale Theater (Improshow) moderiert. Und so konnte er zu Beginn zwei Lübecker Jazz-Musiker begrüßen, die sich seit Jahren kennen und schätzen. Holger Mantey am Klavier und Berndt Petroschka an Tablas und Percussion haben sich der intuitiven Jazz-Musik verschrieben. So haben sie auch nur ein paar Proben in der Waldorf-Schule, wo Petroschka viele Jahre Lehrer war, gebraucht, um ihre Improvisationen aus Jazz, indischen Klängen und Klassik einzustudieren.
Petroschka, der sein Tabla-Spiel von alten indischen Meistern aus Varanasi in Nordindien gelernt hat, wie er mir erzählte, war gerade auf Hochzeitsreise im Süden Indiens. Inspiriert von da, gab es das Stück „Mahabalipuran“, welches aus dem Augenblick entstanden sei, wie die Musiker erzählen. „Was passiert aus dem Augenblick, wenn ich ein paar Grooves auf der Tabla spiele?“ erklärt Petroschka ihre Improvisationskunst. Heraus kommt eine orientalisch anmutende Komposition aus dramatischen Klavier-Parts verknüpft mit vielschichtigen Trommel- und Percussion-Einsätzen. Die beiden Musiker, die schon mit dem hervorragendem Trompeter Markus Stockhausen zusammen gespielt haben, zelebrieren am Ende ihres launigen Sets ein altes Stück von Mantey „Jumps“, welches die Sprünge in seinem Klavierspiel meint, die aber auch auf ein rasantes Tabla-Spiel von Petroschka treffen.
Der zweite Act des Abends sind das junge Duo Ella Burkhardt (Gesang) und Kjell Kitzing (Gitarre). Die beiden preisgekrönten Musiker kennen sich aus Schulzeiten in Bargteheide, wo sie sich schon als Dreizehnjährige für die Songs von Bob Dylan begeistern konnten. Ihre Könnerschaft aus Pop, Jazz, Folk und Soul wurde bereits mit dem IB-Jazz Award vom JazzBaltica und dem Jazz-Förderpreis des Landes Schleswig-Holstein gewürdigt. Beide haben schwedische familiäre Bezüge und Eltern, die sich auch früh für Jazz begeistern konnten. So stammt der Vorname der Sängerin von keiner Geringeren wie Ella Fitzgerald. Beide beginnen ihren Set mit der Nummer „Bitter Sweet“, die Burkhardt für ihre Gesangsprüfung selbst geschrieben hat. Es folgt „Don´t no why“ von Nora Jones, eine eher poppige Nummer, bei der Ella zwischendurch kurz den Text vergisst, aber durch die lockere Improvisationskunst von Kjell gerettet wird, großartig. Es folgen noch „Dancing sheek to sheek“ und „Georgia on my mind“ von Ray Charles. Leider wird der wunderbaren Stimme von Ella Burkhardt dabei Echo unterlegt, was sie eigentlich überhaupt nicht nötig hat. Beiden jungen Musikern kann man mit Sicherheit eine große Karriere voraussagen.
Nach einer erfrischenden Getränkepause und wunderbaren Gesprächen unter Fans und Freunden kommt dann der Haupt-Act zum Zuge. Triologue, die Band um Organisator und Schlagzeuger Olaf Koep, der den international gefeierten Bassisten Johannes Huth und die bekannte Theater-Musikerin und Klavierspielerin Ninon Gloger dabei hat. Das großartige Trio, welches Fans auch im Juni im Rahmen des Classical Beat Festivals bei einer Lesung mit Caren Miosga und Charlie Hübner, aber auch noch in Schiphorst erleben können, begeistern vor allem durch ihren Experimentier-Spaß, die Spielfreude, Virtuosität und Kreativität. Souveränes und rasantes Drumming von Koep trifft auf fantastische Klavierläufe von Gloger, die teilweise wie ein Perlen daherschweben, während Johannes Huth lässig alles mit dem Bass untermalt. Bei seinem Solo streicht er seinen Bass elektronisch verstärkt. Äußerst vielfältig kommt der Set aus Jazz, Klassik und Weltmusik daher, wenn Olaf Koep zwei Stücke ansagt, die er bei einer Norwegen-Reise vor sich hinsummte. Es folgen Fading Time und ein Zusammenschwung mehrerer Stücke, die mit der Vertonung des Gedichtes „Liebesleid und Lust“ beginnt und genial in fließende Klaviermusik und elektronische Spielereien von Koep übergehen.
Ganz zum Schluss bittet Stevie dann noch einmal alle teilnehmenden Musiker*innen auf die Bühne, um ein rasantes Finale zu spielen. Alle dürfen durch kurze Soli noch einmal ihr Können beweisen. Mit der Schluss-Zugabe „We all move on“ wird das begeisterte Publikum des gut besuchten Kolosseum dann in die Nacht verabschiedet.
Fotos: Holger Kistenmacher