Natalia Mateo
Eine der neuen Stimmen des zeitgenössischen Jazz

Natalia Mateo stellte im Rahmen der Reihe Fantastische Musik am Samstag, 05. März 2016, im CVJM-Lübeck ihre neue CD Heart of Darkness vor.

Überraschend war die erste Begegnung kurz nach dem Soundcheck. Mit Kuscheljacke und Pudelmütze entspannte sich die Künstlerin vor dem Konzert an der Obertrave – trotz des Nieselregens. Im Gegensatz zur Erwartung, einem Vamp zu begegnen oder zumindest einer Person, die, wie auf dem Cover der CD abgebildet, sehr „cool rüberkommt“, stand eine engelsgleiche, zarte Person vor mir. Die Begrüßung war, unerwarteterweise, sehr herzlich.

Auf der Bühne, in Begleitung der hervorragenden Band, erschien Natalia Mateo zuerst etwas schüchtern. Aber als die Band zu spielen anfing, wandelte Natalia sich in eine sehr ausdrucksstarke Person. Sockenfüßig auf dem eigens mitgebrachten kleinen Teppich stehend, sang sie mit einer Inbrunst, dass einem fast der Atem stockte. Nicht nur ihre Mimik und Gestik waren deutlicher Ausdruck ihres Empfindens, sie fühlte ihre Songs offenbar bis in die Zehenspitzen, die die jeweiligen Gesten spiegelten.

Ihre Stimme besitzt ein wunderbares Timbre, welches besonders in den hohen Gesangslagen sehr schön zum Tragen kommt, während in den unteren Tonlagen ihre Stimme leicht rauchig klingt. Besonders hervorzuheben sind aber die, ich nenne es mal Agressionen, die sie mit ihrem Gesang wunderbar vermittelt. Dass sie der derzeitigen Entwicklung der Gesellschaft mit etwas Argwohn und Unverständnis entgegentritt, ist deutlich zu spüren. Ihre Interpretation von Rockwell´s Somebody is watching me von 1984, bei der u. a. Michael Jackson den Refrain sang, erhält durch Natalia eine zeitgemäße Bedeutung. Besonders bei dem Titel Eksplozia Paranoja wird ihr Unverständnis der gesellschaftlichen und politischen Entwicklung in dem Heimatland Polen zum Ausdruck gebracht.

Obwohl die CD Heart of Darkness durch die gleichnamige Erzählung des polnischen Schriftstellers Joseph Conrad, einem Klassiker aus dem 19. Jahrhundert, inspiriert ist, spürt man, dass Natalia nicht nur die Lieder singt, sondern dass sie eine starken Bezug zu ihrer Geschichte und Persönlichkeit herstellt: Ihre intensivsten Momente hat Natalia Mateo vielleicht, wenn sie in ihrer Muttersprache singt und ihre slawischen Wurzeln erkennbar werden lässt, „wenn im dunklen Brodeln der Musik deutlich wird, dass diese Stimme eine eigene Geschichte zu erzählen hat“. (DIE ZEIT)

In nur einem Set gab die Band ihr Bestes, obwohl in der Besetzung der Trompeter Gregor Lener fehlte und statt des eigentlichen Bassisten Christopher Bolte im CVJM Felix Barth den Kontrabass spielte. Diesen bediente er in einer Art und Weise, dass es gar nicht auffiel, dass er nicht zur festen Stammbesetzung neben Fabian Risdau am Schlagzeug, Dany Ahmad an der Gitarre und dem Pianisten Simon Grothe gehörte. Für die ZuhörerInnen war es eine Band, die anscheinend schon lange Zeit zusammen spielt.

Natalia Mateo ist für den Echo Jazz "Sängerin des Jahres 2016" nominiert, und ich denke, sie wird ihn auch – verdienterweise – erhalten.

Fotos (c) Peng!

Für alle, die einen kleinen Einruck bekommen möchten, ist das YouTube-Video von Natalia Mateo auf der "jazzahead!" Bremen 2015 zu empfehlen:  

 


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