Matt Berninger, Foto: (c) Holger Kistenmacher

Die Alternativ-Rocker „The National“ verzaubern den Stadtpark Hamburg
Ein Konzert zum Weinen schön

Als bisheriges Highlight der jährlichen Open-Air-Saison im Hamburger Stadtpark haben die Indie-Rocker aus Brooklyn vor ausverkauftem Haus ein herausragendes Konzert abgeliefert.

Die Band rund um den charismatischen, aber überaus sympathischen Sänger Matt Berninger, sowie den beiden Brüderpaaren Bryce und Aaron Dessner (Gitarren, Klavier, Bass) sowie Scott und Bryan Devendorf (Bass und Schlagzeug) hatten sich für ihre Show noch 5 Musiker/innen Verstärkung mitgebracht, die für geschmackvolle Bläsereinsätze und gelungene Gesangseinlagen (Gail Ann Dorsey und Mina Tindle) sorgten.

Anlass für die Tour, die auch im Norden Halt machte, war das neue Album der Band: „I am easy to find“, welche der grandiosen Truppe nun endlich den Erfolg bringt, den sie schon lange verdient haben. Wobei man anmerken muss, dass sie bereits für das letztjährige Album „Sleep well Beast“ einen Grammy für das „Best Alternativ Music Album“ erhielten. Selbst Barack Obama outete sich als Fan der New Yorker Indie-Rocker und benutzte einen Song der Band während seiner Wahl-Kampagne.

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Eingegrooved wurde das voll besetzte Haus aber zunächst von Adia Victoria und ihrer Band als Support - mit Soul, Rock und Gothic-Blues. Im Gepäck hatte die 32jährige, sexy Sängerin aus Nashville ihr zweites, von Aaron Dessner produziertes Album „Silence“, welches für das erste Aufwärmen des Publikums bei leicht herbstlichem Wetter sorgte.

Nach der Umbaupause schlenderte Matt Berninger lässig auf die Bühne und begrüßte erst mal viele Fans per Handschlag. Überhaupt bewies sich der charmante, aber stets bescheidene Frontman der Nationals als äußerst publikumsnah. Diverse Male machte er Ausflüge an den Rasenrand, der die Bühne zum Rund abschließt, um Selfies mit den Fans zu schießen, mit einem Bier anzustoßen oder die Damen aus den ersten Reihen zu becircen. Im Zugaben-Teil unternahm er dann bei „Mr. November“ einen ausgiebigen Spaziergang quer durch das Publikum, welcher seine Kabelträger kräftig ins Schwitzen brachte, aber mit Hilfe der begeisterten Fans ohne Probleme von statten ging.

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Überhaupt war die gesamte 2-stündige Show geprägt von großer Lässigkeit, aber großartiger Virtuosität der gesamten Band. Hymnische Gitarren wechselten sich ab mit gepflegtem Bläsereinsatz während Berninger seine ehrlichen, authentisch erzählten Songs mit sonorer Stimme vortrug. Seine intelligenten Texte beschreiben das wahre Leben, die Liebe und den Tod, ohne in reinen Pop abzuzweigen.

So kamen zunächst vier Stücke vom neuen Album, von denen insgesamt elf Songs auf der Setlist standen, zum Vortrag. „You had your Soul with me“, „Quiet Light“, „The Pull of you“ und „Hey Rosey“ war das aktuelle Material betitelt. Dabei stand Berninger mit den Händen in den Taschen seiner saloppen Army-Jacke oder verschränkte sie bescheiden auf dem Rücken, während das Publikum in andächtiger Stimmung lauschte. Mal laut mal leise wechselten sich die Stücke ab, was sowohl zu meditativen wie eruptiven Reaktionen der Fans führte.

Matt Berninger, Foto: (c) Holger KistenmacherMatt Berninger, Foto: (c) Holger Kistenmacher

Natürlich durften die abgefeierten The National-Konzert-Highlights wie „Don't Swallow the Cap“, „Day I die“ oder „Terrible Love“ nicht fehlen. Meine persönlichen Favoriten waren an diesem besonderen Abend das seiner Mutter gewidmete „Graceless“, das dynamische „Where is her Head“, die dezent Bläser unterstütze Balladen „Fake Empire“ und die innige Nummer „Light Years“, während das elegische „Not in Kansas“ zum mitsingen einlud.

Viele Fans waren zu Tränen gerührt, besonders gegen Ende der Show, als Matt Berninger die Massen zum andächtig dezenten Intonieren von „Vanderlyle Crybaby Geeks“ dirigierte. Alle waren begeistert und verzaubert von einem Musikabend, der noch lange nachhallen wird. Es sei zu hoffen, dass die Fans nicht wieder 5 Jahre warten müssen, um diese Ausnahmemusiker mit ihrer intelligenten Rockmusik jenseits des üblichen Mainstream-Breis wieder zu sehen und zu hören. Solche grandiosen, betörenden Konzerte wünscht sich nicht nur der Reporter.

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

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