Sudan Archives, Foto: (c) Holger Kistenmacher

Sudan Archives im Hamburger Club „Übel & Gefährlich“
Sex pur mit Geige und Electro-Beats

Vor vier Jahren, beim Überjazz-Festival auf Kampnagel war sie noch ein Geheim-Tipp und die Entdeckung des innovativen Festivals. Alle waren begeistert von dieser exotischen jungen Frau aus Amerika, die einen wahnwitzigen Mix aus Afrofuturismus, Global Pop, Soul, HipHop und Indie-Musik aus ihrer Elektro-Geige und ihren elektronischen Effekt-Geräten und unterlegten harten Beats zauberte.

Jetzt ist die mittlerweile 29jährige Musikerin aus Los Angeles, geboren in Cincinnati, Ohio mit dem Namen Brittney Denise Parks, als Sudan Archives zurück in Hamburg auf der Bühne des Übel & Gefährlich. Im Gepäck ihr zweites Studioalbum „Natural Brown Prom Queen“.

Dabei hatte sie früher Musikethnologie am Pasadena City College studiert, was ihre musikalischen Einflüsse verdeutlichen. Das Geige-Spielen, das sie sich selbst beigebracht hat, ist inspiriert zum Beispiel von dem Elektroniker Francis Bebey aus Kamerun, aber auch dem sudanesischen Violinisten Asim Gorashi. Dazu kommt irische Fidel-Musik, die sie aber häufig mit elektronischen Effekten und wummernden Beats kombiniert.

Foto: (c) Holger KistenmacherFoto: (c) Holger KistenmacherParks spielt ihr Instrument oft nicht unters Kinn geklemmt, sondern zupft oder schrammt sie wie eine Gitarre und stöpselt sie in diverse Klangverbieger. Aus dem Korpus klopft sie Rhythmen und schickt sie in hypnotische Schleifen, unterfüttert von einem offenem Verständnis von Soul, HipHop und der vernebelten Electronica der Westküste. Dazu singt sie mit einer Stimme, die zwischen den Klängen verschmilzt wie die von Sade. Dann wiederum schreit sie in höchsten Tönen „Not me, not me“ oder „Oh my God“ ins Mikrophon, aber bedankt sich mit süßlicher, naiver Kinderstimme beim meist sehr jungen, weiblichen Publikum im Club.

Dabei tänzelt sie barfuss und im sexy Outfit über die Bühne, begibt sich unter ihre kreischenden Fans oder aalt sich lässig auf dem Boden. Halb nackt mit einer Art Keuschheitsgürtel, knielangen, fußfreien Wadenwärmern und knappen Top mit Spitze turnt sie über die Bühne, schwingt ihre Geige wie ein Schwert und gibt die Erotik pur. Am Ende lässt sie sogar ihre ansehnlichen Brüste aus dem Top springen. Dabei zelebriert sie ihre neuen Songs des zweiten Studio-Albums, wie bei „Home Maker“. Sie kann Hook-Lines schreiben, die sich tief ins Gehirn eingraben. Unterstützung hat sie diesmal von einem jungen schwarzen Musiker, der für wildes Percussion und den Bass zuständig ist.

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Sie produziert sich als afrofuturistische Königin der Herzen, wie bei „Come me Weh“ - Geige mit HipHop kombiniert. Das neue Album wirkt ausgereifter, mit einer Fülle an eingängigen Melodien und ausgefallenen Sounds. Westafrikanische Instrumente, ein Beat aus Handclaps und selbstbewußten Raps. Im Titelsong erzählt sie ihre Geschichte. „Selfish Soul ist ein süchtigmachender afrofuturistischer Tune, während „Freakalizer“ als Club-Track mit 80er Drum-Machine daherkommt. „Milk Me“ ist ein sexpositiver R`n`B, dagegen „Homesick“ (Gorgeous & Arrogant) ein langsamer Song für traurige und erotische Stimmungen.

Foto: (c) Holger KistenmacherFoto: (c) Holger KistenmacherWie sie in einem Interview erzählte, habe sie auf „Athena“, ihrem ersten offiziellen Album eine Bühnenperson erschaffen, die stark, göttlich, schwarz und weiblich sein sollte. So präsentierte sie sich auch als nackte, schwarze Göttinnen-Statue auf dem Platten-Cover. „Jetzt möchte ich aber auch meine Verlorenheit zeigen, die einerseits eine tiefe, gedankenvolle, nachdenkliche Person zeigt, die aber genauso „fucking silly“ (total verrückt) sein kann. Davon konnte sich das jubelnde, euphorische Publikum in Hamburg ein Bild machen. Sudan Archive scheint schon lange nicht mehr nur das „nächste heiße Ding“ zu sein, sondern ist wirklich als großartige Musikerin und Performerin längst angekommen. Eine sexy Show mit nachhallender Musik, die lange im Ohr bleibt, nicht nur wegen der Lautstärke.

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

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