Mehr als nur ein Vorname
„Adolphe“ - eine französische Komödie, die es in sich hat

Das Eis gepflegter Freundschaft ist dünn, darunter gurgelt aufgestauter Zorn. Im Theater Partout bricht der hervor, als „Der Vorname“ für ein demnächst erwartetes Kind fällt: Adolphe.

Die leidenschaftliche Debatte um diesen Namen ist die Lunte in der Komödie des französischen Autorenduos Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière. In Paris war sie in der Spielzeit 2010/2011 der Hit der Bühnenwelt, zwei Jahre später wurde die deutsche Erstaufführung des – nun unter der Regie seiner Autoren auch verfilmten – Stücks im Deutschen Schauspielhaus in Hamburg zum Bühnenkracher. Jetzt inszeniert es Uli Sandau im Theater Partout. Auch da stehen alle Zeichen auf Erfolg.

Der Anfang vom vermeintlichen Ende friedlichen Miteinanders ist harmlos: Elisabeth und Pierre, sie Lehrerin, er Professor für Literatur, haben die besten Freunde zu einem von der Gastgeberin aufwendig zubereiteten marokkanischen Buffet eingeladen. Claude, ein konfliktscheuer Musiker, und Elisabeths egozentrischer Bruder Vincent treffen ein, Letzterer erschüttert die Runde mit dem Vornamen, der für seinen ungeborenen Sohn vorgesehen ist. Als seine eigenwillige Frau, die schwangere Anna, eintrifft, ist der Streit schon in vollem Gange: Vincent verteidigt seinen „Adolphe“ als Anlehnung an eine literarische Vorlage, die anderen drei wollen nicht die Schreibweise, sondern nur den Klang gelten lassen und führen die Belastung der Vergangenheit ins Feld. Doch längst ist klar, dass der Vorname nur Auslöser für das ist, was jeder der fünf seit Jahren an Frust, Ärger und Geheimniskrämerei heruntergeschluckt hat. Die Stimmung kocht schon, als ausgerechnet der um Harmonie ringende Claude den Vulkan mit einer Enthüllung zum Ausbruch bringt. Ähnliches Amüsement hat die französische Schriftstellerin Yasmina Reza mit ihrem „Gott des Gemetzels“ beschert: Man amüsiert sich und denkt zugleich ans nächste Familienfest.

Uli Sandau hat eine flott agierende Truppe auf der kleinen Bühne versammelt. Anders als üblich präsentiert er dort eine große Besetzung. Sechs Damen und Herren haben sich am Ende zum Kampf am marokkanischen Buffet eingefunden: Anita Gramser als überlastete und frustrierte Elisabeth, Reiner Lorenz als knickriger Pierre, Jörg Nadeschdin als Claude, Erik Fiebiger als Vincent, Stephanie Müller-Hagen als Anna und schließlich Ingrid Steine als Françoise, die Mutter von Elisabeth und Vincent. Die Charaktere sind sauber aus dem Holz guter Unterhaltung geschnitzt, das Bühnenbild hat mit Tischen, Stühlen und Bücherregalen das Nötigste und alles, was es braucht. Ein überraschendes Happyend gibt es obendrein. 

Im Theater Partout hat man einmal mehr eine glückliche Hand für anspruchsvolles Boulevardtheater bewiesen. Vom Erfolgsduo Delaporte und de la Patellière hatte Sandau im vergangenen Frühjahr schon „Das Abschiedsdinner” erfolgreich inszeniert. Mit „Der Vorname“ legt er noch eins drauf. Das fand auch das Premierenpublikum und applaudierte lang, laut und herzlich. 

Fotos: Theater Partout

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