Klaus Häro

Nordische Filmtage 2009
„Post für Pastor Jakob“ – Interview mit dem finnischen Regisseur Klaus Härö

Bei den Nordischen Filmtagen 2009 stach ein Film völlig heraus: Post für Pastor Jakob von Klaus Härö, der am Samstag Abend für dieses Ausnahmewerk den LN Publikumspreis und den Kirchlichen Filmpreis erhielt. Klaus Härö nahm sich eine dreiviertel Stunde Zeit für dieses Interview und erzählte vor allem über den religiösen Schwerpunkt seines Films. Das Interview fand noch vor der Preisverleihung statt.

Susanne Birck: Herr Härö, Post für Pastor Jakob ist Finnlands offizieller Beitrag im Wettbewerb um den Academy Award für den „Best Foreign Language Film“, den sogenannten Auslands-Oscar. Herzlichen Glückwunsch zu dieser Nominierung. Was bedeutet dies für Sie?


Klaus Härö: Es ist eine große Ehre, obwohl es auch so ist, als wäre man im Halbfinale und eben noch nicht im Finale. Finnland ist nicht unbedingt bekannt für seine Filme. Wer hat schon von einem finnischen Film gehört? Außer Aki Kaurismäki, der bereits einmal nominiert war, kennt man Finnland nicht unbedingt seiner Filme wegen. Aber das wird sich vielleicht irgendwann einmal ändern.

S. B.: Post für Pastor Jakob ist ein sehr spezieller Film mit einer außergewöhnlichen Geschichte. Das Original-Script ist nicht von Ihnen. Was hat sie überzeugt, diese Story zu verfilmen?

K. H.: Als Filmemacher suche ich bei Stories, die sich vielleicht für einen Film eignen, nach bestimmten Elementen, was das Thema und die Möglichkeiten der visuellen Umsetzung der Geschichte angeht. Dieses Potential habe ich bereits in dem Original-Script gesehen. Ich bin gläubiger Christ seit meiner Jugend, und für mich hat es immer die Frage gegeben, ob es im Film möglich ist, eine Geschichte über religiöse Themen zu erzählen. Ich habe so viele schlechte religiöse Filme gesehen, die eher kleine Propaganda-Filme sind. Irgendwie habe ich unbewusst immer nach einem guten Stoff für einen Film mit religiöser Thematik gesucht. Menschen, die mich gut kennen, sagen über meine früheren Filme, dass sie darin religiöse Aspekte erkennen, ohne dass sie direkt thematisiert werden. Das Original-Script zu Post für Pastor Jakob wurde von einer Frau geschrieben, die keine professionelle Drehbuchautorin ist. Sie hatte sich eine Auszeit vom Job genommen und an einem Drehbuchkurs teilgenommen, und dieses Script war ihre Diplomarbeit. Ihr Dozent meinte, „Warum schickst du es nicht an Klaus Härö?“, und sie antwortete: „Ich würde es nicht wagen.“ Aber sie tat es dann doch, weil sie es ihrem Dozenten versprochen hatte. Sie versprach sich überhaupt nichts davon. Und als ich das Script bekam, wollte ich es eigentlich nicht lesen, weil ich viele Drehbücher von Menschen zugeschickt bekomme, die ich nicht kenne, und ich habe einfach nicht die Zeit, sie zu lesen. Aber zu der Zeit war ich gerade krank, ich hatte die Grippe, fühlte mich gelangweilt und nutzlos, aber ich dachte, nun, ich kann mir ja mal ein paar Seiten angucken. Ziemlich schnell war ich Feuer und Flamme. Jaana Makkonen, die Autorin, hat ein Gespür für die Möglichkeiten im Film, eine Geschichte über Außenseiter zu erzählen. Hier handelt es sich um ein eher ungewöhnliches Paar, und mich hat diese Geschichte sehr berührt. Ich habe an mehreren Stellen des Drehbuchs gemerkt, dass ich einen funktionierenden Film daraus machen könnte. So habe ich Jaana gefragt, ob ich das Drehbuch noch einmal überarbeiten dürfte, und sie stimmte zu.

S. B.: Was mögen Sie selbst an dem Film besonders?

K. H.: Nun, ich habe den Film gestern nach sechs Monaten das erste Mal wieder gesehen. Es ist fast ein wenig peinlich zu sagen, aber als ich den Film jetzt noch einmal sah, habe ich es wirklich genossen. (Klaus Härö lacht.) Manchmal geht man mit seinen früheren Werken doch eher kritisch um. Aber mit diesem Film bin ich wirklich im Frieden. Zuerst hatte ich nicht gedacht, ihn überhaupt zu machen. Dann, als ich mich dafür entschied, wollte ich zunächst einen Fernsehfilm daraus machen. Und irgend jemand kam mit der Idee, ihn ins Kino zu bringen. Und nun bin ich hier in Lübeck und kann den Film vor so vielen Menschen zeigen. Also, dieser kleine, persönliche Film steckte für mich voller Überraschungen. Ihn noch einmal hier zu sehen, ist wirklich eine Freude, und was mich wieder besonders daran freut, ist die Arbeit der Schauspieler. Sie machen den Film zu dem, was er geworden ist. Eine bestimmte Lieblingsszene mag ich gar nicht nennen, es ist eben vor allem die Leistung der Schauspieler, woran ich mich besonders freue. Sie sind wirklich brilliant. Ihre Arbeit hier war erstklassig.#

Filmstill aus 'Post für Pastor Jakob'Filmstill aus 'Post für Pastor Jakob'

S. B.: In der Geschichte kam eine Wendung etwas unerwartet. Warum wollte die Hauptfigur Leila sich das Leben nehmen?

K. H.: Leila ist ein Mensch, der auf vielfache Art und Weise betrogen worden ist, ohne Ziel und ohne Hoffnung in ihrem Leben, und sie hat sich absichtlich unabhängig von anderen gemacht. Das kann man für eine gewisse Zeit aushalten, aber am Ende braucht man Hilfe. Auch wenn man behauptet, man brauche niemanden, keine Hilfe auf seinem Weg, dann bewegt man sich auf eine Sackgasse zu. Leila wurde Hilfe angeboten, aber sie wollte das nicht. In der Taxi-Szene, als sie wegfahren wollte, kam ihr wieder zum Bewusstsein, dass sie einfach kein Ziel hat und nicht weiß, wohin sie fahren sollte. Dieser Szene folgt ihr Suizidversuch. Menschen, die einen Selbstmordversuch hinter sich haben, wurden befragt, warum sie es denn tun wollten, und sie antworteten oft, sie fühlten sich in einer ausweglosen Situation und sahen keinen Weg dort heraus. Aus solch einem Gefühl heraus möchte Leila sich das Leben nehmen. Aber ihr Selbstmordversuch wird ja durch Pastor Jakob unterbrochen, und das ist der Wendepunkt in der Geschichte. Sie fühlt nun, dass sie für Pastor Jakob etwas tun muss. Diese Szene führt bereits zu einer der Schlussszenen hin, wenn wir Leilas ganze Geschichte erfahren. Dies ist einer der Filme, den man bis zum Schluss gucken muss, auf seine Weise auch ein mysteriöser Thriller, weil man ja bis zum Schluss nicht erfährt, was nun bei allem dahinter steckt. Das ist für mich beim Inszenieren von Dramen auch ein Reiz, diese Spannung bis zum Schluss aufrecht zu erhalten.

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