Der Roman "Kalmann" des in der Schweiz geborenen Autors Joachim B. Schmidt, der als nach Island Ausgewanderter ein Kenner der Insel ist, liest sich vergnüglich.

Kalmann Odinsson entdeckt zufällig eine Blutlache im Schnee, als er damit beschäftigt ist, einen Polarfuchs aufzuspüren. Die Geschichte um den Hergang der Leiche wird von der titelgebenden Hauptfigur geschildert. In dem im Nordosten Islands gelegenen Dorf Raufharhöfn glaubt er, sich als Ermittler betätigen zu können; er trägt einen Cowboyhut, einen Sheriffstern und besitzt einen Mauser aus dem Koreakrieg.

Der Ich-Erzähler offenbart sich als skurriler Charakter, ein wunderlicher Mensch, der ein geschickter Jäger, Spurenleser und Haifischer ist und den "zweitbesten Gammelhai auf Island" produzieren kann. Seine kindlich-naiven Einsichten auf sich selbst und die begrenzte Welt, die ihn umgibt, rühren zu Herzen gehend.

Der Text ist gespeist mit Dialogen, die die Sicht der Dorfbewohner auf ihren "Sheriff" lebendig werden und versöhnen oder aufrühren lassen. Einerseits ist er der akzeptierte Dorftrottel, andererseits jemand, über den man sich mokiert. Kalmann verfügt über eine intensive Sensibilität und lacht wissend mit den anderen, um ihnen ihren Spaß zu gönnen. In rührender Weise kümmert sich Kalmann um seinen dementen Großvater, der in einem Pflegeheim lebt. Der Autor zeichnet den Protagonisten mit Feingefühl und Humor als liebenswerten Charakter und lässt dem Sonderling seine Würde.

Aktuelle Themen werden in dem Roman behandelt, wie die Abwanderung aus ländlichen Regionen, das Aussterben des Dorfes, die Finanzkrise 2008 oder die Spekulation um den Fischfang. "Kalmann" ist - meiner Meinung nach - ein charmanter, skurriler, spannender Roman mit Tiefgang.

Absolut lesenswert!

Joachim B. Schmidt: Kalmann, Diogenes Verlag 2020, 352 Seiten, Amazon.

Das Buch ist in den inhabergeführten Buchhandlungen Belling, Prosa, Buchfink, Arno Adler, Langenkamp, maKULaTUR, Störtebeker und Buchstabe erhältlich.