Wolfgang Bremer und Erwan Tacher

Frankreich
Liberté, amour und Wein

Frankreich ist für viele Deutsche ein begehrtes Reiseziel. So auch für mich, der ich seit Mitte der siebziger Jahre oft dorthin gereist bin. Wenn man sich regelmäßig in einem anderen Land aufhält, beginnen die dortigen Lebensumstände und die Geschichte des Landes an Bedeutung zu gewinnen. Hier meine individuellen Gedanken zu den 40er bis 80er Jahren in Frankreich:

Frankreich ist seit Mitte der 70er Jahre mehr und mehr zu meinem Hauptreiseziel geworden. Also fahre ich eigentlich schon immer dorthin, wenn man es genau nimmt. Vor allem in die Bretagne. Aber auch den Rest des Landes habe ich im Laufe der Zeit ganz gut kennengelernt und über die Jahre einen Eindruck von den Menschen dort bekommen. Und Interesse an deren Problemen und an der Geschichte.

Die 40er Jahre
Wenn ich mir die 40er Jahre des 20. Jahrhunderts in Frankreich vorstelle, sehe ich vor allem deutsche Soldaten dort als Besatzungsmacht herrschen. Und schäme mich ein wenig, auch wenn ich durch meine späte Geburt Ende der 50er Jahre gar nichts dafür kann. Aber ich sehe nicht nur Elend, sondern auch einen Schriftsteller, seine vielen Romane über den Kommissar Maigret, die er unter anderem in diesen Jahren schrieb.

Die 50er Jahre
Ich würde gern einmal in den 50er Jahren durch Paris spazieren. Ich könnte die Chansons dieser Jahre live anhören und würde vielleicht Simone de Beauvoir mit Jean-Paul Sartre irgendwo im Café sitzen sehen. Vielleicht kämen Albert Camus oder Georges Brassens gerade vorbei. An den Zeitschriftenkiosken könnte ich die Originalhefte meiner Comic-Lieblinge kaufen: Tim und Struppi sowie Spirou und Fantasio. Ab Ende des Jahrzehnts dann auch noch den größten Comic-Star, den kleinen Gallier Asterix, der im Jahr 1959 dazu kam. Und im Kino tauchte ebenfalls 1959 der erste Film von François Truffaut auf, „Sie küssten und sie schlugen ihn“, und machten diesen Regisseur mit einem Schlag berühmt. So wie Truffaut selber im Laufe der Jahre viele Schauspielerinnen und Schauspieler oder auch Autoren berühmt machte.

Die 60er Jahre
Gleich zu Beginn der 60er Jahre wurde der Sänger Charles Aznavour bekannt, der in Truffauts zweitem Film, „Schießen Sie auf den Pianisten“ auch als Schauspieler Furore machte. Oder denken wir an den Autoren Henri-Pierre Roché, dessen Roman „Jules und Jim“ er mit Jeanne Moreau und Oskar Werner zum Kult-Klassiker machte. Studentenunruhen prägten die späten 60er Jahre in Frankreich wie in Deutschland. Und viele, viele Chansons. Barbara, Gilbert Bécaud, Jacques Brel, Charles Trenet waren einige der Gesangshelden dieser Generation.

Charles Aznavour in 'Schießen Sie auf den Pianisten', Foto: (c) Neue Filmverleih GmbH (NF)Charles Aznavour in 'Schießen Sie auf den Pianisten', Foto: (c) Neue Filmverleih GmbH (NF) 

Die 70er Jahre
Georges Moustaki trat regelmäßig auch in Deutschland auf. Joe Dassin brachte uns das französische Leben auf Deutsch nah. Jean-Paul Sartre sprach 1974 mit Andreas Baader. Truffaut drehte weiter seine Filme, auf über 20 kam er schließlich bis zu seinem frühen Tod Anfang der 80er Jahre. Claude Chabrol und Eric Rohmer waren die weiteren großen Namen des französischen Autorenfilms neben Truffaut. Ein etwas merkwürdiger Schriftsteller mit Namen Georges Perec veröffentlichte 1978 seinen 850-Seiten-Wälzer über die 1467 Bewohner und deren Besucher sowie deren 99 Zimmer in einem Pariser Mietshaus.

Die 80er Jahre
Mit den 80er Jahren veränderte sich dann vieles. Sartre starb 1980, Simone de Beauvoir folgte ihm 1986, Georges Simenon 1989. Aznavour und Trenet lebten noch über die Jahrtausendwende hinaus. Eine neue Generation der Musiker kam auf, ein sonderbarer Schriftsteller meiner eigenen Generation veröffentlichte seine ersten Werke, Michel Houellebecq.

Die Chansons und die Bücher der Sänger und Schriftsteller dieser Jahrzehnte werden, da bin ich sicher, ewig leben und von diesen Zeiten der Aufbrüche und der gesuchten Freiheiten berichten. Genauso wie wir die übrigen guten Dinge des Lebens in Frankreich immer lieben werden: Liberté, Amour und den Wein.

Ein dazu passender Veranstaltungshinweis:

Dreas Stuv Kultur unterwegs veranstaltet am Freitag, den 8. Februar 2019 um 19.30 Uhr einen Abend mit französischen Chansons und spannenden Texten (in Deutsch):
"Liberté, Amour und Wein" – Frankreich und seine Chansons

Wolfgang Bremer
Wolfgang Bremer
Wolfgang Bremer, Jahrgang 1959, Autor, Vortragskleinkünstler und Personalmanager, empfindet die 70er Jahre als ausgesprochen prägend für sich und seine Generation. Weiterer Schwerpunkt: gestaltet Abende über die 20er Jahre (Kästner, Tucholsky, Fallada, Mühsam, Ringelnatz)

Sie haben keine Berechtigung hier einen Kommentar zu schreiben.