Die Musikhochschule Lübeck wird um einen Gebäudekomplex größer und reicher, dies steht nun auch offiziell fest. Die Schüsselübergabe unter obigem Motto ereignete sich am Montag im Rahmen eines Pressetermins, bei dem neben Vertreterinnen und Vertretern von Musikhochschule, Possehlstiftung und Bundesbank, vormalige Eignerin des Komplexes am Holstentorplatz, auch Bürgermeister Jan Lindenau sowie die Landesbildungsministerin und ehemalige Vorsitzende der Kultusministerkonferenz Karin Prien anwesend waren.
Im Vorfeld spielten Trompetenstudenten der MHL einen sehr zeitgenössischen Fanfarenstoß, die Übernahme der Gebäude durch die MHL aus Händen der Bundesbank wurde auf diese Weise auch weithin hörbar gemacht.
Dass die Bundesbank ihr Schleswig-Holstein-Geschäft vollumfänglich nach Hamburg verlegt hat, ist für die Musikhochschule ein absoluter Glücksfall, eine Rettung zum letztmöglichen Zeitpunkt, oder, um einige Zitate zu bemühen, „ein Wendepunkt von historischer Dimension“ und ein „starkes Zeichen für den Wert von Musik und Musikausbildung im Land“.
Vorausgegangen war eine mittlerweile Jahrzehnte währende Suche der Institution nach Möglichkeiten, ihre bestehenden Nutzungsflächen zu erweitern. Die aktuell 6.000qm waren ausreichend für 250 Studierende. Da deren Anzahl aber auf mittlerweile 450 angewachsen ist und Alternativen in Dankwartsgrube und Wallstraße aus unterschiedlichen Gründen nicht zustande kamen, erscheinen die zusätzlichen 4.000qm der ehemaligen Bundesbankfiliale wie ein verfrühtes Weihnachtsgeschenk.
Prof. Dr. Bernd Redmann, Präsident der MHL, sagte: „Musik braucht Raum. Dessen Verfügbarkeit war bisher der limitierende Faktor unserer Ausbildungsarbeit. Durch den Erwerb der Bundesbankgebäude gewinnen wir die Perspektive auf eine zeitgemäße räumliche Infrastruktur, die uns ermöglicht, deutlich bessere Studienbedingungen zu bieten und die MHL auch als Kreativlabor für Innovationen weiterzuentwickeln.“
Dabei trägt die Ankaufsumme von 4,75 Millionen Euro nur zum Teil der Steuerzahler. Die Possehlstiftung beteiligt sich mit insgesamt rund 4 Millionen an Kauf und Umbau der beiden Gebäude, die für eine effektive musikalische und Lehrnutzung weitgehend restrukturiert werden müssen. Auch die Umgestaltung der Holstentorhalle von einer Turnhalle zu musikalischer Anschlussnutzung hatte die Stiftung bereits ermöglicht.
Allerdings, so heißt es, gerate man auch angesichts der bereits bestehenden Möglichkeiten ins Schwärmen. So übernimmt die MHL mit dem Gebäudekomplex beispielsweise zahlreiche Aufzüge und vielseitig nutzbare Hebebühnen. Das ehemalige Rektorenzimmer steht zwar unter Denkmalschutz, könne dank seiner exzellenten Akustik aber wunderbarer Ort für Kammermusik sein. Und auch der Tresorraum soll als solcher bestehen bleiben und zu einem multimedialen Konzertraum umgestaltet werden. Darüber hinaus wird die gesamte Palette an Veranstaltungs-, Lehr - und Überäumen entstehen, die ein Musikhochschulbetrieb benötigt.
Die ehemalige Schalterhalle aus den 1930er Jahren, die mit ihren deckenhohen Fenstern zu beiden Seiten, den Säulen und prunkvollem Fresko Heinrichs des Löwen an der Stirnseite fast schon sakrale Atmosphäre besitzt, könnte zu einem halböffentlichen Raum werden. Einen Coworking-Space könne man sich vorstellen oder ähnliches. Der Haupteingang wird sich aus Richtung Holstentor kommend hinter dem älteren Gebäude befinden und barrierefrei sein. Erste Räume sollen nach Möglichkeit bereits im kommenden Jahr bezogen, die kompletten Nutzungsmöglichkeiten spätestens in fünf Jahren ausgeschöpft werden können.
Durch die räumliche Nähe zu Holstentorhalle und Hauptgebäude der Musikhochschule in der Großen Petersgrube entstehe, so hofft man, eine erweiterte Campus-Situation, ein „triangolo musicale“. Inwiefern dies angesichts des Holstentores im Zentrum dieses Dreiecks tatsächlich der Fall sein wird, muss sich erst noch zeigen. Beleben wird der Einzug der Musikhochschule und ihrer Studierenden die Nordseite des Holstentorplatzes aber in jedem Fall. Dass dies durch alle Beteiligten, insbesondere aber durch Landtag und Possehlstiftung möglich gemacht wurde, ist ein starkes Zeichen in bildungs- und kulturpolitisch herausfordernden Zeiten.
Fotos: (c) Oliver König