Foto: Hildegard Przybyla

SHMF 2021
Daniel Hope auf Wiener Zeitreise in Büdelsdorf

Der Tausendsassa unter den Weltstars der Violinisten führt sein Zürcher Kammerorchester in die ehemaligen Werkhallen der Carlshütte und bietet handverlesene Werke der Wiener Klassik von Haydn bis Schönberg.

Die hochsommerlich aufgeheizte Halle ist mit Kunstwerken der dort ansässigen NordArt bestückt, nur leider können pandemiebedingt lediglich 450 statt 900 Besucher Platz nehmen. Das diesjährige SHMF steht unter der Retrospektive des Wiener Komponisten Franz Schubert und damit auch der übrigen Komponisten und Musiker seiner Heimatstadt. Wien, die Musikstadt schlechthin, hat Jahrhunderte lang mit ihren zahlreichen Komponisten die europäische Tradition geprägt, aus deren Fülle Daniel Hope sehr Bekanntes und auch weniger Bekanntes ausgewählt hat.

Das Konzert trägt den Titel "Eine kleine Nachtmusik" und mit diesem Werk von Wolfgang Amadeus Mozart beginnt das Orchester auch. Daniel Hope selbst spielt begnadet und mit seinen Augen und leichten Kopfbewegungen leitet er gleichzeitig, kaum spürbar, die übrigen 20 Streicher seines Orchesters. Alle Musiker folgen ihm hoch motiviert und mit sichtlicher Freude. Das Stück ist gleich einem Ohrwurm hinlänglich bekannt, das Festival-Publikum ist begeistert, klatscht nach jedem Satz und der Meister lächelt amüsiert milde. Ist es doch er, der schon 2009 ein vergnüglich zu lesendes Taschenbuch mit dem Titel "Wann darf ich klatschen" herausgegeben hat. Dieser kleine Wegweiser für Konzertgänger empfiehlt sich immer wieder.

Werkshalle der Carlshütte als KonzertsaalWerkshalle der Carlshütte als Konzertsaal

Die folgenden Wiener wie Haydn, Beethoven, Schubert, Mahler und Schönberg stellt er zu den einzelnen Stücken kurz vor und hält jeweils eine kleine Anekdote über deren jeweilige Einschätzung untereinander bereit. Sehr beeindruckend spielt Daniel Hope die Solopartien, insbesondere das Adagio - Allegro giusto aus dem Rondo für Violine und Streicher A-Dur D 438 von Franz Schubert. Von Gustav Mahler gibt das Orchester den Satz aus der Sinfonie Nr. 5, mit dem Visconti seinen Film "Tod in Venedig" (Thomas Mann) unterlegt hat.

Mit Leonhard Bernstein ´schmuggelt´ Daniel Hope etwas nicht so Wienerisches hinein und spielt "Somewhere" aus dem Musical "West Side Story" in einer Bearbeitung für Streicher - umwerfend. Nach diesem Stück verwöhnt Daniel Hope seine Besucher mit einem Extra-Schmankerl, er gibt als Zugabe das Lied "Wien, du Stadt meiner Träume" in einer eigens - nach seinen Worten - für den nordischen Geschmack bearbeiteten Version.

Daniel HopeDaniel HopeEs ist wie immer ein Genuss, diesen Weltklasse-Künstler zu erleben. Bezeichnend für Daniel Hope ist, dass er nicht nur als Solist in der ganzen Welt auftritt, sondern auch seinen weiteren Begabungen als Dirigent, Schriftsteller, Moderator und Musik-Manager bzw. -Multiplikator nachgeht. Er ist immer an etwas Neuem interessiert, kreiert zum Beispiel eigene Cross-Over Projekte in alle Musikrichtungen und hat zuletzt in den verschärften Lockdown-Zeiten mit unterschiedlichen Musikern Wohnzimmerkonzerte in seinem Berliner Zuhause organisiert und senden lassen.

So ist es kein Wunder, dass er schon seit Jahren im Rahmen des SHMF das einwöchige "Lübecker-Musikfest" abhält, in diesem Jahr eine spezielle "Schubertiade 2.0" mit neun unterschiedlichen Themen an fünf Tagen. Nicht immer ist er dabei die Hauptperson, so hat er unter anderem open air - bei strömendem Regen - vor der Kulturwerft Gollan zwei schräge Gruppen aus Wien und Osttirol – mit musikalischer Satire und Ethno-Trauermärschen dabei gehabt.

Gleichwohl, es empfiehlt sich immer dabei zu sein, wenn Daniel Hope auftritt. Spätestens im kommenden Jahr ist er hoffentlich wieder in Lübeck.


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