Jonathan Meese, Prof. Hans Wißkirchen

"Ist sowieso alles Jacke wie Hose!"
Meeses großer Gesamt-Kunstwerk-Witz

Mit einer launigen Eröffnungsfeier in der Lübecker Kulturkirche St. Petri wurden die Jonathan-Meese-Festspiele in Lübeck eröffnet.

Proppevoll war der Kirchenraum mit Kunst-willigem Publikum und dem versammelten Instrumentarium der Installation von Meese aus Acryl-Decken der Scheußlichkeitsstufe 10, diversen Plastik-Gerippen, aufblasbaren Schwimmtieren, Agitprop-Text-Bahnen, Manifesten, Schaufensterpuppen, John-Sinclair-Heften und sonstigem Zeug, das normalerweise bei einem im Keller vor sich hin schimmelt.

Vor den öffentlichen Reden und Lobhudeleien auf den internationalen Künstler der „Extraklasse“ gab es eine original Meese-Sound-Collage aus Schlager, Zardoz ist Gott, die 3 Fragezeichen, James Bond-Potpourri, Meese-Sprüchen und Texten sowie „Amigo Charly Brown“. Dann rauscht der Künstler winkend durchs Volk, begrüßt Bürgermeister, Pastor und Kunst-Direktoren mit herzlichen Umarmungen. Es folgt ein wunderbares Klarinetten-Trio mit einer weiteren lustigen Musik-Collagen-Einlage, bevor Kulturpastor Schwarze das Wort ergreift und mit Handfingerpuppe die Ausstellung erklärt oder auch nicht! „Ist sowieso alles Jacke wie Hose“, wie der gemeinsame Auftritt von Kirchenmann und Künstler in Adidas-Klamotten belegt.

Ausstellungsdetails in der Kirche St. PetriAusstellungsdetails in der Kirche St. Petri

Dann erklärt der Bürgermeister, wie stolz Lübeck ist, dem großen Künstler „Carte Blanche“ erteilt zu haben – Meese darf also in der altehrwürdigen Stadt machen, was er will! Die Diktatur der Kunst hat ein freies Spielfeld in Lübeck. „Das wäre mit einem Kirchen- und Kulturausschuss nicht möglich gewesen.“ Zu verdanken ist dieses Großaufgebot von Ausstellungen, Performance und anderen Meese-Spielereien den großen 5 der Kunstszene Lübeck: Overbeck-Gesellschaft-Direktor Oliver Zybok („Jonny, du hast uns viel Freude gebracht“), Petri-Pastor Bernd Schwarze, Grass-Haus-Leiter Jörg-Philipp Thomsa („bei uns gibt es Intimes und alte Schulhefte“), Lübecker Museen-Chef Hans Wißkirchen und der Familie Gollan aus der gleichnamigen Kulturwerft, wo noch der Rest vom Schützenfest ansteht: eine spektakuläre Performance.

Es geht also um Heimat, Liebe, Familie, Zuhause und vor allem die Kunst, die sowieso demnächst die Macht übernimmt von Kirche, Staat, Ideologie, Populismus und sonstigen dunklen Mächten. Nachdem die Kommando-Zentrale der Kunst in Bayreuth versagt hat und der Künstler vom Hof gejagt wurde, muss der Kunstfluss ja weiter fließen, also ist Meese in Lübeck gestrandet. Die Kunst ist wieder zuhause mit Erz-Liebe! Da ja alles Kunst ist, kann man natürlich auch ausgetrunkene Red-Bull-Dosen dem Heidegger ins Grab legen, der alten Seegurke. Denn „nicht Meese ist der Skandal(-Künstler), sondern Donald Trump ist der dauernde Skandal“, so Oliver Zybok.

Jan Lindenau, Jonathan MeeseJan Lindenau, Jonathan Meese

Anyway – Leute lasst euch nicht einschüchtern, geht in die Petri-Kirche, amüsiert euch, ärgert euch oder was immer. Ist halt alles nur Kunst. Vieles davon kann weg, einiges macht Spaß, weniges hat richtig Qualität und Aussagekraft!! Wir brauchen genauso wie Jonathan Meese keine Gurus, sondern machen uns einfach unser eigenes Bild/unsere eigene Meinung – gell?

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

Kommentare  

# KunstBarbara Engel (06.03.2019, 22:08)
10.000 €, habe ich gehört, wurde für dieses "Kunst-Event" ausgegeben. Ich fühle mich als Künstlerin nicht ernst genommen, wenn so einem Künstler so viel Ausstellungsfläche geboten wird.

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