Foto: Tina Schönwald

Ausstellung in der Kunsttankstelle "B-Seite der Fotografie"
Misslungene Fotos vom Feinsten!

Was machen Fotografen mit unscharfen, verwackelten, falsch belichteten Fotos? Abbildungen von frappierender Banalität oder skurrilen Nichtigkeiten getoppt mit einem zusätzlich völlig falschen Bildausschnitt? Die also im Normalfall keine Sau interessieren? Man macht eine Ausstellung! Auf diese glorreiche Idee sind Inken Kramp und Tina Schönwald gekommen. Und es zeigt sich, dass die beiden zwanghaften Fotoaufbewahrer hiermit ein glückliches Händchen hatten.

Diese Fotos erscheinen wie Bilder aus einem Traum, den wir direkt nach dem Aufwachen vergaßen. Gesammelt aus den hintersten Sphären des Unteruniversums, aus brachliegenden Teilen des Bewusstseins. Jahrelang vergrabene Schätze, vorm Mülleimer bewahrte Kleinode, die sich auf einmal unvermutet grazil vor unseren Augen räkeln. Und uns Dinge erzählen, die wir nicht wissen wollen, aber umso mehr gebrauchen können. Man könnte sagen, es sind Klassiker eines Fotostils, den es irgendwie noch nicht gibt: B-Seiten-Fotografie.

Foto: Inken Kramp - selfiFoto: Inken Kramp - selfiIch treffe die beiden bei einem kühlen Dosen-Astra an einer Straßenecke während einer Fotostreiftour in der Lübecker Innenstadt. Tina Schönwald erzählt, das die b-seitigsten Fotos entstehen, wenn sie wütend oder traurig ist. Als würde die Kamera sich missmutig von alleine verstellen. Inken Kramp findet das eher lustig, biegt sich ein bisschen vor Lachen, schlürft dabei am kleckernden Bier und Tina Schönwald schießt derweil schon wieder in Sekundenbruchteilen aus der kaum vorhandenen Hüfte ein Foto. Wenn das man nicht verwackelt ist!

Tina Schönwald fotografiert seit dem 11. Lebensjahr fast touretteartig; mit Vorliebe die ranzigen Ecken ihrer Heimatstadt Lübeck, wie z. B. zu sehen in ihrem "Lost in Lübeck"-Kalender. Malt Bilder ohne Motiv und schreibt Kurzgeschichten, ohne nachzudenken. Tina Schönwald zeigt eine Auswahl B-Seiten aus 3 Jahrzehnten. www.atelier-roststaette.de

Inken Kramp, 1970 auf Helgoland geboren, im Verlauf eines Lebens nach Lübeck gespült, lebt und arbeitet mittlerweile in Rehhorst/Stormarn. Die ehemalige Werkkunstschülerin Inken Kramp sammelte ihre oftmals morbiden Motive in vielen Ländern, die Fotografien bearbeitet sie oft noch mit Buntstift und Acrylfarbe. Inken Kramp stellt diverse B-Seiten aus ihrem Fundus aus. Neben eigenen auch Fotos von H. Kirby, der Königin der Unschärfe.

Am 04. und 05.08.2017 öffnen sich ab 18 Uhr die Tore der Tanke zu einem Wochenend-Happening für Mitnehm-Kunst zu Discount-Preisen mit musikalischer B-Seiten-Untermalung. Der Eintritt zur Kunsttankstelle ist frei.


Kommentare  

# KunstzwergeImke Bachmann-Wulf (08.08.2017, 11:05)
Was willste machen, wenn linke Inhaltslosigkeit als eine Art Religion bereits durch Erziehung doktriniert wurde. Da werden schon mal "Bilder ohne Motive" gemalt und "geschrieben, ohne zu denken". Von daher ist eine Ausstellung misslungener Motive nur logisch - und in Zeiten einer beliebigen und selbstzerstörerischen "Gleichheitsphilosophie" schon fast zwanghaft. Doch auch gegen Tourette gibt es Hilfe! Dann wirken eben Fragen nach Sinn und Zweck bereits reaktionär und höchst verdächtig.

Doch, und das bietet Trost und Motivation zugleich, werden bald auch wieder andere Zeiten kommen. In denen vom Nihilismus nichts bleibt und niemand mehr auf die Schatten starren muss, die dort von Zwergen geworfen werden. Irgendwann steht die Sonne wieder höher!
# VerfehltR.Weinhold (07.10.2017, 14:23)
Erstaunlich, sie wissen wie die beiden erzogen wurden? Ich vermute bei den Erziehungsversuchen das Gegenteil, welches nicht gefruchtet hat, da die Künstlerinnen eher der Generation X und nicht der Generation Y angehören. Und es ist bedauerlicherweise Perlen vor die Säue, wenn Ironie in der Kunst nicht als solche erkannt wird. Kreativität bedeutet immer Freiheit und ist in sich Bedeutung, heiliger Ernst ist hier konträr.

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