Wer kennt das nicht? Man schlendert durch die Gegend und bekommt aber eigentlich gar nicht mit, wo man sich befindet. Ein Tagtraum, der manchmal zu kuriosen Begebenheiten führen kann, wo man sich ganz woanders wiederfindet als geplant.
Definiert wird der Tagtraum als ein Wachzustand mit herabgesetzter rationaler Kontrolle und weitestgehend ausgeschalteten Umgebungsreizen, bei dem von der Fantasie geleitete unreale oder gewünschte Vorstellungen ausgemalt werden. Natürlich kann man sich auch ganz bewußt in einen Traum flüchten, wenn die Realität mal wieder nicht zum aushalten ist.
Die Lübecker Künstlerin Monika Callies setzt ihre Träume allerdings in sehr fantasievolle und spannende Kunstprodukte um. In ihrer aktuellen Ausstellung in der Kunsttanke „DefactoArt“ am Holstentor „Kabinett der Träume“ zeigt sie jetzt eine vielfältige Auswahl ihrer Werke zum Thema Träume. Mal hat sie Freunde, Bekannte oder Besucherinnen ihrer eigenen Galerie in der Fleischhauerstraße nach ihren Träumen befragt, diese eingesprochen und in ein Kabinett der Träume verarbeitet. Kleine Collagen stehen dort versammelt und bespielen das gesamte Feld zwischen Lust-Traum, erotischen Träumen bis zu Albträumen. Beispiel gefällig: „Ich träumte von einer Braut mit Spitzenkleid und voller roter Blumen, verwoben mit ihren braungelockten Haaren“. Oder: „Ich träumte von der türkischen Mafia, wie sie mich verfolgte, verprügelte und kidnappte“ - ein böser Albtraum.
Viele ihrer farbenfrohen und fantasievollen Arbeiten zum Thema bestehen aus übermalten, alten Ölschinken mit hässlichen Rahmen, die Monika Callies auf Flohmärkten findet, wie zum Beispiel das Gemälde „Yogaflow“, wo sie die Blumen auf dem Originalbild bunt nachcoloriert hat und fliegende Fische rund um die Yogatreibende Frauenfigur fliegen lässt. Ähnlich sieht es beim Bild „Im Traum zieh ich mir gerne das flauschige Hemd der Unschuld an“, wo schon der wunderbare Titel traumhaft ist. Eine alte Landkarte, die das Klima der Welt zeigte, hat sie ebenfalls übermalt und zu „Klima der Seele“ verwandelt - wunderbar kreativ und schön.
Aber als Jägerin und Sammlerin, wie sie sich im Gespräch selbst bezeichnet, findet sie immer wieder Objekte, die sie für ihre Arbeiten nutzt. So hat sie alte Metalltabletts umgearbeitet, indem sie Buchstaben aus einem alten Scrabbel-Spiel, welches sie im Dänemark-Urlaub gefunden hat, zur Thematisierung ihrer Collagen nutzt: „Make Spass not war“. Oder sie hat ein altes Exemplar einer Enzyklopädie tropischer Vögel von einem Antiquariat geschenkt bekommen und das wunderbare Papier der alten Drucke für ihre Arbeit „Komische Vögel“ genutzt. Aber auch private Themen spielen bei Monika Callies Arbeiten oft eine Rolle. So zeigt sie ein großes, sehr buntes Gemälde, (In die Ewigkeit), welches sie zum Tode ihrer Mutter geschaffen hat, mit Madonna im Bild, weil die alte Dame gegen Ende des Lebens sehr religiös geworden sei, wie Callies erzählt.
Auch die Video-Installation aus 13 alten Nachthemden plus Video hat mit ihr persönlich zu tun. Es geht um Schlafwandeln und Nachtträume. „Als die Kinder klein waren, bin ich oft nachts wachgeworden und durch die Nacht gewandert“, erzählt sie. Vor die Installation hat sie einen alten Aktenschrank positioniert mit Schubladen: „Das Archiv der Träume“. Ganz unten sind die schwarzen Albträume eingesperrt und bleiben da auch hoffentlich. In der Mitte quellen die Tagträume heraus, während ganz oben die Lebensträume für die Öffentlichkeit verschlossen bleiben, erklärt sie diese Arbeit.
Der aufmerksame Besucher findet aber auch noch den runden Sitz-Puff, den sie aus alten Bettlaken, die sie aus dem Hansemuseum bekommen hat, zu ihrem „UFFPUFF“ umgestaltet hat - ganz bequem. Meine Lieblingsbilder zeigen Fantasietiere mit skurrilen Details, wie „Insomnia“ ein Elefant auf Rädern, oder „Fischzug“ eine Acryl-Collage aus Fisch, Krone und Auge. Aber es lassen sich noch weitere Arbeiten entdecken bei dieser fantasievollen Ausstellung über das Träumen, die noch bis zum 11. August 2024 besucht werden kann.
Wie sagt schon die Erklärung zum Thema: Traum - im Schlaf auftretende Vorstellung. Optische Vorstellungszusammenhänge, die nicht der Kontrolle des Wachbewußtseins unterliegen und später nur teilweise erinnert werden können. Also empfehle ich den Besucher*innen der Ausstellung, mal den Verstand und die Realität beiseite zu schieben und in dieser wunderbaren Ausstellung, den Tagträumen und der Fantasie freien Lauf zu lassen.
Fotos: (c) Holger Kistenmacher