Foto: (c) Mattis Lindqvist

Newcomerin Sarah Klang im Porträt
Entschleunigung

Ihr Name klingt deutsch, doch sie ist Schwedin. Vor allem aber ist sie die Newcomerin aus dem skandinavischen Raum. Im April kommt Sarah Klang mit ihrem Debütalbum „Love In The Milky Way“ live nach Deutschland. Erste Station: Hamburg.

Dass die 25-Jährige anders ist als ihre Indie-Pop-Kolleginnen, merkt man schnell. Mal setzt sie sich als traurige Braut in Szene, mal als Amazone im dunkel schimmernden Abendkleid, wenn sie nicht gerade Cowboystiefel und Rüschendress kombiniert oder als engelsgleiche Erscheinung auftritt. Eine Inszenierung, die Aufmerksamkeit erregt und vielleicht auch Schutz bietet für die eigentlich sensible Persönlichkeit hinter der Kostümierung. In „Left Me On Fire“ singt Klang mit markanter Stimme über das Vakuum, das nach einer missglückten Beziehung zurückbleibt, besonders wenn man den Ex-Partner noch immer liebt.

Geboren in Göteborg verbringt die Künstlerin ihre Kindheit und Jugend im hohen, lichtarmen Norden des Landes, nahe der finnischen Grenze. Trennungen in der Familie, der Selbstmord einer engen Freundin und gescheiterte Beziehungen tragen zu immer wiederkehrenden depressiven Verstimmungen bei. Trost findet Klang in alten Filmen und beim Experimentieren mit Vintage-Mode, für die sie sich leidenschaftlich interessiert. Zurück in Göteborg beginnt sie, die dunklen Stunden in melancholischen Songs zu verarbeiten.

Ihre Texte setzt die Sängerin aus vielen kleinen gesammelten Eindrücken zusammen. Liebe, Trennung, Trauer, Schmerz. Diese Gefühle machen ihre Lieder authentisch, betont sie. Die Melodien, die sie gemeinsam mit Produzent Kevin Andersson schreibt, sorgen für eine angenehm verträumte Stimmung. Untermalt von dezenten Country-Folk-Rhythmen ranken sich die Gitarren- und Keyboardklänge wie selbstverständlich um die ausdrucksstarke Stimme. Anders als die Texte wirkt die Musik beruhigend und hoffnungsvoll. Sie nimmt den trübsinnigen Inhalten ihre Schwere, lässt sie schweben.

Das paradoxe Gefühl, das entsteht, wenn sich zwei Menschen nach ihrer Trennung immer wieder über den Weg laufen, sich plötzlich wie Fremde verhalten, obwohl sie alles voneinander wissen – genau dieses Gefühl beschreibt Klang im Song „Strangers“. Mit „Blue Bird“ und „Demons“ widmet sie ihrer verlorenen Jugendfreundin zwei bewegende Balladen. In „Vile“ macht sie anderen Frauen Mut, sich aus einseitigen Partnerschaften zu befreien und ihr Leben selbst in die Hand zu nehmen.

Bei ihren Outfits spielt die Künstlerin gerne mit weiblichen Stereotypen im glamourösen Stil, inspiriert von Dolly Parton, Cher und Barbara Streisand. Es geht ihr um Selbstbewusstsein, Selbstausdruck und darum, wie sie als Frau ihre eigene Weiblichkeit sieht, ohne das Ziel, Männern gefallen zu wollen. Wenn sie nicht auf der Bühne oder im Studio steht, wird Klang meist von ihrer „Girlgang“ umringt, wie sie ihre Freundinnen liebevoll nennt. Ihre Clique ist wie eine zweite Familie, unterstützt sie in Styling- und Marketingfragen und hilft ihr bei der Inszenierung ihrer Person.

Man mag Klangs Aufmachung übertrieben, ja geradezu kitschig finden. Auch gibt es auf ihrem Debüt keinen Song, der wirklich herausragt. Das ist allerdings gut so, denn es ist der Gesamt„klang“, der bei diesem Album überzeugt. Nachdenkliche und gut durchhörbare Songs, die von einer starken Stimme getragen werden. Solide Singer-Songwriter-Qualität mit Wiedererkennungswert. Und mehr noch: Sarah Klang gibt uns etwas Wertvolles zurück, das heutzutage oft zu kurz kommt – das Gefühl von Entschleunigung. Sarahs Welt bildet den Gegenpol zur Alltagshektik und schenkt uns die Hintergrundmusik, um loszulassen und auf dem Sofa zu entspannen.

Am 11. April ist die Sängerin live in der Hamburger Nochtwache zu erleben. Neben ihren eigenen Liedern singt sie Coverversionen von Songs, die ihren Stil beeinflusst haben.



Debütalbum:
Sarah Klang: Love In The Milky Way, Pangur Records/ferryhouse productions (Warner Music), 09. Februar 2018, Amazon

Jennifer Balthasar
Jennifer Balthasar
Publizistin M.A., Magisterstudium der Publizistik, Psychologie und Soziologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz. Freiberuflich tätig in den Bereichen Journalismus, Öffentlichkeitsarbeit und Unternehmenskommunikation. Ihre Schwerpunkte bei „unser Lübeck“ sind moderne Klaviermusik, Alte Musik, Weltmusik und Crossovers sowie gesellschaftsbezogene Literatur, klassischer und moderner Tanz.

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