Günter macht sich wichtig
Offener Brief an FERRERO

Sehr geehrtes Produktmanagement bei Ferrero, Abteilung Nutella, 

ich liebe Nutella, ein Produkt, mit dem nicht erst meine Generation (geb. 1964) aufgewachsen ist. Wir alle erlebten die fantastische Nuss-Nougat-Creme als zweite streichfähige Substanz in unserem Leben, gleich nach der Penatencreme. Nur, dass es dieses Mal nicht um unsere wunden Hinterteile ging, sondern um das Auslösen einer oralen Sucht, die ganzen Berufsständen das Überleben gesichert hat. Ich denke da primär an Ernährungswissenschaftler und Zahnärzte.

Die konkurrenzlos gute Rezeptur von Nutella hat es nie zugelassen, dass ein Wettbewerbsprodukt so nah an meine Geschmacksknospen kam wie eben Ihr Nutella. Natürlich bin ich in den letzten 46 Jahren etwas erwachsener geworden und habe in meinem Berufsleben oft selbst das geheime Buch des Marketings benutzt, um meine Kunden in einen nie endenden Kaufrausch zu zwingen. Daher findet sich in unserem häuslichen Küchenschrank auch nie ein Glas Nutella, denn ich kenne ja den Suchtfaktor dieses Produktes.

Bin ich allerdings in Hotels, greife ich gerne zu Nutella, denn dort helfen mir Gesellschaft, Zeitdruck und meine mentale Stärke, die aufkeimenden Suchtsymptome sofort wieder zu unterdrücken. Da ich aber nicht als Vorsitzender einer Großbank unterwegs bin, finde ich im Frühstücksraum in der Regel so genannte „Portionsverpackungen“ vor. Viele Jahre lang waren diese aus Aluminium gefertigt und hatten 20g Inhalt, die Form war einfach und beinahe ideal, um eine fast vollständige Entleerung mit den zur Verfügung stehenden Werkzeugen zu ermöglichen.

Foto: NutellaFoto: Nutella

Ich kann ja durchaus verstehen, dass Sie die Füllmenge auf 15g reduzieren und die Verpackung verbilligen wollten, aber welcher Überdosis an bewusstseins­verändernden Substanzen haben wir die neue Schalenform in Form des Nutellaglases zu verdanken? Hat Sie das Verbraucherpanel nicht zu 100% mit den Schalen beworfen und verflucht? Ich hätte es getan! Möglicherweise sind Sie ja aber auch von einem junior Produktmanager gegen Ihr besseres Wissen überstimmt worden, weil dieser zufällig der Sohn des Ferrero Vorstandes „Cremes und Kugeln“ war.

Sie wissen garantiert um die Mängel der neuen Verpackung, die wichtigsten sind die schlechte Handhabbarkeit und die Unmöglichkeit, diese vollständig zu entleeren. Die Form ist so stark zerklüftet, dass es auch mit geschickt ausgeführten chirurgischen Messerbewegungen nicht möglich ist, die Creme vollständig zu entnehmen. Leider weiß ich auch nicht, wie Sie jetzt ohne Gesichtsverlust aus diesem Debakel entkommen können, ich jedenfalls bin menschlich schwer enttäuscht.

Mich hat die neue Portionsverpackung ohne Not in die Hände von Pflaumenmus und Erdbeermarmelade getrieben.

Mit freundlichen Grüßen
Günter Knubbe

Günter Knubbe
Günter Knubbe
wurde 1964 in Bad Oldesloe geboren. Mit Lübeck verbindet ihn sein Studium der Biomedizintechnik an der FH und 8 Jahre, die er in der Hansestadt wohnte. Heute ist er im Verkauf von Produkten für die Medizintechnik tätig und lebt mit seiner Frau seit 1996 wieder in Bad Oldesloe. Seine Kolumne schreibt er aus therapeutischen Gründen, um zu verhindern, dass er im echten Leben ein alter Grantel wird.

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