100 Jahre Nordische Woche – 100 Jahre Museum Behnhaus – 100 Jahre Thomas Manns Kurskorrektur
Als die Moderne nach Lübeck kam

Am 1. September um 18 Uhr begeht das Museum Behnhaus feierlich sein 100-jähriges Jubiläum, gleichzeitig werden 100 Jahre "Nordische Woche" und die politische Kurskorrektur Thomas Manns gefeiert.

Im September 1921 fand in Lübeck die „Nordische Woche“ statt, eine Festwoche mit zahlreichen Veranstaltungen, die nach dem Ersten Weltkrieg den Auftakt bilden sollte, um die Beziehungen Deutschlands zu Skandinavien in wirtschaftlicher und kultureller Hinsicht neu zu beleben. Das Lübecker Behnhaus öffnete zu diesem Anlass erstmals seine Türen als Museum und beeindruckte unter der Leitung von Carl Georg Heise mit moderner Kunst. Gleichzeitig hielt Thomas Mann im Rahmen der "Nordischen Woche" einen Vortrag mit dem Titel „Goethe und Tolstoi“, womit er zum ersten Mal von seiner Heimatstadt mit Wohlwollen angenommen wurde und zugleich auch seine politische Kurskorrektur als Fürsprecher der Weimarer Republik erstmals erkennbar wurde. Ein Ruck ging durch Lübeck – der Umbruch in die Moderne begann.

Umbo: Einsame, um_1929, Foto (c) Phyllis Umbehr, Galerie Kicken, VG BildKunst Bonn 2021Umbo: Einsame, um_1929, Foto (c) Phyllis Umbehr, Galerie Kicken, VG BildKunst Bonn 2021Das 100jährige Jubiläum dieser für die Hansestadt in mehrerlei Hinsicht so bedeutenden Festwoche nehmen das Museum Behnhaus Drägerhaus als auch das derzeit mit einer Interimsausstellung darin untergebrachte Buddenbrookhaus zum Anlass für eine Sonderausstellung mit dem Titel „nordisch modern. 100 Jahre Nordische Woche – 100 Jahre Museum Behnhaus“, wobei die Sonderschau des Buddenbrookhauses den Titel „100 Jahre Thomas Manns Kurskorrektur“ trägt. Die Ausstellung startet am 1. September und endet am 2. Januar 2022.

 „Die Nordische Woche im Jahre 1921 vereinte gleich zwei für Lübeck bedeutende Ereignisse, die Öffnung des Behnhauses als Kunstmuseum und Thomas Manns erste, richtungweisende Festrede in seiner Heimatstadt. Dass wir nun, 100 Jahre später, eine Sonderausstellung auf die Beine stellen konnten, die das Thema aus der Perspektive der Kunst und der Literatur gemeinschaftlich an einem Ort beleuchtet, macht die Stärke unseres Museumsverbunds deutlich“, erklärt Prof. Dr. Hans Wißkirchen, Leitender Direktor der LÜBECKER MUSEEN.

Als das Behnhaus im Jahre 1921 vom Lübecker Staat erworben und fortan als Museum genutzt wurde, legte dessen erster Museumsdirektor Carl Georg Heise mit seiner Präsentation von Künstler:innen des 19. und frühen 20. Jahrhunderts den Grundstein für eine moderne Kunstsammlung. Er förderte Künstler des Expressionismus und der Neuen Sachlichkeit, darunter bewusst auch Lübecker Kunstschaffende wie Alfred Mahlau. Dessen Gestaltung des Plakats zur Nordischen Woche, welches seinerzeit kontrovers diskutiert wurde, dient nun für die aktuelle Sonderausstellung bewusst wieder als Motiv. Denn ihr Ziel ist es, die Kunst, die in den 1920er Jahren im Behnhaus ausgestellt war, auch heute wieder am gleichen Ort zu zeigen.

Paula Modersohn-Becker: Mädchenakt vor Mohnblume, 1906, (c) Museum BehnhausPaula Modersohn-Becker: Mädchenakt vor Mohnblume, 1906, (c) Museum BehnhausWerke von Friedrich Carl Gröger, Friedrich Overbeck, Gotthardt Kuehl. Maria Slavona, Emil Nolde, Ernst Barlach, Karl Schmitt-Rottluff, Paula Modersohn-Becker, Karl Hofer, Anita Rée, Alexander Kanoldt, Ernst Wilhelm Nay sowie den Lübeckern Alfred Mahlau, Asmus Jessen und Erich Dummer sind zu sehen. Doch auch Kunsthandwerkliches wie Bildteppiche und Keramik sowie Fotografien sind in der Ausstellung vertreten und schlagen – zusammen mit dem Blick auf die skandinavische Kunst - den Bogen in die (nordische) Moderne.

„In unserer Jubiläumsausstellung wollen wir aufzeigen, wie vielschichtig Heise in den 1920er Jahren fürs Behnhaus sammelte. Er interessierte sich für regionale und internationale Künstlerinnen und Künstler, entdeckte die Fotografie fürs Museum und war immer an einer Anbindung der Kunst an die Stadt interessiert. Diese Leitgedanken sind auch für unsere heutige Museumsarbeit wichtig.“, so der Leiter des Museums Behnhaus Drägerhaus, Dr. Alexander Bastek.

Rede Thomas Manns zum Goethejahr 1932, (c) ETH-Bibliothek ZürichRede Thomas Manns zum Goethejahr 1932, (c) ETH-Bibliothek Zürich

In der umbaubedingten Interimsausstellung „Buddenbrooks im Behnhaus“ des Buddenbrookhauses soll es im Rahmen der thematisch passenden Sonderschau „100 Jahre Nordische Woche – Thomas Manns Kurskorrektur“ um Thomas Manns Rede zu „Goethe und Tolstoi“ auf der Nordischen Woche am 4. September 1921 im Johanneum gehen. Dabei trat der Literaturnobelpreisträger, der nach dem Erscheinen seines Romans „Buddenbrooks“ in der Hansestadt lange Zeit auf Ablehnung und Skepsis stieß, erstmals als Festredner in Lübeck auf, was die Wahrnehmung seiner Person in ein zunehmend positiveres Licht rückte und einen biografischen Wendepunkt in seinem Leben darstellte. Seine neue politische Haltung nach dem Ersten Weltkrieg als Befürworter der Weimarer Republik und Gegner des aufkommenden Nationalsozialismus kann ebenfalls als bedeutender Schritt in Richtung Moderne gewertet werden. Für ihn stand nun nicht mehr das Nordische als Gegensatz zur südlichen Sphäre im Mittelpunkt, sondern eine ausgleichende Mitte.

Englische Ausgabe der Buddenbrooks, 1957, Cover: Gemälde von Max Linde 'Die Söhne des Dr. Max Linde', (c) Archiv BuddenbrookhausEnglische Ausgabe der Buddenbrooks, 1957, Cover: Gemälde von Max Linde 'Die Söhne des Dr. Max Linde', (c) Archiv BuddenbrookhausIn der Ausstellung ist unter anderem ein Gästebuch des Katharineums zu Lübeck zu sehen, in dem sich Thomas Mann verewigte. Außerdem erklärt Lodovico Settembrini, eine Figur aus dem Roman „Der Zauberberg“, an einer der Stationen persönlich die Zusammenhänge rund um Thomas Manns politischen Wandel. Der thematische Bogen zur Ausstellung des Behnhauses wird über verschiedene Gemälde wie zum Beispiel „Die Söhne des Dr. Max Linde“ von Edvard Munch geschlagen, das als Titelmotiv einer englischen Buddenbrooksausgabe der damaligen Zeit diente, die ebenfalls zu sehen ist.

 „Der Norden und das Nordische hatten für Thomas Mann immer eine große Bedeutung.“, so die Leiterin des Buddenbrookhauses Dr. Birte Lipinski. „Warum also spricht er auf der "Nordischen Woche" nicht wie geplant über Knut Hamsun, sondern über Goethe und Tolstoi? Diese und viele weitere Fragen beantwortet die Sonderausstellung zu Thomas Manns ‚Kurswechsel‘ – und ergänzt damit wunderbar die Ausstellung ‚Buddenbrooks im Behnhaus‘ ebenso wie die Kunstausstellung des Museum Behnhaus Drägerhaus ‚Nordisch modern‘. Schließlich haben sich Mann und Heise auf der Nordischen Woche im Behnhaus getroffen – und hatten durchaus ähnliche Ansichten von Modernität. Es gibt also interessante Parallelen zwischen dem Schriftsteller und dem Museumsdirektor zu entdecken.“

Vernissage

Die Ausstellung wird am Mittwoch, 1. September um 18 Uhr eröffnet. Monika Frank, Senatorin für Kultur und Bildung, Jugend und Sport, sowie Prof. Dr. Hans Wißkirchen, Leitender Direktor der LÜBECKER MUSEEN, sprechen Grußworte. Dr. Alexander Bastek, Leiter Museums Behnhaus Drägerhaus, führt in die Ausstellung ein. Die Veranstaltung wird musikalisch begleitet von Stefan Kuchel und dem Florian Galow Duo.

Die Teilnahme beträgt 8 Euro. Da nur wenige Plätze zur Verfügung stehen, ist eine Anmeldung zur Teilnahme unter den geltenden Corona-Regeln dringend erforderlich unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! bzw. unter 0451-122 4260 oder 122-122 4148.

Begleitprogramm

Führungen

Öffentliche Führungen durch die Ausstellung „nordisch modern. 100 Jahre Nordische Woche – 100 Jahre Museum Behnhaus“ des Museums Behnhaus Drägerhaus finden jeweils sonntags um 11.30 Uhr statt. Die Teilnahme beträgt 4 Euro zzgl. Eintritt.

Buchung unter 0451-122 4260 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Öffentliche Führungen durch die Ausstellungen „Buddenbrooks im Behnhaus“ und „Thomas Manns Kurskorrektur“ des Buddenbrookhauses finden jeweils sonntags um 13 Uhr statt. Die Teilnahme beträgt 4 Euro zzgl. Eintritt.

Buchung unter 0451-122 4243 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

Thomas Mann-Abend

Am 4. September um 18 Uhr veranstaltet das Buddenbrookhaus in der Diele des Behnhauses einen Thomas Mann-Abend anlässlich des 100-jährigen Jubiläums von Thomas Manns Vortrag „Goethe und Tolstoi“. PD Dr. Katrin Max und Dr. Birte Lipinski werden sich im Gespräch rund um Thomas Manns biografische und politische Wende austauschen. Schauspieler Jörn Kolpe liest aus dem Vortrag, Manns Briefen und dem Tagebuch. Abschließender Empfang und Gang durch die Ausstellung. Aufgrund der begrenzten Platzzahl ist eine vorherige Anmeldung unter 0451 1224190 oder Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! erforderlich.

Konzerte

In Kooperation mit dem Theater Lübeck

1. Kammerkonzert, Werke von Felix Mendelssohn Bartholdy und Niels Wilhelm Gade sowie dänische Volkslieder, Montag, 6. September, 19.30 Uhr, Kammerspiele Theater Lübeck, Eintritt 15 Euro, ermäßigt 10 Euro. Weitere Informationen unter www.theaterluebeck.de 

2. Sinfoniekonzert, Werke von Jean Sibelius, Edvard Grieg und Niels Wilhelm Gade, Sonntag, 24. Oktober, 11 Uhr sowie Montag, 25. Oktober, 19.30 Uhr, Musik- und Kongresshalle Eintritt zwischen 15 und 36 Euro. Weitere Informationen unter www.theaterluebeck.de

Konzertkarten sind an der Theaterkasse, telefonisch unter 0451-399600 oder unter www.theaterluebeck.de erhältlich.

Weitere Informationen unter www.museum-behnhaus-draegerhaus.de bzw. unter www.buddenbrookhaus.de


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