(c) Andreas Geick/ Wikimedia

16 Jahre Peek & Cloppenburg in Lübeck
Vorschläge zur Blickvermeidung

Ich gebe es ja zu: Ich mochte das Gebäude noch nie.

Trotzdem habe ich mir − das sei ohne Einschränkung gesagt – das Vergnügen bereitet, in der fast 270 Seiten starken „Markt-Dokumentation“ aus dem Archiv der Hansestadt Lübeck (Juli 2011) zu blättern. Über 900 Zitate finden sich dort, die die hitzige Debatte von der Planung bis zur Fertigstellung des Gebäudes widerspiegeln. Es könnte ja sein, dass ich anschließend mein Dauer-Urteil revidiere.

Noch ein Geständnis: Ich erfreue mich noch einmal an der kontroversen Diskussion der Fachleute, an den Stellungnahmen begeisterter wie empörter Bürgerinnen und Bürger und dem sprachlichen Erfindungsreichtum beider. Besonders in Erinnerung bleiben die geschliffene Argumentation Dieter Bartetzkos in der FAZ, das „aggressive Auskragen der Dachschalen“, die „eilig zurechtgerückten Nachthauben“ oder „die versteinerte Marzipanwurst“ (Jonas Geist sei Dank!). Ich meine mich auch zu erinnern, dass die örtliche Presse das alte Postgebäude so lange als „Schandfleck“ bezeichnete, bis es (fast) jeder glaubte und es fürderhin auch nicht mehr vermisste.

Nach der Lektüre starte ich einen Selbstversuch und nähere mich, so habe ich es mir vorgenommen, möglichst unbefangen dem Gebäude und steige an der Bushaltestelle Schüsselbuden aus. „Lamellen, die sich nicht bewegen lassen“ werden von Vertikaljalousien eines Schaufensters aufgenommen, in dem es nichts zu schauen gibt. Ich fühle mich auch immer etwas an Zentralheizkörper erinnert.

Schaufenster Kohlmarkt: Das Erdgeschoss ist so hoch, dass es mit der Dekoration nicht „bespielt“ werden kann. Jetzt bin ich endlich auf dem Markt und ich kann nicht umhin, dem geneigten Leser und der ebenso geneigten Leserin ein paar Tipps zu geben, wie man den Blick auf das Gebäude weitgehend vermeiden kann. Das geht natürlich am besten, wenn man ihm den Rücken kehrt.

Peek & Cloppenburg, (c) Jan Peer Baumann, WikimediaPeek & Cloppenburg, (c) Jan Peer Baumann, Wikimedia

Sollte die Außengastronomie geöffnet haben, empfiehlt es sich, diese an Markttagen zu nutzen. Setzen Sie sich draußen beim Ratskeller oder beim benachbarten Café hin und lassen Sie den Ingenhoven-Bau einfach rechts liegen. Umgekehrt empfiehlt es sich, am Südriegel des Marktes sitzend, P&C links liegen zu lassen und auf das Rathaus mit seinen Windlöchern zu schauen. Dazu heben Sie den Blick. Das aber lassen Sie lieber, wenn Sie genau gegenüber von P&C sitzen und gerade überlegen, ob die Stücke von Lübecks berühmter Marzipan-Nusstorte immer schmaler werden.

Jetzt verstehen Sie auch, warum ich Ihnen die Markttage empfehle: Blicken Sie auf keinen Fall zwischen den Marktständen hindurch, sondern erfreuen Sie sich an den Auslagen von Käse und Wurst, dann verlieren Sie auch die „versteinerte Marzipanwurst“ aus den Augen.

Titelfoto: Rathaus Lübeck, (c) Andreas Geick, CC BY-SA 3.0, Wikimedia
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oto Peek & Cloppenburg, (c) Jan Peer Baumann, CC BY 3.0, Wikimedia


Kommentare  

# Noch ein Vorschlag zur BlickvermeidungMichael Hoffmann (25.04.2021, 15:40)
Man gehe in das P&C-Haus und fahre mit der Rolltreppe hoch (und wieder runter, und ggf. nochmal).
Ich habe noch nie einen besseren Blick auf das Rathaus und den -Platz erlebt, als von dieser Rolltreppe.
Danke an P&C für diese Möglichkeit.

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