Wunderbares Gesamtkunstwerk im Kulturraum mit Frank Baake und Elmira Fries

Der letzte Samstag war ein sehr schöner Spätsommertag und der Kulturraum lud am Abend zu einer Lesung mit musikalischer Begleitung. Trotz Sommerwetter und zahlreicher Parallelveranstaltungen fanden sich gut 30 Gäste in der Aegidienstraße 37 ein, die vom rätselhaften Leben der "Frau, die keine Sängerin geworden war" mehr wissen wollten.

Frank Baake ist einigen Lübeckern noch als leitender Redakteur des Lübecker Kulturmagazins "nord" bekannt. Zuletzt veröffentlichte er seinen Text "Der Mann, dessen Kopf nur von seinem Hut zusammengehalten wurde" als Fortsetzungsroman im Kultur-Magazin "Unser Lübeck". Ein Text, der in keine Schublade passt und sich durch eine Fülle von Gedanken- und Geistesblitzen sowie absurden, grotesken Szenen auszeichnet. Eine ungewöhnliche Mischung aus philosophischer Tiefe und ausgefeilter Komik, wunderbaren Sätzen, die man sich einrahmen und zu Hause an die Wand hängen möchte und ein Feuerwerk aus Dada und literarischen Slapstick-Einlagen.

Frank BaakeFrank Baake

Sein neuer Text "Die Frau, die keine Sängerin geworden war" unterscheidet sich nicht nur inhaltlich von seinem Vorgänger: Statt eines Mannes, der in der verrückten, modernen Welt die Integrität seiner Persönlichkeit zu verlieren scheint, geht es nun um eine Frau, die ihre Sehnsucht nicht leben kann. Baake entwickelt sein Thema sprachlich deutlich ruhiger und mit einem größeren Ernst. Langsam steigert er in kreisenden Bewegungen die Schilderung des Scheiterns im privaten und beruflichen Bereich. Unheil und Verzweiflung liegen in der Luft, die aber von kleinen tröstlichen Szenen des Alltags überdeckt werden. Eine überraschende Wendung ist nicht ausgeschlossen...

Die Lesung gliederte sich in mehrere Abschnitte. Im Wechselspiel mit leidenschaftlich und gekonnt von Elmira Fries auf Akkordeon vorgetragenen kleinen Stücken, die dem Zuhörer Zeit und Raum gaben, die aufgenommenen Worte zu überdenken, ihnen nachzusinnen oder gar ins Träumen zu geraten, entwickelte sich vor den Kunstwerken der amerikanischen Künstlerin Danae Mattes, die an den Wänden des schönen Kulturraumes hingen, ein wahrliches Gesamtkunstwerk.

Elmira FriesElmira Fries

Die Zuhörer waren sehr aufmerksam, konzentriert und zeigten sich berührt. Eine 90jährige Besucherin versicherte dann auch, dass der literarische Vortrag in ihr einen roten Faden ihres Lebens sichtbar gemacht hat. Schon in ihrer Jugend hörte sie laut Opern, wie sie sichtlich bewegt sagte. Auch wenn so manche Zuhörerin - es waren nicht nur Frauen unter den Gästen - so gar keinen Wunsch in sich verspürte, den Beruf der Sängerin zu ergreifen, so bot der Abend in vielfältiger Hinsicht sprachliche, musikalische, bildkünstlerische und architektonische Genussmomente.

Nach der Vorstellung kam so mancher Gast bei einem Glas Wein oder Fritz-Kola über die soeben genossene Kultur angeregt ins Gespräch, bis dann auf dem Nachhauseweg ein plötzlich einsetzender Platzregen den Abend beschloss.


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