Sudan Archives, Foto: (c) Holger Kistenmacher

Überjazz-Festival auf Kampnagel 2017
Innovation, Avantgarde und Spielfreude

Bereits zum achten Mal präsentierte sich das überregional hoch geschätzte Überjazz-Festival in Hamburg. In den vier Kampnagel-Hallen wurden an zwei Tagen insgesamt 25 aktuelle „Sprengmeister mutmaßlicher Genregrenzen“ des ambitionierten neuen Jazz präsentiert.

Absolutes Highlight der Veranstaltung war der Bass-Gigant Thundercat (alias Steven Bruner) aus Los Angeles mit seinen Mitstreitern Dennis Hamm an den Keyboards, Miguel Atwood-Ferguson (Violine) und dem sensationellen Drummer Justin Brown, die in Hamburg ihr einziges Deutschland-Konzert gaben. Ganz großes Jazz-Kino.

Steven „Thundercat“ Bruner, Foto: (c) Holger KistenmacherSteven „Thundercat“ Bruner, Foto: (c) Holger Kistenmacher

Entdeckungen waren „Überstimme“ Moses Sumney (Ghana und Los Angeles) und seine Mitstreiter, die wegen einer Reifenpanne auf der Autobahn fast ihren wunderbaren Auftritt verpasst hätten. Außerdem eine Augenweide und wegen ihrer Präsenz gefeiert, die junge Violinistin, Elektronikerin und Sängerin Sudan Archives, ein lebendiger Hippietraum in bunt und mit viel Geschmeide, die experimentelle Elektronik mit sudanesischer Folklore, ätherischen Vocals und HipHop-Beats zu einer ganz eigenwilligen groovenden Melange vermengt. Ein sexy Schmaus für Auge und Ohr.

Eher meditativ-mystische Klänge gab es von der New Age Legende Laraaji, Musiker, Mystiker und Freund der Lachmeditation aus New York – sehr entspannt.

Moses Sumney, Foto: (c) Holger KistenmacherMoses Sumney, Foto: (c) Holger Kistenmacher

Abräumer in Sachen Funk, Groove und Spaß waren die sieben Musiker und Musikerinnen von Tank and the Bangas aus New Orleans. Mit ihrer dynamischen Mischung aus Gospel, Soul, Funk and Spoken Word brachten die beiden quirligen Sängerinnen Tarriona „Tank“ Ball und Anjelika Jospeh den Saal zum Kochen – es durfte (musste!) getanzt werden.

Klassisch in Trio-Formation gab es einerseits eine sehr süße und junge Sängerin aus London: Poppy Ajudha und eine eher an klassischen Standards orientierte, aber als Echopreisträgerin sehr erfolgreiche Vocal-Künstlerin aus Zürich/Schweiz: Lucia Cadotsch.

Als Wiederkehrer zum Überjazz-Festival wurden erneut Robert Glasper und sein Acoustic-Trio, die die Genregrenzen zwischen Jazz, HipHop und R&B einrissen, sowie Carlos Nino, der Ausnahme-Percussionist, der gleich bei verschiedenen Formationen mitmischte, abgefeiert.

Wie jedes Jahr ein Fest für Ohren, Augen und Herz, nicht nur für Jazz-Fans. Ein Besuch im nächsten Jahr für Freunde anspruchsvoller Musik, die keine ausgetretenen Pfade benutzen, sondern auf Innovation, Avantgarde und Spielfreude setzen, absolut zu empfehlen.

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

Kommentare  

# ÜberJazzJens Koenig 1 (23.11.2017, 21:09)
,- und nicht zu vergessen, das letze Konzert am Samstag, Beginn 1 Uhr, - eigentlich schon Sonntag. Yussef Dayes, - zählt zu den gefragtesten Drummern der aktuellen Londoner Szene. Es hat sich absolut gelohnt, bis zum Schluß zu bleiben. - Broken Beat und Grimm-getankter Jazz Funk für das 21. Jahrhundert !

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