Der Füchtingshof - Mein letztes Domizil

Das Fenster zum Hof - fast ein jeder kennt das Krimistück.

Von dort beobachtet ein Mann im Rollstuhl einen Mord.
Mein Fenster zum Hof gibt mir einen herrlichen Blick.
Ich schau auf barocke Häuser stehend im blattgrünen Hort.
 
Ein Westfale pilgerte 1586 in unsere Stadt.
Der 15-Jährige durfte bei seinem Onkel wohnen.
Der verpasste ihm Schule und sieben Jahre Lehre satt.
Das sollte sich aber für später schwer lohnen.
 
Nach der Lehre schipperte er nach Gotland und hatte Glück.
Als selbständiger Kaufmann war er fleißig und schlau.
Doch nach sieben Jahren zog's ihn wieder nach Lübeck zurück.
Er segelte über Kiel und fand dort eine Frau.
 
Als Partner bekam er Arbeit in einer Reederei.
Er bekleidete viele Ehrenämter, war beliebt und bekannt,
besaß bald zwei Schiffe, trat der Schonenkompanie bei
und wurde zum kaiserlichen Ratsherrn ernannt.
 
Nun hatte er viel erreicht, nur Kinder hatte er nicht.
Sein Wunsch war es daher, Bauland zu erwerben
ein Denkmal zu schaffen, das gebot ihm die Pflicht:
Ein Neffe, die Kirche und Arme sollten ihn beerben.
 
Ein Hof wie der Glandorpsgang müsste es sein:
nur mit prächtigen Häusern und großem Entrée.
Als Baumeister fand sich der berühmte Herr Jäger ein.
Der Hof diente Damen mit schmalem Portemonnaie.
 
Am Ende des Hofes prangt ein hochstehender Bau,
samt Vorsteherzimmer - einem der einmaligen Lübecker Räume.
Drinnen befinden sich Porträts von Herrn Füchting und Frau,
und auf dem Hof stehen zwei gewaltige Walnussbäume.
 
Der Marienkirche hatte Füchting ein Epitaph vermacht.
Die Bombennacht auf Lübeck konnte es überleben.
Dort hängt es noch immer in strahlender Pracht.
Dem Baumeister konnte es als Vorbild für's Portal anregen.
 
Als der Stifter starb, war sein Werk nicht vollbracht.
Doch alles wurde errichtet in seinem Namen,
für Lübeck wurde der Hof zur besonderen Pracht.
Nur beim Stifter konnten sich nicht einmal bedanken die Damen.
 
Spaziere ich durch die Stadt, schauen mich historische Bauten an.
Dazu liegt ein Flair von großen Männern in der Luft.
Nicht zu vergessen Lübecker Rotspon und Marzipan -
und im Hafen liegt hanseatischer Seefahrerduft.
 
Auch ich wohne im Hof, in Räumen, die ich so liebe,
mit dem Fenster zum Hof mit dem herrlichen Blick,
und ich hoffe, dass es auch mit 90 Jahren noch ein wenig so bliebe.
Oft sitze ich am Fenster und träume über das Leben vor 400 Jahren zurück.

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