(c) Otto Waalkes

Neue Bücher zum Schauen, Lachen, Wiederentdecken und Träumen
Gemalt, gezeichnet, gestrichelt und skizziert

Der eine wurde im Juni 75 Jahre alt, der andere hätte im November 2023 seinen 100. Geburtstag feiern können, und ein Dritter begeht in diesem Jahr seinen 100. Todestag.

Die beiden erstgenannten sind deutsche Groß-Komiker: Otto Waalkes und Loriot, der als Bernhard-Victor „Vicco“ Christoph-Carl von Bülow zur Welt kam. Und jener Dritte war als Prosa-schreibender Schmerzensmann bekannt, der aber auch wunderbar witzig war und von Freunden als hemmungsloser Spötter beschrieben wurde: Franz Kafka. Dann ist da noch der große Karikaturist und Zeichner „Sempé“, der 2022 verstorben ist und dessen Werke zum Schmunzeln und Träumen waren. Und dann gibt es auch noch zwei wunderbare Graphic Novels, die in die Vergangenheit, wie auch in die Zukunft schauen.

Beginnen wir also mit Otto Walkes, dem ostfriesischen Komiker, der uns seit mehr als 50 Jahren mit seinen Shows, Filmen und Büchern amüsiert. Und selbst mit mittlerweile 75 Jahren stürmte der Musiker Otto, gemeinsam mit den beiden anderen Musikern Ski Aggu und Joost Klein mit seinem Song von 1993 „Friesenjung“ auf Platz eins der deutschen Single-Charts. Auch seine Comicfigur des lustigen Ottifanten ist fast allen bekannt. Dass Walkes aber auch hervorragend malen kann, dürfte nur wenigen bewußt sein. Dabei hatte der gebürtige Emdener in den siebziger Jahren zunächst Kunstpädagogik studiert, bevor es ihn zum Musik- und Quatschmachen auf die Bühnen der Republik zog.

Anlässlich seines 75. Geburtstages ist jetzt ein wunderbarer Band mit „Ganz großer Kunst“ - seinen 75 Meisterwärken herausgekommen. Mit Texten von Bernd Eilert und einem Vorwort von Denis Scheck bestückt, hat sich der Ostfriesen-Maler die Werke von Andy Warhol, Michelangelo, Carl Spitzweg und viele andere berühmte Werke der Kunstgeschichte zur Brust genommen. Von der Höhlenmalerei bis zur Streetart von Banksy, vom Expressionismus bis zur PopArt - der lustige Maler Otto nimmt uns mit auf einen Streifzug durch die Kunstgeschichte. Seine Methoden sind die Persiflage und Parodie wie Aneignung und Neuinterpretation.

„Otto Walkes ist der größte Kunsträuber aller Zeiten“, schreibt der Literaturkritiker Denis Scheck dazu. „Skrupellos sackt Waalkes alles ein, was gut, schön und wahr und vor allem teuer ist: von der prähistorischen Höhlenmalerei, altägyptischen Götterreliefs und griechischen Mischgefäßen, sogenannten Krateren, über die großen Meisterwerke da Vincis, Dürers und Michelangelos, den Ikonen des Impressionismus, Expressionismus und der Moderne bis hin zu dem, was viele Leute heute für Kunst halten, also Damien Hurst, Banksy und Alec Monopoly“.

Mal taucht der Meister selbst auf den Gemälden auf, wie in Carl Spitzwegs berühmten „Der arme Poet“ oder er lässt seinen Ottifanten erscheinen, zum Beispiel als elefantenköpfigen Ganesha, der hinduistischen Gottheit der Weisheit, der Wissenschaft und der Künste. Da gibt es das Mädchen mit dem Ottifanten-Ohrring nach Jan Vermeer oder einen schreienden Ottifanten nach Edvard Munch. Aber auch gemeinsam treten der Meister Otto und sein Ottifant auf, wie bei Edward Hopper (viele malten viel salopper) und seinem melancholischen „Cape Cod Morning“.

Diese ganze Kunst hat wenig mit Kopien zu tun, sondern sind eigenständige, meist hervorragend gemalte Gemälde, denen der ostfriesische Schalk förmlich im Nacken sitzt - also fürwahr großartige Meisterwärke.

Otto Waalkes: Ganz große Kunst - 75 Meisterwärke, Heyne Verlag, München, 2023, 175 Seiten, 26 Euro.

Dem Urvater der deutschen Komiker und Humoristen Loriot, alias Vicco von Bülow verdanken nicht nur Generationen von Comedians ihre Karriere, sondern auch wir alle Sätze wie „Früher war mehr Lametta“, die in den deutschen Sprachgebrauch eingegangen sind. Letzten November hätte der adelige Großmeister des gesprochenen, gezeichneten wie verfilmten Witzes seinen 100. Geburtstag feiern können, wäre er nicht schon gestorben. Zu diesem Anlass hat jetzt der Diogenes Verlag einen kleinen Band mit über 130 Zeichnungen herausgegeben, die seinen zeitlosen Humor abfeiern.

Seine berühmten Knollennasen werden dabei in unseren momentanen unfriedlichen Zeiten voller Krisen und Kriegen dazu aufgefordert: „Seid friedlich“. Mit seinen Waffen des Humors zeichnet Loriot absurde Situationen, was alles mit Kanonen passieren kann, wenn man sie abschießt. Die Menschen, die für unsere Sicherheit sorgen sollen, die Soldaten gefährden meist sich selbst mehr als andere oder erweisen sich als besonders modebewußt. Daneben treten auf: einfallsreiche Gesetzeshüter, gut integrierte Verbrecher, unauffällige Geheimagenten oder auch leichtsinnige Staatsoberhäupter. In Kapiteln wie „Raketen für Jedermann“, „ Umgang mit Monarchen“ oder „Reform im Strafvollzug“ führt uns Loriot wieder einmal die Absurditäten des Lebens vor Augen oder hält uns selbst den Spiegel vor.

„Der Humor von Loriot ist zeitlos“, findet nicht nur Günter Jauch. Seine Knollennase mit gestreifter Hose hat auch nach 50 Jahren nichts an Komik verloren. „Merke: Gewalt ist bei Loriot nie eine Lösung“, wie schon der Klappentext vermerkt.

Loriot: Seid friedlich mit Loriot, Diogenes Verlag, Zürich, 2023, 130 Seiten, 14 Euro.

Dass der 1883 in Prag geborene deutschsprachige Schriftsteller auch ein großer Zeichner war und überaus humorvoll und witzig sein konnte, nimmt man dem „Schreckensmann der modernen Literatur“ eher weniger ab. Dafür sind seine Erzählungen und unvollendeten Hauptwerke zu absurd und voller unergründlich bedrohlicher und abschreckender Situationen und Geschehnisse, worauf ja auch der Begriff „kafkaesk“ zurück zu führen ist. Anlässlich seines 100. Todestages hat jetzt der Suhrkamp Verlag zwei kleine Bände mit illustrierten und gezeichneten Ausschnitten seiner Werke wie seiner Biografie herausgebracht. Der 1969 geborene Comic-Zeichner und Illustrator Nicolas Koch aus Wien hat darin in unnachahmlich witzig-pointierter Weise das Leben und Werk von Franz Kafka in Szene gesetzt. Ähnlich wie Kafka selbst, hat der mehrfach ausgezeichnete Comic-Künstler mit minimalistischem, meist schwarz-weißem Zeichenstil dessen eigene Lust am Zeichnen genutzt, um uns allen die verschiedenen Seiten dieses eigenwilligen Literaten neu entdecken zu lassen.

Im Band „Komplett Kafka“ geht er auf die biografischen Lebensdaten des nur 40 Jahre alt gewordenen Schriftstellers ein. Dabei hatte der stets kränkliche und dauerhaft verlobte Literat sich Zeit seines Lebens am herrschsüchtigen und übermächtigen Tyrannen-Vater abgearbeitet. Sein Hauptwerk bestand außerdem nur aus drei Romanfragmenten („Der Prozess“, „Das Schloss“, „Der Verschollene“) und zahlreichen Erzählungen, die zu seiner Zeit auf böse Kritiken und Unverständnis stießen. Zu seiner Erzählung „Die Strafkolonie“ schrieb zum Beispiel die Zeitschrift für Bücherfreunde: „Die Gemeinheit des Menschtiers, die sich an derartigen Quälereien verlustiert und aufgeilt, als Selbstverständlichkeit berichtet, kann nur Ekel erzeugen“.

Dabei wollte Kafka selbst die meisten seiner Werke eigentlich gar nicht veröffentlichen. Sie wurden erst nach seinem Tod vom langjährigen Freund und Nachlassverwalter Max Brod herausgegeben. Und auch dann wurde er nicht gerade geliebt, sondern als Sonderling und bösartiger Schriftsteller verkannt. Dabei sah er sich selbst eigentlich als Slapstickliebhaber und witzigen Zeitgenossen, der ein hemmungsloser Spötter war und eigentlich viel besser zeichnen als schreiben konnte. Seine komischen Quellen des Selbstgefühls beschreibt Kafka zum Beispiel in seinen Tagebüchern von 1910: „Ob ich hier in der Abflussrinne liege und das Regenwasser staue oder oben unter dem Lüster mit den gleichen Lippen Champagner trinke, mir macht das keinen Unterschied“.

Sein Freund Max Brod berichtete, wie Kafka beim Vorlesen des ersten Kapitels von „Der Prozess“ so schallend gelacht habe, dass er weilchenweise nicht weiterlesen konnte, „ja er lachte gern und herzhaft und wußte auch seine Freunde zum Lachen zu bringen“. Eigentlich kaum zu glauben bei diesem düsteren existenzialistischen Autor. Gerade diese eher unbekannten Fähigkeiten hat der geniale Comic-Zeichner Nicolas Mahler auch in dem zweiten Band „Kafka für Boshafte“ hervorragend durch seine ausgewählten und mit Illustrationen begleiteten Zitate aus dem Leben und Werk Kafkas in Buchform gebracht. Es wird also Zeit, den Schreckensmann Kafka, wie wir ihn aus seinen Büchern und den daraus entstandenen Filmen zu kennen glauben, völlig neu kennenzulernen.

Nicolas Mahler: Kafka für Boshafte, Insel Verlag, Berlin, 2023, 122 Seiten, 12 Euro.
Nicolas Mahler: Komplett Kafka, Suhrkamp Verlag, Berlin, 2023, 125 Seiten, 18 Euro.

Er war einer der bekanntesten Zeichner Frankreichs, Jean-Jacques Sempé. Der Erfinder des berühmten „Kleinen Nick“ ist im Jahre 2022 im Alter von 89 Jahren verstorben. Anlässlich seines Todes hat daraufhin sein Verlag, der Diogenes Verlag ein wunderbares Buch „Träumen und Zeichnen“ aus seinen Skizzenbüchern zusammengestellt. Also kann der Sempé-Anhänger seinem Idol jetzt in gewisser Weise über die Schulter schauen, um zu sehen, wie seine Zeichnungen und Figuren mit dem berühmten eleganten Strich und der oft ironischen Doppelbödigkeit entstanden sind.

Der 1932 in Bordeaux geborene Zeichner und Humorist ging mit 19 Jahren nach Paris. Dort lernte er auch seinen späteren Freund und Kollegen, den Asterix-Erfinder Renè Goscinny kennen, mit dem er zusammen den „Kleinen Nick“ erfand. Darin erzählen beide die Abenteuer von Nicolas und seinen Freunden im Frankreich der 1950er- und 1960er Jahre. Später wurde „Der kleine Nick“ in 30 Sprachen übersetzt und verkaufte sich über acht Millionen Mal. Dabei waren die Geschichten um den kleinen Nicolas ein Gegenentwurf zu den elterlichen Streitigkeiten zwischen Mutter und Stiefvater, bei denen schon einmal das Geschirr flog und es lautstarke Vorwürfe gab.

Dabei ist allen seinen Zeichnungen gemein, dass sie Geschichten erzählen, die ganz schlicht und einfach daherkommen. Es ist diese besondere melancholische Eleganz und ironische Leichtigkeit, die seine Figuren so menschlich machen. Ihm geht es nicht um das große Weltgeschehen, sondern er möchte die kleinen Dinge, das Zeitlose in seinen Bildern und Geschichten aufleben lassen.

Dass dahinter aber viel Arbeit steckt, wird in den Skizzenbüchern deutlich. Viele Male versucht er, mit einfachsten Strichen eine besondere Pose, einen bestimmten Ausdruck zu erzeugen und scheitert viele Male, bis das endgültige Ergebnis feststeht. Im Vorwort von Patrick Modiano beschreibt dieser die Arbeitsweise von Sempé: „Diese Skizzenbücher lassen vermuten, dass es stets unzählige Zeichnungen gab, bevor sie in vollendeter Form in Sempès Bildbände eingingen. Das erinnert mich an die Arbeit von Tänzerinnen und Tänzern, deren geschmeidigen Bewegungen auf der Bühne die harte Arbeit an der Stange auch nicht anzusehen ist.“

So entwickelt er über mehrere Seiten zum Beispiel ein Blatt, das einen Schlagzeuger beim lässigen Spielen und Üben in seinem vollgestopften Zimmer zeigt. Er beginnt mit dem Gesichtsausdruck des bebrillten Musikers, über die Sitzhaltung, die Bekleidung, das Schlagzeug und die verschiedensten Körbe, Vogelkäfige und Möbel des Zimmers und endet im seeligen Lächeln des Schlagzeugers. Ganz große Kunst mit einfachsten Strichen - großartig. Neben den Zeichnungen und Entwürfen befinden sich in dem Band auch diverse kurze und längere Texte, mitsamt späteren Korrekturen von Sempé. Nie sind das Ergänzungen, sondern immer Kürzungen, um einen Satz zu straffen, bis er so klar und elliptisch ist wie möglich. Kleines Beispiel gefällig?

„Ich bin an meinem 14. Geburtstag in den Widerstand gegangen. Das war letzte Woche. An dem Tag, als meine Cousins hier in dieses Haus eingefallen sind. Seitdem bin ich im Untergrund und sabotiere sie, wo ich nur kann (zerstochene Reifen, Spinnen in ihren Betten, geraubte Badeanzüge und Surfsegel), und der Kampf wird erst enden, wenn sie besiegt sind und wieder abreisen“.

Sempé: Träumen und Zeichnen - Aus den Skizzenbüchern, Diogenes Verlag, Zürich 2023, 340 Seiten, 36 Euro.

Dann möchte ich noch zwei aktuelle Graphic Novels vorstellen: „Celeste“ von Chloé Cruchaudet und „Der Mann, der vom Himmel fiel“ von Dan Watters und Dev Pramanik.

Das erstere Comic-Buch erweist dabei zwei gänzlich unterschiedlichen, außergewöhnlichen Persönlichkeiten der französischen Literaturgeschichte eine Hommage: Dem berühmten Schriftsteller Marcel Proust und seiner langjährigen Hausangestellten Céleste Albaret. Schon der Untertitel verrät die unterschiedliche Augenhöhe der beiden Protagonisten: „Gewiss Monsieur Proust“.

Dabei greift der vorliegende Band auf die späteren Erinnerungen von Céleste Albaret über ihren Arbeitgeber zurück, die 2014 in Paris erschienen sind. Das Hauptwerk des berühmten Schriftstellers „Auf der Suche nach der verlorenen Zeit“ entstand in den Jahren, in denen die naive und hauswirtschaftlich talentfreie Céleste für ihn gearbeitet hat. Sie endeten in einer Freundschaft und besonderen Abhängigkeit voneinander. Dabei war die junge Frau eher ungeeignet als Hausangestellte. Sie stammte aus der französischen Provinz und kam als 23jährige mit ihrem Mann, der als Taxifahrer für den Autor arbeitete, nach Paris. Sie konnte nicht kochen und erst recht keinen Haushalt führen, machte sich aber für den Schriftsteller durch ihre direkte und einfache Art unentbehrlich.

Sie bewundert und bemuttert ihn, erträgt seine Spleens, bereitet seinen Milchkaffee zu, vertröstet Besucher und erfindet die sogenannten „Paperolles“ für seine überbordenden Korrekturen in den Druckfahnen seines siebenbändigen Lebenswerks. In meist farbigen Zeichnungen aus Aquarell und schwarzen Strich-Zeichnungen ist so ein elegantes, teilweise wildes Geschichtskaleidoskop aus Details und Überblicken der Pariser Belle Èpoque entstanden. Das farbige Porträt der Zeit des beginnenden 20. Jahrhunderts ist in ihrem einzigartigen Stil, witzig, zärtlich, originell und voller Lebenskraft.

Proust, der ein Dandy mit homosexuellen Neigungen war, changiert zwischen Großspurigkeit, Abgehobenheit und kränklicher Selbstisolierung. Während die bodenständige Céleste alle seine Widersprüchlichkeiten aushält, tanzt er durch die gehobene Gesellschaft aus Snobismus und Arroganz oder verzieht sich tagelang an Depressionen leidend ins Bett.

Je nach Stimmungslage des Autors zeichnet die vielfach ausgezeichnete französische Zeichnerin Chloé Cruchadet die einzelnen Episoden als einfarbige Bildchen oder als doppelseitige Farbexplosionen voller Träumereien und Ekstase. Mal ist er der gediegene Feingeist, dann wiederum ein teuflischer Verführer und Draufgänger, während Céleste stets bescheiden und ihn bewundernd an seiner Seite bleibt. Bis zu seinem Tod 1923 bleibt sie an seiner Seite. Ein wunderschön gezeichneter Comic voller überraschender Farbwechsel, verträumter Malstile und langer Zitate aus dem Werk von Proust, wobei die bauernschlaue Céleste aber nie nur ein Anhängsel des berühmten Schriftstellers war, sondern später von ihm selbst als treue Freundin bezeichnet wurde.

Chloé Cruchaudet: Celeste - Gewiss, Monsieur Proust, Insel Verlag, Suhrkamp, Berlin , 2023, 120 Seiten, 25 Euro.

„Der Mann, der vom Himmel fiel“ basiert auf dem Kultfilm von Nicolas Roeg von 1976 mit David Bowie in der Hauptrolle. In dem Film-Klassiker, der, als er im März 1976 in die Kinos kam, als Meilenstein des intelligenten Science-Fiction-Films, der mit atemberaubenden visuellen Effekten arbeitete, abgefeiert wurde, kam der britische Pop-Superstar Bowie seiner selbst auferlegten Figur als Außerirdischer am nächsten. Der Film wurde als kraftvolle Liebesgeschichte, kosmisches Mysterium voller spektakulärer Fantasien, aber auch als schockierende, bewußtseinserweiternde Erfahrung in Sachen Sucht, Weltraum und Sex angepriesen.

Während David Bowie sich selbst gerade vom Glam-Rock-Star zum weltumspannenden Art-Pop-Superstar entwickelte, bewies er in seiner Rolle als Schauspieler in diesem existenziellen Drama um einen Außerirdischen, der das Überleben seines Heimatplaneten und seiner Familie sichern will, seine autobiografischen Phasen als Pop-Chamäleon, der nicht von dieser Welt war. Kurz vor seinem tragischen Krebs-Tod 2016 hat er selbst noch eine Fortsetzung des Films als Musical „Lazarus“ in New York auf den Broadway gebracht.

Der britische Comic-Autor Dan Watters und der aus Kalkutta/Indien stammende Illustrator Dev Pramanik haben sich sehr genau an den Film gehalten, als sie die vorliegende Graphic Novel zusammen erstellt haben. In fast schon Kino-tauglichen Bildern lassen sie den Film und die Geschichte von Thomas Newton, der auf der Suche nach Wasser auf die Erde kommt, dann aber von der Regierung, dem FBI und geldgierigen Kapitalisten korrumpiert und in eine Alkoholabhängigkeit gedrängt wird, Revue passieren.

Schon das grandiose Cover des Bandes zeigt einen verzweifelten Bowie mit Riesen-Kanone in der Hand, halb nackt vor einer Reihe von Bildschirmen, wie er deprimiert und ohne Zukunft vor sich hinstarrt. Als alkoholkrankes Alien, das nie mehr in seine Heimat zurückkehren kann, fristet er seinen Lebensabend in seinem luxuriösen Apartment in New York. Wer den Film gesehen hat, wird die Graphic Novel lieben. Und selbst Leuten, die für den Film noch zu jung waren, kann ich hier empfehlen, den wunderbaren Comic zu lesen und gleichzeitig eine alte Scheibe von Bowie, wie Space Oddity oder Station to Station aufzulegen, um in der tragischen Geschichte zu schmökern, oder auch einfach nur um in Gedenken an den grandiosen Künstler Bowie zu schwelgen.

Dan Watters und Dev Pramanik: Der Mann, der vom Himmel fiel, Cross-Cult-Verlag, 2023, Ludwigsburg, 25 Euro.

Die Bücher sind in den inhabergeführten Buchhandlungen BellingProsa, Buchfink, Arno Adler, Langenkamp, maKULaTUR, Störtebeker, Buchstabe und Bücherliebe erhältlich.

Holger Kistenmacher
Holger Kistenmacher
Jahrgang 1956, freischaffender Journalist seit gut 25 Jahren, studierter Realschullehrer, praktizierender psychosozialer Betreuer, ambitionierter Fotograf und Kulturschreiber mit den Fachgebieten: Moderne Gegenwartskunst, Literatur, Musik zwischen Jazz und Rock, Nordische Filme, Moderner Tanz. Weltenbummler und Reisejournalist.

Sie haben keine Berechtigung hier einen Kommentar zu schreiben.