Sabine Ebert, Foto: (c) Helmut Henkensiefken

Sabine Ebert
"Schwert und Krone – Zeit des Verrats"

Auf der Suche nach historischen Romanen, die das deutsche Mittelalter, unsere Vergangenheit unter der Herrschaft von Kaisern, Königen und dem Klerus thematisieren, wird man auch noch viele Jahre nach ihrer Veröffentlichung bei der Romanreihe „Schwert und Krone“ von Sabine Ebert fündig werden.

Nicht nur fündig werden – man sollte sie auch lesen. Die zurzeit in Leipzig lebende Autorin, die bald ihren Wohnsitz nach Dresden verlagern wird, hat an einer Hochschule (noch) keinen Lehrstuhl für „Mittelalterliche Geschichte“. Mit ihrer Reihe um die familiären Dynastien der Staufer, Welfen, Wettiner u. a. Königshäuser, die das Römisch-Deutsche Kaiserreich regierten, hebt sich Sabine Ebert von der breiten Masse des gemütlichen Genres „Historischer Roman“ ab. Kann man diese Reihe noch dem Bereich der Belletristik zuordnen, oder transportiert man diese Titel doch besser ein paar Räume weiter in die Ecke mit den nüchternen, vielleicht wenig unterhaltsamen Sachbüchern?

Die Autorin Sabine Ebert ist eine großartige Erzählerin. Ihr Stil, ihre Erzählkunst optimiert und entwickelt sich von Titel zu Titel weiter. Wenn man den eigenen Ansatz hat, eine Reihe so realistisch und authentisch wie möglich schreiben zu wollen, dann ist es unabänderlich, dass man sich plötzlich als recherchierender Detektiv zwischen Hochschulen, verstaubten Bibliotheken und beschädigten Buchdeckeln wiederfindet. Immer auf der Suche danach, aufkommende Fragen aus irgendeiner Quelle abschließend beantwortet zu bekommen. Genauso geht die Autorin Sabine Ebert vor.

Im vorliegenden dritten Band „Zeit des Verrats“ aus der Reihe „Schwert und Krone“ geht es um die ersten Jahre des Königs und späteren Kaisers Friedrich Barbarossa. Der Staufer, der seine familiären Wurzeln auch im Adelsgeschlecht der Welfen hat, hat es in den ersten Jahren als gekröntes Oberhaupt schwer, seinem Volk Frieden zu bringen. Die Königs- und Kaiserwürde lastet schwer auf seinen breiten Schultern, aber er ist eine Persönlichkeit, die anfangs von Freund und Feind unterschätzt wird.

Die Autorin beschreibt die Anfangsjahre seiner Herrschaft geschichtlich authentisch. Sie fokussiert sich auf die Persönlichkeit und den Charakter des Kaisers und Herrschers. Sie zeigt Friedrich als Menschen. Die Interpretation seiner Person ist genau wie die Storyline spannend und tiefgründig. Die Perspektiven der erzählenden Figuren lenken den Leser dazu, die Geschichte umfassend und nachhaltig betrachten zu können. Die Abhängigkeiten sowie die sozialen und herrschaftlichen Strukturen der Adelshäuser zu beschreiben, war für die Autorin bestimmt die größte Herausforderung, da diese nicht nur über eine Ecke verästelt waren.

Friedrich Barbarossa war als Herrscher sehr ehrgeizig, er wirkte stark polarisierend. Er wurde von seinen Freunden gefeiert und von Feinden gefürchtet. Aber auch als Kaiser war man abhängig von der Freundlichkeit und Gunst seiner Herzöge und Grafen – und ja, auch der Papst mochte auf der politischen Bühne keine undankbare Nebenrolle spielen. Das führte natürlich dazu, dass manche Adelige aus ihrer Komfortzone katapultiert wurden. Wer gibt schon gerne familiäre Herrschaftsgebiete auf!? Zeit heilt bekanntlich die meisten Wunden, doch Macht und Einfluss verlagern sich und drängen die Opposition an die Oberfläche. Es kommt eine Zeit des Verrats – eine Zeit der heimlichen Besprechungen, der Funke innerer Rebellion.

Der Roman „Zeit des Verrats“ befasst sich mit dem Verrat auf politischer Ebene, doch der Begriff Verrat beinhaltet noch mehr. Neben Kaisern und Königen, die dem Verrat ausgesetzt sind, handelt der Roman auch von „verratenen“ Frauen, die sich in jener Zeit entweder durchsetzen mussten oder dramatisch untergegingen. Als Ehefrau hatte man ggf. einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf den Adelsgatten, aber man konnte auch schnell an Macht, Würde und Einfluss verlieren und sich im Exil hinter Klostermauern wiederfinden oder darauf hoffen, dass man die Milde und Wohltätigkeit eines Gönners genoss und irgendwie, irgendwo überlebte.

„Zeit des Verrats“ von Sabine Ebert ist ein sehr politisch geprägter Roman. Staats- und Ländergrenzen verschieben sich. Titel verändern sich, wenn man in Ungnade fällt, und der Kampf um die dänische Königskrone wird nicht unblutig ausgefochten. Der Handlungsspielraum bewegt sich innerhalb eines Zeitkreises von fünf Jahren. Das römisch-deutsche Kaiserreich war nicht klein – die Autorin erweitert die Handlung auch mit der Person Heinrich des Löwen, der – ehrgeizig wie sein kaiserlicher Vetter – die Augen auf das Herzogtum Bayern ausrichtet.

Das Leben der Slawen, der Kampf um die Krone der Dänen, der Polenfeldzug und auch die Reise nach Italien zur Krönung in Rom finden im Roman statt. Insgesamt ist dieser Band politischer als seine Vorgänger, aber büßt zu keinem Zeitpunkt seine spannende Atmosphäre ein. Sabine Ebert interpretiert die starke Rolle einer Frau im Mittelalter authentisch und geht damit den realistischen Weg. Damit hebt sie sich selbstbewusst von der üblichen, romantisierten Romanform ihrer Kollegen ab.

Ja, es gibt Herz-Schmerz-Passagen, aber künstliche Theatralik gibt es in dem Drehbuch einer Sabine Ebert zum Glück nicht. Das Schicksal ist die Summe unserer Handlungen, das trifft nicht unbedingt auf die Rolle einer Frau im Mittelalter zu. Emanzipation? Na ja, absolute Ausnahme, doch die Autorin ermöglicht ihren Lesern einen tiefen Einblick in die sozialen und familiären Beziehungen eines Adelsgeschlecht. Es gibt da durchaus Abgründe. Aber Sabine Ebert verurteilt die Charaktere mit ihren oft recht fragwürdigen Entscheidungen nicht. Sie ist eine neutrale Krisen-Berichterstatterin – weniger Fotos, dafür aber mit einer Sensibilität und einem Gesamtblick auf das Wesentliche. Die Unterhaltung kommt garantiert nicht zu kurz.

Es gibt aber durchaus etwas zu bemängeln: Mir fehlen kurze Momentaufnahmen, die sich auf die Bürger des Kaiserreiches beziehen. All diese Streitereien um Macht und Einfluss müssen sich ja unmittelbar auf die Bevölkerung auswirken. Kaufmänner, Handwerker, Bauern, Bürger usw. – diese werden leider kaum thematisiert. Fiktive Personen, die aus einer einfachen Perspektive das Spiel um die Throne betrachten, wären außerordentlich interessant.

Die Autorin fügt ihrem Werk einen umfassenden Anhang hinzu: Die Stammtafeln der Adelshäuser, die Quellenangaben für weitere Fachliteratur, eine komprimierte Zeittafel und natürlich ihr persönliches Nachwort und Dank runden das Bild ab. Sabine Ebert ist Autorin, aber ich denke, sie könnte auch irgendwann vor Studierenden dozieren. Damit ist sie eine der wenigen deutschen Autorinnen, die es schaffen, den Spagat zwischen Belletristik und Fachliteratur perfekt auszuüben.

„Schwert und Krone – Zeit des Verrats“ von Sabine Ebert ist ein brillantes Werk, das nachhaltig die deutsche Geschichte vorurteils- und wertfrei und dabei verdammt spannend erzählt. Hervorragender Geschichtsunterricht, man hat Lust auf langes Nachsitzen. Danke, Sabine Ebert! Sie sind eine Historikerin geworden, die uns exzellent gefangen nimmt. Danke für die großartige Unterhaltung!

Sabine Ebert: Schwert und Krone – Zeit des Verrats, Knaur Verlag, November 2018, 656 Seiten, Amazon

Sabine Ebert: „Schwert und Krone – Meister der Täuschung“

Sabine Ebert: „Schwert und Krone – Der junge Falke“

Die Bücher sind in den inhabergeführten Buchhandlungen Prosa, Buchfink, Arno Adler, Langenkamp, maKULaTUR und Buchstabe erhältlich.


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