Herta Müller-Ausstellung im Buddenbrookhaus
Der kalte Schmuck des Lebens

Nachdem im letzten Jahr in den Lübecker Museen die Bildende Kunst im Vordergrund stand, legen die Museen in diesem Jahr den Schwerpunkt auf Literatur. Die Reihe beginnt am 22. Januar 2011 mit der Ausstellung Herta Müller. Der kalte Schmuck des Lebens im Buddenbrookhaus.

In bislang weitgehend unveröffentlichten Dokumenten, mit  Video- und Filmausschnitten wird der Lebensweg der Schriftstellerin nachgezeichnet. Eine Besonderheit der Ausstellung ist der Audioguide, der die Filmbeiträge synchron begleitet, sowie Auszüge aus Lesungen den einzelnen Ausstellungsstationen und Exponaten zuordnet. Er wurde von Herta Müller selbst besprochen. „Mit Herta Müller ist im Buddenbrookhaus erstmalig eine Schau zu einer lebenden Künstlerin zu sehen“, bekannte der leitende Direktor der Lübecker Museen, Prof. Dr. Hans Wißkirchen. Lübeck verdankt die Ausstellung einer Kooperation des Buddenbrookhauses mit dem Literaturhaus Berlin. Kuratiert wurde sie von Ernest Wichner und Lutz Dittrich. Ernest Wichner, Leiter des Literaturhauses Berlin, ist seit Schulzeiten mit Herta Müller befreundet. Wie die Autorin ist auch Wichner ein Banater Schwabe, der seine Heimat in Richtung Deutschland verließ. Mit stupender Sachkenntnis, getragen von seiner Sympathie für die Autorin, entwickelt Wichner einen eindrucksvollen Überblick über Herta Müllers Lebensbogen, den sie selbst als „bizarr“ bezeichnete. 

Empfangen wird der Besucher mit einer großformatigen Videovorführung ihrer Rede auf dem Bankett zur Nobelpreisverleihung in Stockholm. Der weitere Rundgang ist chronologisch aufgebaut. Fotos, Dokumente und Müllers eigene Texte beleuchten ihre Jugend in einem Dorf im Banat, die Gymnasialzeit in Temesvar, die verschiedenen beruflichen Stationen in ihrer Heimat, die Ausreise nach Deutschland, ihre ersten Erfahrungen in Deutschland, sowie ihr weiteres Leben bis zur Verleihung des Nobelpreises.   Im letzten Raum geht es um Herta Müllers Reaktion auf die Enthüllungen über ihren engen Freund Oskar Pastior, der als IM der Securitate Material geliefert hatte. Presseartikel dokumentieren, dass Herta Müller zunächst mit Erschrecken reagierte, später aber zur Geduld mit Pastior mahnte.

Das Highlight im umfangreichen Beiprogramm ist der Auftritt von Herta Müller im Theater Lübeck am 19. März. Sie wird aus den Büchern Niederungen und Atemschaukel lesen und mit Ernest Wichner über wichtige biografische Stationen, die Intoleranz des politischen Systems ihrer Heimat und über Macht und Ohnmacht von Sprache diskutieren. Wer literaturwissenschaftliche Erkenntnisse über Herta Müller gewinnen möchte, den wird die Ausstellung enttäuschen, wer sich aber dafür interessiert, wie Herta Müller zu einer so erfolgreichen Schriftstellerin wurde, der findet hier reichhaltiges Anschauungsmaterial.



Fotos: Marlies Bilz-Leonhardt


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