Jazz Baltica 2016
Der Samstag Teil 2 und der Sonntag - letzte Notizen aus der Jazzwerft

Regen und Sonnenschein - aber nur meteorologisch - gab es Samstag und Sonntag in Landgrenland. Fast vom Regen in die Traufe geriet die Jazz Award Preisträgerin Lisa Wulff samt Quartett. Ich habe sie auf der Freibühne jedenfalls nicht ansehen und -hören können, da ich kleidungstechnisch nicht entsprechend ausgestattet war. Nun, sie wird dem Jazz hoffentlich erhalten bleiben und nochmals nach Lübeck kommen.

What the Funk, eine junge vielköpfige Truppe, befürchtete ein ähnliches Schicksal, landete dann aber über Umbuchung des Jazz Baltica Managements kurzzeitig in der "Jazz Café" genannten alten Tennishalle. Und siehe da, anstelle von vielleicht zehn regencapebestückten ZuschauerInnen waren es plötzlich um die 1000. Das schien die mutigen Zehn jedoch nur zu beflügeln und sie legten eine großartige Show hin, im zweiten Set noch mit Einlage des großen Idols Nils Landgren persönlich. Wow, das Publikum tanzte, groovte, spendete frenetisch Applaus und wollte nichts von Ende hören. Und da, ja da tanzten Opa und Oma, als ob sie in einen Jungbrunnen gefallen wären. Ich bezeuge das, so wahr ich … wirklich!!

Wer noch weiter diese rhythmische und tanzauffordernde Musik hören wollte, ging danach einfach ins Beiboot, da spielten die United Members of Funk, und auch da waren bald kein Platz und keine frische Luft mehr.

NDR Bigband & Omar SosaNDR Bigband & Omar SosaDerweil hatten die NDR Bigband und der kubanische Pianist Omar Sosa schon in der großen Halle zu spielen begonnen. Ich hatte diese Formation vor kurzem im Hamburger Funkhaus gesehen und fühlte mich in Niendorf wieder bestätigt: Dieser vor musikalischer Liebe sprühende Sosa tut der NDR Bigband gut. Achim Keller führte wie immer souverän durch die Arrangements von Jaques Morelenbaum und was soll man zu den Künsten der Mitglieder der NDR Bigband noch sagen? Neben all dem Bekannten zumindest dies: in Niendorf höchst inspiriert! Das sollen sie auch den nächsten Tag im Zusammenspiel mit dem polnischen Geiger Adam Baldych gewesen sein. Eine ganz neue Klangfarbe, wie mir BesucherInnen verrieten.

Dieser nächste Tag (Sonntag) begann mit einem Altmeister und Tastenderwisch: Joachim Kühn genießt den Herbst seines Schaffens. Er klingt lebendig wie eh und je, hat sich zwei großartige Musiker an seine Seite geholt, die mir noch besser gefallen als die, die er bei seinem letzten Auftritt im NDR Funkhaus dabei hatte. Aber das ist sehr subjektiv gefärbt, denn ich muss gestehen, dass ich (bei all den guten Schlagzeugern, die ich hier gesehen habe) Fan von Eric Schäfer bin, der mich wieder nicht enttäuscht hat. Der kanadische Bassist Chris Jennings spielte wie ein Bassist eines Klaviertrios spielen soll: Er gab dem Ganzen ein solides Fundament und den nötigen Halt und tupfte zwischendurch eigene Farben ins Gemälde.

Draußen waren die Lokalmatadoren Triologue und im Beiboot der Chor Fanjastic zu hören, beide bestens besucht und bejubelt. Diesen Sonntag endlich mit angenehmem norddeutschem Wetter: Sonne und eine leichte Brise.

Omer Klein TrioOmer Klein TrioUnd wieder drinnen: jetzt Omer Klein, nochmals ein Klaviertrio und nochmals eine andere Spielart, melodischer und mehr im Geiste des akustischen Esbjörn Svenssons. Die drei spielten sich in einen Rausch und auch hier gab es Standing Ovations in der großen Halle. Dann, nach der NDR Bigband und Adam Baldych das Abschiedskonzert (zumindest was Niendorf betraf) von Mo‘ Blow mit dem Mann, mit dem wir laut Saxophonist Felix Falk mal alle ins Tonstudio gehen sollten, na wem wohl? Nils Landgren stand erneut mit roter Posaune auf der Bühne und brachte mit dem funkigen Quartett die tanzenden ZuhörerInnen zum Toben!

Die meisten habe ich genannt, ein paar wenige nicht, dies nicht aus Absicht, sondern aus der Unmöglichkeit, mich aufzuteilen und bisweilen einsetzender Müdigkeit. Die durfte aber bald zu ihrem Recht kommen, denn:

Nach dem Raivo Tafenau Quintett war dann wirklich Schluss und die 13.500 und mehr ZuschauerInnen freuen sich mit Nils, dass es nächstes Jahr eine neue Auflage geben wird! Jazz Baltica 2016 war erneut ein wunderschönes Jazzevent, zu dem die vielen begeisterten Gäste, das betonten Landgren und die auftretenden MusikerInnen nach (fast) jedem Auftritt, einen großen Teil beitrugen. Alle Beteiligten machten das Festival am Ostseestrand zu dem, was es hervorhebt aus der Masse der Festivals, ein Kleinod für LiebhaberInnen des Jazz in all seiner Vielfalt.

Fotos (c) Nicolaus Fischer-Brüggemann


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