Die Band Einar Stray Orchestra ist bisher noch relativ unbekannt in Deutschland und das ist sehr schade. Denn was dem Hörer hier präsentiert wird, ist definitiv hörens- und erwähnenswert. Die Veröffentlichung des neuen Albums ist nun einmal mehr ein Grund, sich mit dem norwegischen Quintett genauer auseinanderzusetzen.
Einar Stray brachte als Bandleader der Gruppe sein erstes Werk „Chiaroscuro“ 2012 heraus, das besonders hier in Deutschland und in Großbritannien großen Anklang fand. Album Nummer zwei „Politricks“ wurde unter dem erweiterten Namen Einar Stray Orchestra veröffentlicht, denn inzwischen war über die Zeit jedes Mitglied zu einem gleichberechtigten Part der Gruppe geworden. Die gewachsene Synthese wurde 2014 jedoch gezwungen, sich neu zu sortieren, da zwei Mitglieder beschlossen, die Band zu verlassen.
Maja Gravermoen Toresen und Steinar Glas als neue Ergänzung wurden gefunden. Sie brachten ihre Folkmusikeinflüsse ein und die Gruppe begann nun mit der Arbeit am aktuellen Werk „Dear Bigotry“. „Wir befinden uns in einer künstlerischen Renaissance. Wir haben unsere Ausdrucksform geschärft.“ (Zitat Einar Stray)
„Dear Bigotry“ führt die Thematiken, die „Politricks“ aus 2014 einleitete, weiter fort. Einar Stray befasst sich kritisch mit kirchlichen Themen, beleuchtet die positiven und negativen Erfahrungen, die fünf Jahre Lebenszeit in der Stadt Oslo für ihn mit sich brachten. Die Social-Media-Generation, der es wichtiger zu sein scheint, Themen der heutigen Zeit zu „liken“, anstatt sich real mit ihnen auseinanderzusetzen, wird ebenfalls beleuchtet.
Dies wird exzellent und intensiv in Töne umgesetzt. Songs wie „Dear Bigotry“, „As far as I´m concerned“ und ganz besonders „Synthesis“, das mich musikalisch an die Band Prefab Sprout erinnert, entladen die geballte Energie aufbrausend und tosend wie der unruhige Wellengang an einem stürmischen Herbsttag an der Küste. Schlagzeug, Cello und Klavier liefern sich nach einer ruhigen Einleitung ein musikalisches, kraftvolles Wetteifern, um dann zum Ende wieder friedlich abzuebben.
Meine Favoriten der zehn Songs sind dennoch die leiseren: „20.000 nights“ erinnert durch seinen Fendersound und den Streichern, die im Verlauf dazukommen, an den Sound der 70er. Noch ruhiger und melancholischer klingt „See you sin“. Das Klavier begleitet die sonore Stimme Einar Strays in fast dreieinhalb wundervollen und getragenen Minuten. Noch bevor sich ganz leise im Hintergrund die Streichinstrumente bemerkbar machen, verabschieden sie sich nach Sekundenbruchteilen bereits wieder.
„Dear Bigotry“ ist zweifelsohne bereits jetzt eines der Alben des Jahres 2017. Man darf gespannt sein und sich auf die angekündigte Tournee freuen. Die Band stellt im April auch in Deutschland, u. a. in Hamburg und Berlin, das neue Album live vor.
Einar Stray Orchestra: „Dear Bigotry“, Sinnbus (rough trade), 17. Februar 2017, Amazon