„Jugend kulturell“ präsentierte das TONALi-Celloquartett und die HörBänd

Es macht einfach nur Spaß, junge, für ihre Musik brennende Musiker zu erleben. Diesmal präsentierte „Jugend kulturell“, das Förderprogramm der HypoVereinsbank für musikalische Talente, im Kolosseum zwei sehr unterschiedliche Gruppen, ein Streichquartett, besetzt ausschließlich mit Cellisten, und ein Stimm-Quintett, eine A Cappella-Formation mit einer Dame und vier Herren.

Das Programm der Cellisten war ausgesprochen unterhaltsam und abwechslungsreich. Beleg für ein hohes künstlerisches und technisches Niveau war, das sie alle Finalisten oder auch Stipendiaten bei anerkannten Wettbewerben waren. Von einem, dem Hamburger FINALi, mit dem „Jugend kulturell“ eng zusammenarbeitet, leitet sich deshalb ihr Name ab. Die beiden Damen, beide gerade einmal 22 Jahre alt, sind Anastasia Kobekina, im russischen Jekaterinburg geboren, und die Hamburgerin Laura Moinian. Weiterhin gehören zwei Herren dazu, der in Berlin gebürtige Christoph Heesch, mit seinen 21 Jahren noch nicht der jüngste. Nicht einmal 20-jährig ist der Dresdner Friedrich Thiele.

In den letzten Jahrzehnten gibt es immer mehr Originalkompositionen für Cello-Ensembles. Nach dem Motto, nur mehrere Celli klingen schöner als eines, haben sich in vielen renommierten Orchestern die Cellisten zusammengefunden und Komponisten zu Werken animiert. Will man aber klassische Ohrwürmer spielen, ist man auf Bearbeitungen angewiesen. So stand zu Beginn des Auftritts des TONALi-Quartetts eine der Ouvertüre von Rossinis Barbier von Sevilla und am Schluss die von Bregeiro, einem brasilianischen Tango von Ernesto Nazareth. Von seinem argentinischen Kollegen Astor Piazolla erklangen gleich zwei Stücke, Adios Nonini und La muerte del Angel. Spiellust und Gestaltungsfreude schäumten dabei über. Den sonst so klassisch geglätteten Instrumentalklang wussten die jungen Spieler dem eher rauen, griffigen Klang des Tango Nuevo anzugleichen, ohne dabei das ihm eigene Sentiment zu verfehlen.

Zweimal fanden sie sich im Duett zusammen. Zunächst widmeten sich die beiden Herren einem der beiden originalen Werke im Programm, in einem Satz aus einem der Duos für Violoncelli von Jaques Offenbach, selbst ein Cellist. Höchst virtuose Klänge mit atemberaubenden Flageoletts und Glissando-Effekten zauberten die beiden Damen in Rossini-Variationen von Nicolò Paganini auf ihren Instrumenten hervor. Danach bewies Christoph Heesch noch einmal sein Können in dem führenden Part der zweiten Originalkomposition, einem Konzert-Walzer von Wilhelm Fitzenhagen. Diesem Cellisten hatte Tschaikowsky seine Rokoko-Variationen gewidmet. Mit dem Schwan aus Camille Saint-Saëns‘ Karneval der Tiere als Zugabe endete der begeistert aufgenommene erste Teil.

Nach der Pause wurde es bunter. War schon die eigene Moderation bei dem Quartett gut anzuhören, so zeigten die Vokalisten darin, wie erfahren sie als Entertainer waren. Länger schon treten die Studenten aus Hannover in dieser Formation auf, zunächst als Mindener Boygroup „Voice“, jetzt mit weiblicher Verstärkung als HörBänd. Zu ihnen gehört die Sopranistin Laura Saleh, geboren in Wismar, von ihrem stimmlichen Gegenstück, dem Ohlsen genannten Bass Martin Kleine, wegen ihrer Geduld bewundert. Die muss sie wohl haben neben ihm und den anderen drei Männern, den beiden Tenören Sven-Arne Zinnke und Joshua Bredemeier sowie dem Bariton Silas Bredemeier.

Mit der Frage ans Publikum begann es: „Seid Ihr hier, über uns zu lachen, wie wir uns musikalisch zum Deppen machen?“ Da klang sie schon an, die Selbstironie. Zwischen Pop und Jazz siedeln sie nach eigenem Bekunden ihre Stücke an, die jetzt auf einer CD als Band II erschienen sind. Z. B. Ja von Silbermond ist dabei, zumeist aber Eigenes. Das geht genüsslich an der Gema vorbei. Aktuell sein kann man trotzdem, denn nur wenige Gesten genügen, andere Popbarden zu imitieren. Das Publikum erkannte sie, auch ihren Stil, den sie geschickt in eigenen Sätzen ver- oder bearbeiteten oder mit denen sie die „Affen durch den Wald rasen“ ließen. Ihr Bühnenauftritt dazu war ein großes Plus, ausgefeilt und gekonnt, mit kurzen choreografisch arrangierten Einlagen. Ohne viele technische Mätzchen wurde akkurat und aus- wie eindrucksvoll gesungen. Und auch die Texte stimmten. Nachdenklich oder wortwitzig waren sie, selbstironisch eben oder bezogen auf ihr eigenes Quintett-Leben, bei dem der Bass immer das letzte Wort hat. Da wurde eine eigene Kunstwelt erkennbar.

Auch sie sind schon vielfach ausgezeichnet, im letzten Jahr als beste Gruppe beim A-Capella-Wettbewerb von Jugend kulturell.

Fotos: Jörg Böh

Arndt Voß
Aufgewachsen in Neumünster, in Lübeck seit 1959. Studium in Kiel und Hamburg (Musik- und Literaturwissenschaft). Ständige Mitarbeit an den Lübeckischen Blättern von 1974 bis 2014, Berichte und Kritiken darüber hinaus in einigen anderen Organen. Schwerpunktthemen: Musiktheater, Schauspiel, Konzerte.

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